„Hast du Angst?“, wisperte Billy. „Hast du etwa Angst, Klein Amy?“
Klein Amy drückte sich gegen die Wand, brachte mehr Abstand zwischen die Beiden.
„Das ist nur Regen, Klein Amy, und Wind. Regen, Wind, Blitze und Donner – ist Regen kalt, Klein Amy? Ich kann mich gar nicht mehr erinnern. Na, Klein Amy.“ Er rücke wieder näher zu ihr. Ihr Atem kam in kurzen, abgehackten Zügen, sie zitterte am ganzen Körper.
„Stell dir vor, Klein Amy, irgendwo wird jetzt ein Mensch vom Blitz getroffen und stirbt. Vielleicht stellst du dich das nächste Mal raus, wenn du dich wieder umbringen willst. Warum umklammerst du deine Beine so, Klein Amy? Ich will dir doch nur helfen.“ Er kicherte, doch wurde schlagartig wieder ernst. „Warst du draußen, Klein Amy? Gestern? Ich bin mir sicher, du warst draußen. War es warm? Hast du Eis gegessen? Ich darf kein Eis essen.“
Billy wog den Kopf hin und her. „Warum siehst du mich nicht an, Klein Amy? Hast du Angst vor mir? Hast du Angst? So wie alle anderen? Ich tu dir doch nichts, Klein Amy.“ Er versuchte, seine Arme zu bewegen, doch wie immer konnte er sie nicht befreien. „Siehst du, Klein Amy? Ich kann dich nicht mal anfassen.“
Billy streckte die Beine aus. „Hast du Geschwister, Klein Amy? Einen Bruder vielleicht? Eine Schwester? Zwei Schwestern? Ich habe einen Bruder.“ Er verzog das Gesicht. „Er mag mich nicht.“
Ein neuerliches Donnergrollen ließ Klein Amy zusammenfahren, sie machte sich noch kleiner. „Klein Amy, Klein Amy“, tadelte Billy, „Wir sind hier sicher. Wir sind besonders. Das sagt meine Mama immer. Ich bin besonders. Deshalb bin ich hier. Damit mir die anderen, die nicht besonders sind, nicht wehtun können.“
Er studierte Klein Amys Gesicht. Rund, Blass, Augenringe. Normal. „Bist du auch besonders, Klein Amy? Wolltest du dich umbringen, weil dir die anderen wehgetan haben, Klein Amy? Weil du besonders bist?“
„Nein.“ Klein Amys Stimme klang leise und brüchig. „Ich bin nicht besonders. Ich bin nur anders.“
Billy grinste. „Wie anders? Anders als ich?“
„Alle sind anders als du.“
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Blau wie die Seifenspender
Short StoryBillys Zuhause ist die Psychiatrie, seit Jahren schon. Ein geregelter Tagesablauf, Zwangsjacke und Tabletten, das ist sein Leben. Immer wieder dieselben Gänge, dieselben Hallen, dieselben Gesichter. Nur eines dieser Gesichter zieht seine Aufmerksamk...
