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PoV Loki Laufeyson

Ich halte ihre Hand, ziehe sie durch die großen Tore und in die Stadt, beachte aber kaum die Leute um uns herum. Autos bewegen sich hupend durch die Menge, die Stimmen der vielen Menschen hallen in mein Ohr. Hier ist es so ganz anders, als in der kargen Wüste vor den Maunern dieser Stadt. Meine Sinne sind auf ihre Finger gerichtet, die meine Hand umschließen. Auch sie hält mich fest, stolpert trotzdem unsicher neben mir her. Ich spüre die Blicke auf ihr und umklammere sie fester, ziehe sie näher an mich, will sie schützen, vor den gierigen Blicken und noch mehr vor den flinken Händen, die sie mir entreißen könnten. Mir klopft das Herz, als ich ihre andere Hand an meinem Arm spüre und es schießen die Blitze in meinen Schoß.

Kaum merklich schüttel ich den Kopf. Klare Gedanken sind jetzt das, was ich brauche. Sie ist mein Ticket aus dieser Midgard-Hölle, mehr nicht. Wie ein Mantra wiederhole ich diesen Satz immer und immer wieder. Doch ich spüre ihren Körper so dicht an meinem, als wir die Menschenmenge durchqueren und es vernebelt mir die Sinne. Was ist nur los mit mir? In der Ferne sehe ich einige modernere Häuser und vermute öffentliche Plätze. Hoffentlich mit Kameras, die die Bilder von ihr rund um die Welt senden werden, denn genau das ist es, was ich hier suche. Schluss mit dem Versteckspiel. Ich werde sie eintauschen. Ein mickriges Midgardmädchen gegen meine Freiheit.

Auch an den Häusern, die wir zusammen passieren erkenne ich hier und da Kameras, habe aber die leise Vermutung, dass sie mehr zur Abschreckung dienen, als dass sie tatsächlich angeschlossen sind. Es ist dennoch ein Versuch wert. Stina keucht leise, dennoch ist es fast das Einzige, was ich in diesem Moment wahrnehme. Oder wahrnehmen möchte? Ihr Keuchen, dicht an meinem Ohr. Oder an meinem Mund. Ihre Lippen. Süß und prall. Nein! Hat dich zurück, Loki! Meine Gedanken driften immer wieder ab, was ist nur los mit mir? Sie ist meiner gar nicht würdig, niederer Mensch!

PoV Stina McClane

Seitdem wir in den letzten Tagen so gut wie alleine waren, machen mir die vielen Menschen, die alle auf einem Haufen sind, Angst. Normalerweise bin ich vielen Menschen gegenüber aufgeschlossen, aber ich verstehe die Sprache nicht und überhaupt sind hier viel zu viele Männer und kaum Frauen unterwegs. Ja, ich könnte leicht in der Masse verschwinden, aber was dann? Wie weit komme ich? Was passiert dann mit mir und kann mich überhaupt jemand hier verstehen? Und Loki? Er hat in New York ohne mit der Wimper zu zucken mehr als 80 Menschen umgebracht und wird nun wohl kein schlechtes Gewissen entwickelt haben. Ich bin seine Gefangene. Aber warum fühle ich gerade mich nur bei ihm sicher? Ich festige meinen Griff an seinem Arm, während wir uns unseren Weg weiter durch die Masse bahnen.

"Ich will hier weg..." flüsterte ich leise, aber Loki, oder die Person, die er vorgibt zu sein, regt sich nicht.

"Loki." versuche ich es nun lauter, "Bring mich hier weg!" Mein Herz schlägt schneller und gleichzeitig entweicht mehr Luft aus meinen Lungen, als ich einatme. Meine Ohren rauschen und ich spüre, wie ich das Gefühl in den Fingern verliere. Eine Panikattacke bahnt sich an!

Der bärtige Mann, dessen Hand ich halte, dreht sich zu mir und schaut mich mit seinen eisblauen Augen eindringlich an. Die Blitze tanzen vor meinen Augen und die Stimmen um uns herum vermischen sich mit dem Rauschen, driften gemeinsam in das schwarze Nichts, welches mich gerade zu verschlucken droht. Mein Magen verkrampft und ich verliere das Gefühl der Erdanziehungskraft.

Keuchend lande ich im weichen Sand und falle rückwärts auf meinen Po. Loki, wieder in seiner Gestalt, fällt über mich. Ich halte noch immer seine Hand und ziehe ihm automatisch zu mir in den Sand.

PoV Loki Laufeyson

Ich sollte verärgert sein. Verärgert, dass ich meinen Plan nicht durchgezogen habe. Dass ich sie weg gebracht habe, weil sie mich darum gebeten hat und verärgert, dass ich nun hier auf ihr liege, im Wüstensand vor der Stadt. Aber im Gegenteil. Ich spüre keine Wut in mir. Ihre Augen haften auf meinem Gesicht und ich sehe, wie sie mich mustert, meine Augen, meinen Mund. Es ist, als würde sie mich das erste Mal so richtig wahrnehmen. Sie sieht mich an, intensiv und fragend. Fast versprechend. Mir verschlägt es den Atmen. Ihr Blick haftet auf meinen Lippen und was sie will, ist klar. Jetzt vermasel es nicht, Loki. Meine Gedanken rauschen.

"Du willst mich küssen?"

Stinas Kiefer arbeitet und ihre Augen bekommen einen dunklen Glanz. Ich kenne diesen Blick, als sie mich vor der Zelle besucht hat. Es war der gleiche Ausdruck, bevor ich sie in meine Illusion gebracht habe.

Stina atmet schwer, mein Gewicht auf ihr trägt sicher dazu bei. Dennoch regt sie sich nicht. Sie nickte nicht, schüttelt aber auch nicht Kopf. Ich hatte mir geschworen, sie nicht anzurühren, egal, was ich ihr angedroht habe.

Fuck!

Einen Moment zu lange schließt sie ihre Augen, als bietet sie sich mir ganz dar. Und ich kann ihr kaum widerstehen, streiche mit meiner Hand durch ihr Haar. Innerlich aufstöhnend betrachte ich ihre Lippen.

Nein. Nicht jetzt. Nicht hier.

Reiß dich zusammen!

Die Sekunden vergehen und ich richte mich auf. Leise rieselt der Sand von meiner Kleidung. Ich hasse den Sand. Der Moment ist vergangen. Unser Moment. Ich kann nicht sagen, ob es gut oder schlecht ist, dass ich standgehalten habe.

"Steh auf!" Meine Stimme klingt streng, strenger als ich beabsichtigt habe und ich meine, dass sie zusammen gezuckt ist. Vielleicht sollte ich ihr meine Hand hinhalten, als Geste der Versöhnung? Was denke ich mir nur dabei?! Ich will hier weg, weg von ihr! Weg von Midgard! Warum habe ich sie nur mitgenommen?

"Ich will nicht schon wieder in der kalten Wüste auf dem Boden schlafen." Ihre Stimme klingt kratzig, aber ich schnaube nur. Es ist nur eine kleine Handbewegung von mir und schon steht das kleine Zelt, welches ich mittels Magie hergeholt habe.

"Es interessiert mich nicht, was du willst. Rein da, oder du schläfst draußen!"

PoV Tony Stark

"Ja, das ist er. Das ist Loki." Thor tippt mit seinen Fingern auf den Monitor, der die schlechte Kamerasequenz wieder und wieder abspielt. F.R.I.D.A.Y. hat sie sofort gefunden und inzwischen ist das Internet voll mit dem Video von dem Paar, welches sich 'einfach in Luft auflöst'. Es ist ein kleiner Funke Hoffnung, aber er lodert heiß in mir. Meine Augen sind auf die Frau gerichtet, ich sehe ihr Gesicht nicht und der Manm verdeckt sie fast gänzlich, aber man kann deutlich erkennen, dass sie da ist.

"Wie ist Loki verschwunden?", will Bruce wissen. "Ich dachte, ihr könnt ihn sehen, wenn er den Tesserakt benutzt." Thor verschränkt seine Arme vor der Brust und sieht zwischen Bruce, Steve, Bucky, Vision und mir hin und her.

"Er hat ihn nicht benutzt. Er teleportiert. Er kann sich so nicht all zu weit bewegen, schon gar nicht mit Stina, aber es funktioniert."

"Marokko also." Sage ich, stehe auf und gehe zur Tür. "Worauf warten wir noch?"

Only Bad Guys (2. Akt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt