unerwünscht sein...

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Emily

Emilia hörte das Kichern hinter sich und versuchte die kleine Gruppe von Mädchen zu ignorieren, die es sich heute zur Aufgabe gemacht hatten, mit dem Finger auf ihren abgescheuerten Rucksack zu deuten und sich über die 'Stipendiums-Studentin' lustig zu machen. Em war so etwas und auch schlimmeres gewohnt und versuchte dennoch irgendwie dankbar zu sein, auf dieser unverschämt teuren Universität gehen zu können, die normalerweise dafür bekannt war, keine Stipendien zu vergeben. Meisten taten das, die guten Unis, um zumindest so zu tun, als wären sie nicht offensichtlich so teuer, um die weniger Privilegierten auszuschließen. Die Reichen blieben lieber unter sich und die Tatsache, dass sie keine Stipendien vergaben, war tatsächlich sogar für einige dieser Reichen ein weiteres Argument dafür, genau hier ihren Nachwuchs ausbilden zu lassen. Ohne störendes Gesindel wie sie. Dennoch war Em hier.

Nicht weil ihre Eltern besonders viel Geld hatten, obwohl die Familie Watson auch nie wirklich arm gewesen war, oder weil ihre Eltern gute Kontakte gehabt hätten. Sondern weil der Anwalt, der ihre Familien im Prozess gegen Technical Industries, genau das hatte herausschlagen können.

Es war die Bedingung zu dem Vergleich gewesen, auf den sich ihre Eltern letztendlich eingelassen hatten, weil ihnen das Geld ausgegangen war, um sich tatsächlich durch alle Instanzen zu klagen, nachdem ihr Bruder gestorben war. Maximilian Watson war offiziell bei einem Unfall ums Leben

gekommen, aber bei der Prüfung des LKWs der seinen Wagen von der Seite gerammt und ungebremst gegen einen Baum gedrückt hatte, war herausgekommen, dass die Unfallursache ein technisches Problem gewesen war, dass Technical Industries zu verantworten hatte.

Die Hinterbliebenen des ebenfalls verunfallten LKW-Fahrers hatten die Klage angestoßen und Emilys Eltern hatten sich dieser angeschlossen, um etwas Genugtuung für den Tod ihres Sohnes zu bekommen. Doch der Prozess hatte sich fast ein Jahr gezogen und die Aussichten, diesen Prozess finanziell standzuhalten, waren immer geringer geworden, bis ihre Eltern gezwungen waren, diesen Vergleich anzunehmen.

Eine halbe Million Dollar Schadenersatz, die an eine Stiftung für Hinterbliebendenhilfe gehen sollte und ein Voll-Stipendium für Emily an der besten Uni von Baltimore, der Stadt, die nur ein Katzensprung von ihrem Heimatort entfernt war und die eigentlich unerreichbar für sie hatte sein sollen. Deshalb war Em hier und sie hatte sich geschworen, diese Chance zu ergreifen, nicht nur um ihre Eltern nicht zu enttäuschen, sondern vor allem, weil sie nicht wollte, dass ihr Bruder grundlos gestorben war.

Dennoch machte ihr sozialer Status es ihr fast unmöglich hier so etwas wie Freunde zu finden. Bestenfalls wurde sie ignoriert, wenn sie Pech hatte, verspottet. Wiedereinmal was sie ganz zufrieden, nicht doch hier auf dem Campus leben zu müssen, nicht nur, weil sie so die Differenz des Stipendiums einsparten, konnte. Bei ihren Eltern zu leben, was manchmal anstrengend und die Stunde, die sie jeden Tag mit dem Bus und dann mit dem Rad hier her zurücklegte, nervig. Aber es war besser so.

Mit einer Entschlossenheit, die an Sturheit grenzte, setzte Em so ihren alten Rucksack ab und holte das Schloss heraus, um ihr Fahrrad an eines der Ständer anzubinden, die außer ihr kaum jemand benutzte. Die Meisten hier besaßen Autos oder wurden von ihren Chauffeuren oder Eltern gefahren und kamen von den Wohnheimen hier her gelaufen.

„Wir sollten uns bei der Campus Reinigung beschweren und den Müll wegbringen lassen!", lachte eine ihr unbekannte Mitstudentin, die an ihr vorbeilief und mit angeekelten Gesichtsausdruck erst auf ihren Rucksack und dann auf Em deutete. Diese aber schnaufte aber nur, warf keck ihre langen honigblonden Haare zurück und fiel scheinbar mit in das Gekicher ein, was die Märchen offensichtlich verwirrte.

„Stimmt. Aber witzig. Ich habe gerade dasselbe über euch gedacht", gab Em von sich, steckte den Schlüssel zu ihren Fahrradschlüssel in ihre Jacke ein, nahm ihren Rucksack und ging so affektiert und arrogant an den Mädchen vorbei, dass ihnen die Kinnlade herunter fiel.

Two clashing heartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt