-1-

5.6K 447 47
                                    

Sieben Schritte geradeaus.

Eins.

Zwei.

Drei.

Vier.

Fünf.

Sechs.

Sieben.

Nach rechts abbiegen. Eine Hand an seinem Rücken schob ihn schneller voran. Billy kicherte in sich hinein. Immer hatten sie es eilig, so eilig. Warum wohl?

Die große Flügeltür öffnete sich, er stellte sich in die Reihe zu den anderen. Eine Frau drückte seinen Kiefer nach unten, eine zweite legte ihm die Tabletten auf die Zunge.

Eine Weiße und eine Blaue.

Es waren immer eine Weiße und eine Blaue.

Weiß, Blau, Weiß, Blau. Mit einem Schlitz darin.

Weiß wie die Wände, wie der Boden, wie die Decken, die Betten, die Kittel, die Westen, die Haare. Blau wie die Seifenspender.

Blau, Blau, Blau, Blau.

Er mochte Blau.

Hmm, Blau.

Billy gluckste, eine der Frauen hielt ihn am Hinterkopf, ehe sie ihm einen Becher an die Lippen setzte. Flüssigkeit schwappte in seinen Mund.

Die Hand an seinem Rücken drängte ihn weiter. Billy wand sich, doch seine Arme waren über der Brust gekreuzt an seinen Seiten fixiert. Ein neuerliches Glucksen kam seine Kehle heraufgekrochen. Sie wollten ihn nicht freilassen. Hatten wohl Angst vor ihm. Hatten sie Angst vor ihm? Ja? Nein? Billy schüttelte sich, ein wildes Grinsen zerrte seine Mundwinkel nach oben.

„Klein Amy", raunte er dem Mann zu, der ihn festhielt, „siehst du Klein Amy? Da ist sie, Klein Amy." Er keckerte, seine Stimme überschlug sich. „Da hockt sie, Klein Amy! Immer hockt sie nur da. Weißt du, warum ich sie Klein Amy nenne?"

Der Mann ging nicht darauf ein, zog ihn nur weiterhin wortlos zu der Flügeltür zurück. Billy verdrehte den Kopf, starrte Klein Amy aus weit aufgerissenen Augen an. „Zum einen nenne ich sie Klein Amy, weil sie Amy heißt", erklärte er. Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. „Sie heißt Amy, nicht Amanda oder Ashley. Sonst würde ich sie Klein Amanda oder Klein Ashley nennen." Billy kicherte rau. „Immer hockt sie so da, Klein Amy."

Wieder verrenkte er sich den Hals, obwohl sie schon fast bei seinem Zimmer angekommen waren. „Wie ein Igel. Hast du schon einmal einen Igel gesehen? Ob sie auch so dagehockt hat, als sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hat? Glaubst du? Glaubst du?"

Der Mann stieß ihn in sein Zimmer, lockerte die Schnallen, die seine Arme an seinen Körper fesselten, sodass er sich befreien konnte und verriegelte die Tür.

Die Ärmel waren so lang, viel zu lang. Keckernd kaute Billy an dem harten Stoff. Hinter dem schmalen, vergitterten Fenster zeichnete sich der graue Himmel ab. Hoch oben drehte ein junger Falke seine Runden.

„Na du kleines Vögelchen", gluckste Billy, „flieg nur, flieg, bevor du dir die Flügel brichst!" Er presste die Faust an die Scheibe, doch der Stoff der Zwangsjacke war zu dick, um die eisige Kälte des Glases spüren zu können.

Er legte den Kopf in den Nacken. Das Grinsen erlosch. „Flieg..."

Blau wie die SeifenspenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt