Kapitel 2

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 „Hast du eine Ahnung, wo dieses Karottenfeld sein soll?", fragte Fleckchen Sandi. „Nein, ich habe keinen blassen Schimmer, nur eine Vermutung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es irgendwo in der Nähe unseres Baus sein muss. Es wäre doch viel zu gefährlich, nur wegen Futter sehr weit weg zu hoppeln.", antwortete dieser. So beschlossen sie, vorerst die nähere Umgebung um den Kaninchenbau abzusuchen.

Die fünf Kaninchen auf dem Karottenfeld fürchteten sich zu Recht. Noch waren sie dabei, das Feld zu verlassen, doch sie wurden erwischt. Das Gefährt war ein rotes rollendes Etwas, das Menschen einen Traktor nannten. Es bildete sich also tatsächlich jemand ein, die Natur zu zerstören. (Die Kaninchen wussten ja nicht, dass das Feld diesem Jemand gehörte und es so üblich war, mit Traktoren darauf zu arbeiten. Und dass die Felder ohne diesen Unbekannten überhaupt nicht existieren würden.)

Leider hatte der Fahrer des Treckers die kleinen braunen Tiere entdeckt: Er war allerdings alles andere als begeistert über diese Begegnung. Deshalb stoppte er wütend den Motor seines Fahrzeugs und öffnete die Glastür. Dann stieg er heraus.

„Der hält inne.", sagte Brownie. „Vielleicht haben wir ihn doch überlistet?" „Vielleicht. Aber Fakt ist, dass er für uns eine Gefahr ist und nicht andersherum." Weil die Kaninchen sich dessen nun aber nicht mehr ganz so sicher waren, blieben sie sitzen und unterbrachen somit ihre Flucht. Die Karotten, die sie angenagt hatten, lagen immer noch verstreut an ihrer Futterstelle. „Habt ihr schon mal so eine Gestalt gesehen?", fragte Otto in die Runde, als der Bauer näher trat. Alle fünf Kaninchen lauschten in die Richtung des Menschen und keiner wusste, was um Himmels Willen er von ihnen wollte! „Einmal, ja. Bei einem Spaziergang. Da hatte ich dann aber solche Angst, dass ich sofort hakenschlagend davongehoppelt bin und beschloss, nie wieder mit diesen Gestalten zu tun haben zu wollen.", erzählte Lotta. Lotta war sehr ängstlich. Sie war sogar eine der Scheuesten aus dem Kaninchenbau.

Die Gestalt sah nicht nur gruselig aus, sie hatte sogar auch etwas gruselig, Schwarzes in der Hand. Es war lang und sah sehr bedrohlich aus. „So etwas hatte dieser andere Mensch damals auch gehabt. Wir müssen dringend hier weg.", sagte Lotta und Sternchen klopfte wie zur Bestätigung mit den Hinterpfoten auf die Erde. Der Mensch war nur noch ein paar Meter von den Kaninchen entfernt.

Aber jetzt zögerten sie keine Sekunde länger. Blitzschnell begannen sie zu rennen. Sie liefen um ihr Leben. Lotta kämpfte mit den Erinnerungen, dabei rannte sie, so schnell sie nur konnte. Die fünf schlugen Haken. Warum waren sie bloß so weit in das Feld gehoppelt? Sie wussten doch: Das Leben in der Natur ist und bleibt immer gefährlich! Überall lauern Gefahren.

„In diese Richtung sind sie davongehoppelt.", sagte Sissi. „Ich habe sie zufällig gesehen." „Das ist super. Dann haben wir schon mal den richtigen Start." Auch Sandi, Sissi und Fleckchen hörten, was sich bei den anderen fünf gerade abspielte. Einige Kaninchen, die sich gerade auf der Löwenzahnwiese befanden, zuckten zusammen und rasten vor Schreck ein Stück wie die Wilden über die Wise.

Die fünf anderen hatten nur noch wenige Meter, dann waren sie vom Feld, als der Knall kam. Sie beschleunigten ihre Geschwindigkeit noch mehr. Endlich: Sie hatten das Ende des Felds erreicht.

Eine schwarze Kugel flog durch die Luft. „Davor müsst ihr ausweichen!", schrie Lotta warnend. Ihre Stimme klang ängstlich.

„Das gibt's doch nicht!", fluchte der Bauer. Er sprach mit sich selbst, da gerade keine menschliche Gesellschaft in der Nähe war. „Dauernd zerstören sie mir das Karottenfeld. Gestern, heute. Jetzt reicht es mir!" Der böse Bauer war nicht mehr gut auf diese süßen Tiere zu sprechen. Schon öfter hatten Kaninchen mittlerweile versucht, sein Feld zu zerstören. Was sollte er tun? Und außerdem: Er hatte kein Herz für Tiere. Er war ein kalter Mann, und es war ihm mehr oder weniger egal, was mit ihnen geschah. Seiner Meinung nach gab es sowieso viel zu viele Kaninchen. Und da er sogar auch Jäger war, warum sollte er nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Das wäre ja wohl mehr als praktisch.

Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit landete die gefährliche Kugel auf dem Fußboden. Sie verletzte zum Glück keines der Kaninchen. Lotta atmete einmal tief durch. „Jetzt aber trotzdem schnell weg hier, er könnte mehrmals schießen!", sagte sie. Die fünf rasten wieder los, sie schlugen sogar Haken und retteten sich in den Wald. Dann machten sie sich auf den Weg zurück zum Kaninchenbau, immer noch in rasendem Tempo.

„Oh je.", entfuhr es Sandi. „Das kann nichts Gutes bedeuten. Was, wenn der Knall vom Karottenfeld kommt? Sollen wir wirklich dorthin hoppeln?" Auch die anderen beiden bekamen noch mehr Angst, als sie ohnehin schon hatten. „Natürlich. Von einem Knall lasse ich mich nicht einschüchtern.", erwiderte Fleckchen.

Endlich wieder gemütlich hoppelnd kamen die anderen fünf bei ihrem Tunnel an, wo sie auf Schoki trafen. „Wo wart ihr denn so lange?" Er sah die fünf fragend an. „Beim Karottenfeld. Wir sind gerade so einem Schuss entkommen.", antwortete Sternchen. „Und wo ist Sissi?" Sissi und Schoki machten viel zusammen. Sie hatten sogar schon einige gemeinsame Kinder zur Welt gebracht. Doch die wohnten nicht mehr bei ihnen. Eher wurde es langsam Zeit, wieder neue auf die Welt zu bringen. Bei Kaninchen geschieht das sehr oft. „Keine Ahnung. Sie hat uns jedenfalls nicht begleitet. Vielleicht holt sie sich irgendwo Futter? Auf jeden Fall ist sie nicht in die Schusslinie geraten, so viel kann ich dir versprechen." „Ich habe sie so vor zwanzig Minuten das letzte Mal gesehen. Ich habe im Halbschlaf gemerkt, wie sie raus ist. Kurze Zeit später bin ich auch aufgewacht, aber da war sie dann schon weg. Ich muss sie suchen. Normalerweise haut sie nie ab, ohne mir vorher Bescheid zu sagen." „Vielleicht wollte sie dich nur nicht wecken?", versuchte Otto, Schoki zu beruhigen. „Wahrscheinlich." Lotta, Otto, Brownie, Sternchen und Sika setzten nun ihr Abendessen fort, das nun doch aus dem normalen Grünzeug bestand, wie immer eben.

Kurze Zeit später kamen die nächsten Kaninchen beim Karottenfeld an. Der Bauer jedoch hatte sie noch nicht entdeckt. Er war wieder in seinen Traktor gestiegen und fuhr in aller Seelenruhe über sein Feld. Die Kaninchen jedoch hatten ziemliche Angst vor dem Gefährt.

Es dauerte nur noch ein paar Sekunden, dann hatte der Bauer die kleinen Tiere entdeckt. „Sag ich doch, es gibt viel zu viele davon.", sagte er ärgerlich zu sich selbst und hielt erneut sein Fahrzeug an, um auszusteigen. Doch diese Kaninchen waren schneller. Sofort erschraken sie und rannten hakenschlagend davon, noch bevor der gefährliche Mann überhaupt etwas unternehmen konnte. „Hier gehe ich nie wieder hin!", entschied Sissi, die von den Dreien am ängstlichsten war. Als sie wieder ankamen, sahen sie auch, dass die anderen schon da waren und stellten ebenfalls ihr Abendessen auf das normale Grünzeug um.

Gefahr auf der LöwenzahnwieseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt