Dieser OS wurde für den Harry Potter Geschichtenkalender 2020 verwendet und von mir bereitgestellt.
Vertonung von der lieben BandeleArt: https://www.youtube.com/watch?v=MrezmbDf7a0
Es war laut und voll, sehr voll. Draco nippte an seinem Champagnerglas, während er seine grauen Augen über die Menge gleiten ließ. Ein Weihnachtsball und das im November. Er seufzte, denn viele weitere würden diesen hier die nächsten Wochen folgen. Die näherkommenden Feiertage waren für ihn jedes Jahr Stress. Denn gerade in dieser Zeit wurden Bälle, Empfänge und weitere kleine Festigkeiten ausgerichtet und Draco musste sich sehen lassen. Das war eine seiner Pflichtaufgaben als zukünftiges Familienoberhaupt. Das hatten ihm seine Eltern schon eingebläut als er noch ein Kind war. Seine Eltern, die vertieft waren, sich mit den ganzen anderen Damen und Herren aus der großen Gesellschaft zu unterhalten. Hoffentlich tief genug, denn Blaise, Tracey, Theodore und er hatten einen verdammten Plan. Sie würden diesen Ball früher verlassen und den Abend in einem Pup ausklingen lassen.
Sie hatten sich alle schon verzogen. Alle mit einem Abstand von ein paar Minuten. Draco sah auf seine Armbanduhr. Er könnte Blaise und den anderen sicherlich bereits folgen. Keiner würde noch nachfragen. Sie hatten ihre Pflicht getan. Hatten sich gezeigt und ein wenig Smalltalk betrieben. Das war ihre Familien eben erwarteten. Wobei Tracey wohl die einzige war, bei der es nicht erwartet wurde. Nicht wirklich. Ihr Vater hatte dem ganzen schon entsagt als er mit seiner Frau durchgebrannt war. Ein Muggel. Tracey tat es nur wegen ihrem Großvater, der zwar nichts mehr mit seinem Sohn zu tun haben wollte. Aber ein wenig Mitleid und ein wenig Herz für seine Halbblut-Enkelin hatte. Waren diese Zeiten nicht schon längst vorbei? Er stellte sein Glas an einem vorbei schwebenden Tablett ab und ging Richtung Ausgang. Nur um vor dem vermaledeiten Aufzug stehenzubleiben.
Man könnte glauben, dass wenn in diesem hohen Gebäude schon ein Festsaal gebaut wurde, dass man auch die Aufzugmöglichkeiten ausbaute. Aber nein, es gab einen verdammten Aufzug und der war nicht einmal groß genug. Viel zu klein. Es hatte eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis sie hier oben angekommen waren. Er schob diesen unliebsamen Gedanken beiseite. Sie würden jetzt in ihren Lieblingspub gehen, er würde sich ein großes Guinness gönnen, vielleicht auch zwei. Der Abend war immerhin noch jung. Er sah über den Aufzug die Anzeige, deren Zeiger sich langsam bewegte. Offensichtlich war der Aufzug wieder nach oben unterwegs. Merlin sei Dank.
Er seufzte leicht als er eine Bewegung neben sich wahrnahm und den Kopf wandte, nur um sich zu versteifen. Sie. Ausgerechnet sie. Er hatte sie zu Beginn des Festes schon gesehen und hatte sich beinahe mit dem Inhalt des Glases bekleckert, weil er ihr wie ein Geisteskranker nachgeschaut hatte. Blaise hatte darüber gelacht und ihm auf die Schulter geklopft. Er hatte ihr nachgesehen, weil sie schön war. Auffallend, in ihrem langen dunkelgrünen Abendkleid, dass sich sanft um ihre Kurven schmiegte. Und sie, als wenige der Frauen, nicht über und über mit Schmuck behangen war. Sie trug nur schlichte Perlenohrringe. Sie hatte ihr dunkelbraunes Haar offen und in leichte Wellen geformt. Auf einer Seite waren sie nach hinten gesteckt, während sie auf der anderen Seite über ihre Schulter bis runter zu ihrer Brust fielen.
Sie trug nicht einmal viel Make-up. Aber am auffälligsten waren ihre blauen Augen gewesen. Diese Augen die ihn... Umgehauen hatten. Wie Saphire. Glitzernde Saphire. Sie war gut einen Kopf kleiner als er, fiel ihm auf als er sie weiter beobachte, wie sie scheinbar etwas in ihrer Clutch suchte. Sie seufze als sie es nicht fand und schloss das Täschchen, nur um es unter ihren Arm zu klemmen und sah dann auf. Sie schenkte ihm ein ehrliches Lächeln und er spürte wieder, wie er erstarrte. Was zur Hölle... war nur los mit ihm?
Irgendwo machte es ein kurzes klingendes Geräusch und er sah ihr nach als sie in den Aufzug stieg. Sie hielt die Türen auf als er sie immer noch ansah.
„Wollen Sie nicht mit runterfahren?", fragte sie und er schüttelte sich.
„Doch natürlich.", antwortete er wie ein Trottel und folgte ihr in den ansonsten leeren Aufzug. Die Türen schlossen sich und er Aufzug setzte sich langsam in Bewegung. Er sah sie wieder kurz von der Seite her an.
„Danke.", sprach er, um die peinliche Stille zu durchbrechen und sie guckte ihn wieder an.
Sie hatte ein hübsches Gesicht.
„Bitte. Ich dachte mir, er wird nicht ohne Grund vor dem Aufzug warten."
Nein, tat er nicht. Eindeutig nicht.
Er streckte seine Hand ihr hin.
„Ich bin Draco Malfoy. Schön dich kennenzulernen."
Sie lächelte wieder und gab ihm ihre Hand. Es war ein seltsames warmes Gefühl und als würden sie beide es spüren, sahen sie kurz auf ihrer beider Hände, bevor sie ihm wieder ins Gesicht blickte.
„Astoria. Astoria Greengrass."
Eine Greengrass.
„Hyperion oder Hector Greengrass?", hakte er weiter nach und sie ließ seine Hand los.
„Hyperion. Hector ist mein Onkel."
„Dann ist Daphne deine Cousine. Ich war mit ihr in Hogwarts."
„Das habe ich mir fast schon gedacht."
Sie sahen auf die Anzeige, die immer wieder ankündigte, in welchem Stock sie waren.
„War die Party nicht nach deinem Geschmack?", fragte er, denn er hatte das Gefühl keine Sekunde, von dem hier vergeuden zu wollen.
„Zumindest mit keinem Essen mit Geschmack." Sie sahen sich an und beide lachten leise. „Entschuldige, das war unhöflich.", meinte sie. „Aber ich dachte, hier gäbe es etwas mehr als kleine Happen an Käse und Weintrauben. Sonst hätte ich nach der Arbeit gegessen."
„Wo arbeitete du?"
„In der Kanzlei meines Vaters." Recht also. Hyperion hatte eine der größten privaten Kanzleien in England. „Und du?"
Er atmete tief ein und aus.
„Nicht so interessant, wie Recht, fürchte ich. Ich jongliere nur mit Gold umher."
In der Firma seines Vaters.
„Ein Künstler also?", fragte sie amüsiert und er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen als die Türen des Aufzugs wieder aufgingen und sie im Foyer des Gebäudes ankamen.
„Ich fürchte, das war's mit unserer gemeinsamen Fahrt.", meinte sie sanft. „Ich wünsche dir einen schönen Abend, Draco. Es war schön dich kennenzulernen."
Er sah ihr nach. War das ihr Ernst? Hatte sie diese ... Bindung gerade eben nicht auch gespürt? Er folgte ihr, wie sie zu der Garderobenausgabe ging.
„Draco.", rief Blaise und Draco wandte den Kopf.
Sein bester Freund, Theodore und Tracey sahen zu ihm. Blaise hob warten die Hände und Draco winkte mit de Hand ab, nur um die wenigen Schritte ihr nachzugehen. Sie ließ sich gerade einen schwarzen Wintermantel geben.
„Warte.", sagte er und nahm ihr den Mantel ab. Er half ihr hinein und sie bedankte sich, nur um ihn zuzuknöpfen. Er... wollte mehr Zeit. Einfach mit ihr mehr Zeit. „Ich kenne ein Restaurant.", sagte er schnell und sie ihn an.
„Was?", fragte sie verwirrt.
„Hier in der Nähe. Nichts besonders, aber einfach ein grandioses Essen. Wir würden sicher einen Tisch bekommen."
Und, wenn er dafür ein Vermögen zahlen müsste. Sie grinste.
„Ist das dein Ernst?"
„Natürlich."
„Wir kennen uns kaum sieben Minuten und du willst mit mir essen gehen?"
„Wenn ich dich damit vor dem sicheren Hungertod rette?"
Sie lachte wieder und er liebte es.
„Draco!", forderte Blaise böse und sie beide sahen zu der Traube seiner Freunde.
„Ich denke, ich sollte es ablehnen.", sagte sie ruhig. „Deine Freunde warten auf dich." Das sollte sie mit Sicherheit nicht tun. „Ich möchte nicht euren Abend zerstören oder ein Durcheinander verursachen."
Sie war das beste Durcheinander, was er bekommen konnte.
„Nein. Nein, wirklich. Die kommen ohne mich zurecht und..."
„Wer kommt ohne dich zurecht?", ertönte Blaise Stimme und er klopfte dabei Draco stark auf die Schulter. „Blaise Zabini.", meinte der Dunkelhaarige und reichte Astoria die Hand.
„Astoria Greengrass."
„Hyperion oder..."
„Hyperion.", unterbrach Draco ihn. „Sie ist Hyperions Tochter."
Konnte der Kerl nicht einfach... gehen. Zur Hölle, Blaise war wie sein Bruder, aber jetzt gerade wollte er einfach allein gelassen werden mit Astoria Greengrass.
„Und was hat unser gemeinsamer Freund vor?", fragte Blaise verschmitzt als würde er ganz genau wissen, dass er Draco gerade auf die Nerven ging.
„Er wollte mir nur ein Restaurant zeigen, damit ich nicht verhungere."
Blaise zuckte die Schultern.
„Wo ist das Problem? Komm einfach mit in den Pub. Es ist kein Sternerestaurant. Aber es gibt da supergute Sandwiches, einen grandiosen Lammeintopf oder Fish and Chips."
Sie wirkte unsicher. Sah zwischen ihnen hin und her.
„Ich möchte mich nicht ... Aufdrängen und eure Gruppe..."
„Du störst nicht.", sprach Draco.
„Genau. Umso mehr umso besser. Das wird lustig.", stimmte Blaise Draco zu.
„Bitte.", bat Draco und irgendetwas regte sich in ihren Augen, bevor sie milde lächelte.
„In Ordnung. Aber nur, wenn es wirklich keinem etwas ausmacht."
„Tut es nicht.", versicherte ihr Draco.
„Ganz sicher nicht.", meinte Blaise und sie nickte sanft, bevor sie sich in Bewegung setzten.
Blaise zwinkerte ihm vielsagend zu, bevor er die anderen herholte und er Astoria ihnen vorstellte. Verrückt. Draco hatte das Gefühl, gerade einen Pfad zu beschreiten, der vorher nicht vor ihm war und dass nur wegen sieben Minuten. Zwei Wege, die sich kreuzten und jetzt, vielleicht, einer wurde. Zumindest dachte er darüber nach, während er eine Hand in ihren Rücken legte. Sieben Minuten, die ein Leben verändern konnten.