Neues im Hause Always

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(Adventskalender 2021, Türchen 13)

„Du darfst es ihm nicht sagen! Wirklich nicht!", bittet mein Sohn mich mit großen Augen und sieht nervös zur Haustür. Wir sitzen im Wohnzimmer und in ein paar Minuten müsste mein Mann nach Hause kommen. Es ist lange her, seitdem ich Dylan so nervös gesehen habe, aber ich kann es verstehen. „Bitte, Papa." Ich seufze. „Du weißt, dass du es nicht lange vor deinem Dad verheimlichen kannst. Und je länger du es verschweigst, desto schlimmer wird es, glaub mir", gebe ich ihm zu bedenken, aber eigentlich weiß er es schon längst. Dylan ist inzwischen sechszehn Jahre alt. Verdammt, die Zeit rennt aber auch! Und er hat eine Freundin. Sie ist vor etwa zwanzig Minuten nach Hause gegangen, mehr oder weniger unfreiwillig.

Ich wollte ursprünglich heute Nachmittag einkaufen gehen, aber mein Auto ist heute früh nicht angesprungen, also bin ich mit der Bahn gefahren und entsprechend bin ich nicht einkaufen gewesen und früher nach Hause gekommen. Dort stand Dylan dann mit seiner Freundin in der Küche, sie haben sich eine Kleinigkeit zu essen gemacht und als ich gesehen habe, dass er sie küsst, habe ich mich leise in den Türrahmen gestellt. Es hat kaum zwei Minuten gebraucht, da haben sie mich bemerkt, aber das hat gereicht, dass ich verstanden habe, dass es nicht vollkommen neu zwischen den beiden ist. Dylans Freundin heißt Amelia und geht in seine Parallelklasse, wie ich gerade erfahren habe. Vollkommen überfordert hat mein Sohn mich angesehen und Amelia war ebenso überrascht. „Hi, Papa. Ich dachte du gehst einkaufen." – „Das Auto läuft nicht", antwortete ich nur, während er ertappt seine Hand von Amelias Rücken genommen hat und nervös mit seinem Shirt gespielt hat. Sie hat sich verabschiedet und jetzt sitzen Dylan und ich auf dem Sofa.

Er hat schiss, es Louis zu sagen und wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich ihn irgendwie verstehen. Für meinen Mann ist Dylan immer noch unser kleiner Junge; und er wird es wohl auch immer bleiben. Dass Dylan verliebt ist, habe ich schon länger geahnt, auch wenn er versucht es, es zu verstecken. Dass er allerdings seit vier Wochen schon mit diesem Mädchen zusammen ist, ist mir neu. „Du musst es ihm sagen, Dylan." – „Weiß ich", murmelt er. „Aber jetzt schon?" – „Willst du etwa lieber, dass dein Dad euch... unterbricht oder so? Also, wie weit geht ihr zwei denn?", frage ich dann zögerlich und Dylan wird augenblicklich knallrot und reißt die Augen auf. „Scheiße, Papa! Nein, wir haben noch nicht... wir sind doch erst vier Wochen zusammen!" Ich hebe beide Hände. „Schon gut, es hätte ja sein können." Er seufzt. „Nein, äh... müssen wir darüber sprechen?" – „Ich denke, es wäre nicht falsch, jetzt wo du eine Freundin hast", antworte ich ihm, weiß aber selbst nicht genau, wie ich dieses Gespräch beginnen soll.

„Papa, ich weiß doch alles. Ich hatte das in Bio", meint er nervös. „Wehe du machst Dad und mich in den nächsten Jahren zu Großeltern!", warne ich ihn, schmunzle dabei aber etwas, sodass auch Dylan sich zumindest ein klein wenig entspannt. „Das hatte ich definitiv nicht vor." – „Möchtest du deinen Zimmerschlüssel haben?", frage ich ihn dann und überrascht sieht mein Sohn mich an. „Ich dachte den gibt es nicht? Ihr meintet doch beide, dass der Schlüssel abhandengekommen ist, als ihr hier eingezogen seid?", erwidert er. „Ihr habt mich angelogen", schlussfolgert er nur und ich zucke mit den Schultern. „Er ist im Ordner mit den Papieren fürs Haus", antworte ich ihm und er schnaubt. „Dann her damit!" – „Ich gebe ihn dir nicht, damit du dich den lieben langen Tag in deinem Zimmer einsperren kannst. Ich gebe ihn dir, damit, falls es dazu kommen sollte, weder Louis noch ich, dich und Amelia stören." – „Papa!", beschwert er sich und lachend stehe ich auf. „Komm mit, Großer."

Wir gehen in Louis' Arbeitszimmer und schnell ist der Schlüssel gefunden. „Du bekommst ihn nur, wenn du versprichst, mit deinem Dad zu sprechen." – „Schon gut." – „Versprochen?" – „Boa Papa, ja, versprochen", stöhnt er genervt und nimmt sich den Schlüssel. Entgegen meiner Erwartung geht er aber nicht aus dem Zimmer. „Paps?", fragt er dann unsicher und tritt von einem Bein nervös aufs andere. „Du machst dir Sorgen", stelle ich fest. „Wegen Louis?" – „Wegen Amelia." – „Ich dachte, ihr versteht euch so gut?", frage ich verwundert und er sieht an mir vorbei. „Ja, schon. Ich mag sie sehr... uhm... was ich... ach fuck." Ich seufze und sehe ihn mahnend an. Er weiß genau, dass ich nicht mag, wenn er flucht, aber da Louis das auch ständig tut, wird Dylan es sich wohl kaum abgewöhnen. „Also wenn es dann irgendwann dazu kommt... also mit Amelia... äh-" – „Dass ihr miteinander schlaft?", helfe ich ihm auf die Sprünge und sofort wird er wieder dunkelrot im Gesicht. „Könnt ihr dann woanders hin?" Ich verkneife mir ein Lachen. „Du willst Dad und mich rausschmeißen." – „So habe ich das nicht gesagt", erwidert er und ich merke, wie unsicher er in diesem Moment ist.

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