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„Du passt bitte auf dich auf, okay Taehyun. Ich möchte nicht einen Anruf bekommen, weil dir etwas passiert ist!", mein Vater blickte mich ernst an. „Ja, Appa", antwortete ich etwas genervt, denn seit mindestens einer halben Stunde hielt mein Appa mir einen Vortrag darüber, dass ich ja aufpassen sollte, immer auf mich achtgeben und freundlich zu allen sein sollte, doch niemals zu schnell fremden vertrauen. „ich habe dich lieb, Appa, wir sehen uns in vier Wochen wieder!", und während ich noch sprach, umarmte ich ihn und schnappte ich mir mein Gepäck und rannte zu der noch offenen Zugtür. „Tae", rief mir Vater noch überrumpelt hinterher, doch ich war mit meinen Gedanken schon in Jeju am Strand. Endlich waren Ferien und ich konnte zu meiner Tante und meinem Cousin Huening Kai. Endlich konnte ich wieder an den Strand, im Meer schwimmen gehen und unter den Sternen schlafen. Juhuuu!

Der Zug hatte noch nicht ganz gehalten, da schnappt ich mir meinen Koffer und rannte schon zu der Tür, kaum war sie offen stürmte ich quasi nach draußen. Da ich voller Vorfreunde mein Umfeld weniger Beachtung geschenkt hatte, wirbelte ich meinen Cousin, der auf mich am Bahnhof gewartet hatte, fast um, was mir ein Lachen von diesem einbrachte. „Hey, du Wirbelwind", doch statt mit ihm unseren Faustschlag(?) zu machen, zog ich den überraschten Jungen in eine feste Umarmung. „Ich habe dich vermisst." „Ich dich auch, Kleiner." Kurz drückte er mich noch mal, dann ließ er mich los und ich schnappte mir schon wieder meinen Koffer, den ich vorher einfach rücksichtslos losgelassen hatte und eilte zum Ausgang des Bahnhofs. „Komm schon!", rief ich dann zu Huening Kai, als ich mich umgedreht hatte, um nachzuschauen, wo er denn blieb. Einzig ein Lachen bekam ich zurück und er verschnellerte seinen Schritt, doch war ich als erster aus der großen Tür raus und drehte mich dann einmal vor Freunde im Kreis. Tief atmete ich die Luft ein. Fast ein ganzes Jahr war ich nicht mehr hier gewesen, doch jetzt hieß es vier Wochen voller Spaß, Abenteuer und Lagerfeuer/ Sternenhimmel/ Meer.

„Wo wollen wir als ersten hin?", fragte ich meinen Cousin aufgeregt, doch dieser legte mir nur eine Hand auf die Schulter. „Wir bringen vielleicht erst mal deine Sachen zu uns nach Hause, meinst du nicht?", grinsend schaute ich ihn an und willigte ein. Möglicherweise war ich ein bisschen übereifrig, aber wer konnte mir das schon verübeln. Ich war ein Stadtkind, was den Strand und das Meer liebte, die Freiheit und den Sternenhimmel. Also musste ich jede Sekunde, die ich hier verbrachte, genießen.

Etwas entspannter als noch vor ein paar Minuten, lief ich neben Huening Kai her, grüßte freundlich alle Menschen, denen wir begegneten und blickte mich immer wieder neugierig um, um zu sehen, was sich in den letzten elf Monaten verändert hatte, nebenbei erzählte mir mein Cousin, was dieses Jahr schon alles passiert war und wir tauschten uns aus. „Wann gehen wir zum Strand? Kommen Soobin und Yeonjun mit?", doch auf diese Frage hin wurde Huening Kai ganz ruhig. „Was ist? Ist irgendetwas passiert?" Es war schon bei uns Tradition geworden, dass wir uns am ersten Tag meiner Ankunft unten am Strand trafen und dort dann eine Wasserschlacht veranstalteten. Doch warum war dann Huening Kais Reaktion dieses Mal so komisch und irgendwie zurückhaltend. „Ist etwas mit den einem der beiden passiert? Aber ihr seid doch noch Freunde, oder?" Wenn er nicht gleich geantwortet hätte, dann hätte ich ihn wie ein Schweizer Käse durchlöchert. „Wir- ... wir können nicht zum Meer...", rückte er dann zögernd mit der Sprache raus, doch befriedigte das meine Neugier kein bisschen. „Wir 'wir können nicht zum Meer?' Wir sind immer am Meer", ich blieb verwirrt stehen, hatte mich in seine Richtung gedreht und schaute ihn auffordernd an. „Na sag schon! Was ist hier los?", doch statt mir zu antworten, drehte er sich zur Seite und zeigt mit dem Finger auf die Hauswand. Okay? Mit mehreren tausend Fragezeichen und schon einer unterschwelligen Traurigkeit (Angst? ...) folgte mein Blick seinem Finger und ich sah ein großes Plakat. Darauf ein in schwarz-weiß gezeichnetes Wesen, doch die Überschrift schockte mich noch mehr. In großen Buchstaben wurde ACHTUNG/ WARNUNG VOR DEM SEEMONSTER geschrieben. „Ein ... Seemonster...?", ungläubig schaute ich wieder zu Huening Kai. Der will mich doch bestimmt reinlegen. Niemals gab es ein Seeungeheuer und wenn dann bestimmt nicht hier, schließlich war der Ozean riesig. „Das habt ihr euch doch bestimmt ausgedacht, um mich reinzulegen. Es gibt keine Seemonster. An sowas glauben doch nur Kinder", wollte ich die Sache abtun, doch er stieg nicht mit in mein Lachen ein, sondern sein Blick blieb ernst, da war keine Regung zu sehen. „Du willst mir doch jetzt nicht im Ernst weißmachen, dass ich wegen einem 'Seeungeheuer' nicht ins Meer kann?!" „Ich kann da ja auch nichts für...", er war mindestens genauso niedergeschlagen wie ich, aber ich hatte mich so auf den Sommer gefreut und das sollte es jetzt gewesen sein? „Wir können ja trotzdem noch alle anderen Sachen machen." „Ja...", da war zwar nur ein kleiner Trost, aber ich sollte mich damit zufriedengeben, auch wenn es mir schwerfallen wird.

„Taehyun?", rief Soobin lautstärk durch die Gegend. „Ach hier bist du", erleichtert seufzte mein Cousin aus und setzte sich neben mich auf den Felsen, unsere zwei Freunde taten es ihm nach. Erst eine Woche war um, doch vermisste ich das Meer und so saß ich immer zu den Sonnenuntergängen hier auf dem Felsen und blickte in die Ferne, beobachte, wie die Sonne sich mit ihren wunderschönen rot von uns verabschiedete, um dann morgen wieder ihre wärmenden Strahlen auf uns scheinen zu lassen. „Ich vermisse es auch, zu schwimmen...", bedrückt blickte ich zu Huening Kai rüber. „Hast du dieses Seemonster schon mal gesehen?" „Nein, keiner von uns hat es bis jetzt gesehen...aber die Fischer berichten immer von ihren Sichtungen. Es soll grüne bis blaue Schuppen haben, eine kräftige Schwanzflosse, womit es sich schnell fortbewegen kann und messerscharfe Zähne." So ganz konnte ich das einfach nicht glauben. Monster und andere Wesen waren doch alles nur Märchen, erfundene Geschichten, um den Kindern Angst zu machen. Und in mir erweckte es Sehnsucht. (So stark, dass ich das Gefühl hatte, ohne das Meer ersticken zu müssen.)

Wieder einmal hatte ich mich aus dem Haus geschlichen, um mich auf den Felsen setzen zu können, damit ich das Meer wenigstens sehen konnte. Meine Sehnsucht wuchs von Tag zu Tag, schnürte mir mein Herz ein und ließ meinen Widerstand immer mehr in die Brüche gehen. Ich durfte nicht ins Meer. Es wäre zu gefährlich. Nein! Das ist alles nur ein Märchen, erfunden, um andere Leiden zu sehen, weil ihren ein Stückt ihrer Freiheit genommen wurde. Aber du darfst nicht. Wer weiß, was sie machen, wenn dich einer verrät. Dafür müsste mich aber erst einer erwischen.

Es war schrecklich. Zum Verzweifeln. Engelchen und Teufelchen stritten sich ununterbrochen und erst war der Engel noch stark genug, doch er hatte langsam keine Kraft mehr, dem Teufel Widerstand zu leisten, und dieser schaffte es, den Engel für ein paar Sekunden zu übertönen und sobald ich einen Fuß ins Wasser gesetzt hatte, hatte die Vernunft endgültig das sagen verloren. Der Drang ins Meer zu gehen und zu schwimmen hatte am Ende doch gewonnen, nachdem er mich beinahe zwei Woche mit seiner ständigen Präsenz gequält hatte. Und ich hatte ihm einfach nicht standhalten können.

Endlich spürte ich die angenehme Frische des Wassers wieder. Da der Tag recht warm gewesen war und die Sonne sich alle Mühe gegeben hatte, zu strahlen, war es im Vergleich zu der abgekühlten Luft angenehm warm und ich würde nicht so schnell frieren, trotz dass ich nur meine Boxershorts trug. Ich ließ meinen Gedanken freien Lauf und genoss dieses unbeschreibliche Gefühl, wieder im Meer zu schwimmen. So schwamm ich, ohne die Zeit im Kopf zu haben, doch blieb ich bei der kleinen Bucht mit dem wunderschönen Ausblick, den man vom Felsen aus hatte, damit mich keiner entdeckte oder ich mich verirrte. Ich war wie schwerelos, als hätte jemand mich in eine Rakete gesteckt und außerhalb der Erde und ihrer Schwerkraft gebracht, meine Gedanken und Sorgen dagegen hatte sie scheinbar genommen und zum Mond geschossen. (?)

„Du hast ja gar keine Schwanzflosse", kam eine Stimme plötzlich aus dem Nichts und ich erschrak so heftig, dass ich mit offenem Mund unter Wasser sank, da meine Beine und Arme in dem Moment, als ich angesprochen wurde, aufhörten, meinen Kopf über Wasser zu halten. Hektisch versuchte ich aus dem Wasser zu kommen, paddelte schnell und schnappte sofort nach Luft, als mein Kopf die Wasseroberfläche durchbrach, wobei ich etwas vom salzigen Wasser schluckte. Schnell versuchte ich an Land zu kommen und das verschluckte Wasser durch Husten wieder loszuwerden. „Tschuldigung! Ich wollte dich nicht erschrecken...geht es denn?", doch ich konnte noch nicht feststellen, woher diese Stimme kam und zu wem sie gehörte, da mich der Hustenkrampf noch immer auf Knien am Boden hielt.

Als ich mich dann etwas beruhigt hatte, schaut ich mich vorsichtig um. Mh? Hier scheint gar keiner zu sein. Habe ich mir das nur eingebildet? „Äh...Hier drüben", rief es auf einmal und ich drehte mich in die Richtung, aus der der Ruf kam. Himmel und Hölle! Wo kam...es... er denn her? Stimmte dieses Märchen vom Seemonster etwa doch oder war ich ohnmächtig geworden, weil ich zu viel Wasser geschluckt hatte und bildete mir eine Stimme ein? Ich hoffe zweiteres. Schließlich gab es keine Monster, also auch keine, die im Meer lebten. Punkt. 

Seemonster - oder doch nur BeomgyuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt