In der Röhre begrüßt mich das stetige Piepsen der Maschine, das an den Wänden widerhallt. Es vermischt sich mit den Stimmen in meinem Kopf zu einer unspielbaren Melodie aus Chaos, Verzweiflung und Schmerz.
In den nächsten Minuten darf ich mich nicht bewegen, liege einfach still und stumm da, während mich schwache Lichter von allen Seiten bestrahlen und durchleuchten, bis sie alles über mich wissen.
Fast alles – nur meine Gedanken bleiben noch mein. Wer weiß wie lange.Später werde ich aus dem beengten Verhältnis befreit. Der Doktor gibt mir eine weitere Spritze und legt meine Fähigkeiten zu Bett. Langsam verstummen die Geräusche, alles wird leiser und ich kann wieder klar denken, aufrecht gehen und habe die Kontrolle über mich zurück.
Doch die Unsicherheit schleicht sich mit jeder weiteren Sekunde immer und immer mehr in meine Knochen, meine Schritte und mein Bewusstsein.
Unterbewusst war sie schon immer präsent. Immer, seit ich in dieser Anstalt hier bin. So schnell wie möglich dränge ich mich durch die Tür und versuche auf mein Zimmer zu kommen. Ich will einfach nur meine Ruhe.
Die Untersuchung geht mir immer an die Substanz. Das Zusammenbrechen, die erschlagenden Stimmen und das Gefühl, als würden sie jeden Tag noch mehr und alles über einen erfahren. Die Angst, dass sie herausfinden, dass ich gelogen habe. Dass ich jetzt schon durch die Zeit springen kann.
Ich weiß, dass ich bald damit herausrücken muss, damit es nicht verdächtig wirkt. Dennoch, bis jetzt hat alles geklappt und ich hoffe, das bleibt so.Ich presse meine Hand fest auf den Sensor vor meiner Tür. Kalt und hart leistet er mir Widerstand. Das blaue Licht schimmert leicht durch den Rand meiner Hand.
Alles an mir zittert, ich bebe wie ein vor dem Ausbruch stehender Vulkan. Die Tür schiebt sich lautstark auf – die Sicherheit, dass das Heimlichkeiten verhindern soll, klammert sich schon seit Jahren an meine Schultern. Als wäre es auch nur möglich, eine einzige Sache geheim zu halten – nur in unseren Gedanken sind wir noch frei. Noch. Das Wort, das meinen Kopf zum Zerbrechen bringt. Das Wort, das ich am liebsten streichen würde.
Doch ich weiß, dass sie eine Möglichkeit finden werden – sie werden nichts unversucht lassen.
Schon jetzt werden wir überall von dutzenden Kameras beobachtet – sichtbaren, wie unsichtbaren. Wir haben keine Privatsphäre.Wir haben kein Leben.
Weil wir Versuchskaninchen sind. Wir mussten alles geben, da es der Menschheit von Nutzen sein könnte.
Dieser Satz, der uns eingeschärft wurde und wird, er sagt so viel aus.
Er spricht den Fakt aus, den wir unterbewusst schon lange spüren.
Wir gehören nicht mehr zur Menschheit – uns wurde die Menschlichkeit abgesprochen, in ihren Augen sind wir Dinge. Gefühls- und gedankenlos. Oder sie sehen einfach darüber hinweg.
Er spricht den Fakt aus, dass wir alles geben mussten. Wir haben nichts mehr. Und den Fakt, dass es nur eine reine Wahrscheinlichkeit bleibt, dass das alles eine Zukunft hat.Ich hasse diesen Satz.
Ich hasse ihn dafür, dass er hier das ungeschriebene Gesetz zu sein scheint. Und dafür, dass er uns nicht hilft. Denn er demotiviert nur, zeigt uns auf, woran wir als einzelne Person wirklich stehen.Alle in diesem vermeintlichen Waisenhaus sind Sklaven.
Auch mit der Volljährigkeit werden wir nicht entkommen.
Ein sich tarnendes Gefängnis. Und die Wissenschaftler sind die Gefängniswärter. Manche machen ihren Job gerne, doch ich will hoffen, will glauben, dass ihn manche auch hassen. Dass irgendjemand uns Mitleid entgegenbringt. Wenn jemand das sollte, dann versteckt die Person es gekonnt hinter einem Schleier von Gleichgültigkeit und Gewohnheit.Demotiviert und kraftlos schmeiße ich mich aufs Bett. Es nützt nichts, sich den Kopf zu zerbrechen. Ich muss einfach nur weiter existieren.
Ich starre Luftlöcher in die Decke und versuche die Gedanken zu vertreiben. Dennoch bleiben sie, bis ich sie kreisen lasse und nicht mehr darauf konzentriere. Einfach loslasse. Es ist eh egal. Es ist egal, was ich denke, was ich mache – solange ich einfach nur gehorche und weiterexistiere. Man muss nicht leben, um da zu sein.
Man ist es einfach, ohne Grund und Antrieb.

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Zwischen den Zeiten
ParanormaleZeitreisen. Ein Traum, der die Menschheit schon seit hunderten von Jahren prägt. Ein Hirngespinst, dem selbst die weisesten Wissenschaftler irgendwann nachgegeben haben. In vergangenen Tagen schlängelten sich Gerüchte durch die Münder der Leute - zi...