sechs

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Müde schlurft Linn über die alten Dielen in die Küche und drückt auf den Knopf der Kaffeemaschine. Wie jeden Morgen zuckt sie zusammen, als das Teil lautstark zum Leben erwacht. Doch für Luca erträgt sie den Lärm ja gerne. Gedankenverloren holt sie drei Tassen aus dem Schrank. Kann nicht anders, als immer wieder an die vergangene Nacht zu denken. An Luca's Hände, an seine Lippen.. einfach an ihn und all die wunderbaren Gefühle, die er sie immer wieder spüren ließ. All die Liebe. Linnea fasst sich an den Hals, der über und über mit dunklen Flecken bedeckt ist. Mit jedem Mal waren es mehr geworden. Linn weiß gar nicht, wie spät es gewesen ist, als sie endlich eingeschlafen sind. Kein Wunder also, dass Luca eben einfach nicht wach zu kriegen war und dass sie selbst im Stehen gleich wieder einschlummern könnte. Schmunzelnd streckt sie sich zum oberen Regalbrett hoch, um die blecherne Dose mit ihrem Kakaopulver herunter zu nehmen. Aber eine andere Hand ist schneller. Linn zuckt zusammen, doch als sie verdutzt den Wuschelkopf neben sich anschaut, muss sie kichern. "Fred.. danke. Wieso bist du denn schon wach?" Wundert sie sich, Fred zuckt mit den Schultern. "Das frage ich mich auch. Glaub ja nicht, dass ich eher eingepennt bin, als ihr! So, wie euer Bett immer gegen die Wand gehauen ist." Er stellt eine der drei Tassen unter den Kaffeeautomaten. Der Vorwurf in seiner Stimme entgeht Linn natürlich nicht. Und sicher auch Luca nicht, der gerade ziemlich verschlafen im Türrahmen erscheint. Doch der grinst nur breit. "Ach, so schlimm waren wir gar nicht." Er fährt sich durchs dunkle, wirre Haar und kommt herüber, um Linn in seine Arme zu nehmen und ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. "Oder?" Raunt er ihr zu, streichelt ihre weiche, warme Haut zärtlich. Sie schmiegt sich an ihn und kichert. "Naja, wir.." Fred schnaubt spöttisch. "Pfff, schon klar.. dass die Wand überhaupt noch heile ist!" Einen Scherz kann er sich dann aber doch nicht verkneifen. "Das hätte dein großer Durchbruch werden können, Luc." Sie prusten alle drei los, mehr oder weniger empört. Lachend setzen sie sich an den Tisch und stopfen sich Müsli in die knurrenden Bäuche. Linnea steht bald als erste wieder auf, um sich für die Arbeit fertig zu machen. Sie freut sich regelrecht darauf, jetzt, da wieder jemand auf sie wartet, wenn sie nach Hause kommt. Und so fällt es ihr auch gar nicht so schrecklich schwer, ihrem Freund wenig später einen Abschiedskuss zu geben und die Stufen nach unten zu poltern.

Vorne im Laden klingelt es, als noch ein Kunde, vielleicht der letzte des Tages, hereinkommt. Linn pustet sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und schnappt sich den Karton, den sie gerade geöffnet hat. Sachen aus dem Vorjahr steht in Luises schnörkeliger Schrift darauf. Luise ist die ältere, wahnsinnig liebe Frau, die schon seit Jahren diesen Laden führt. Von den Kartons stehen hinten im Lager einige. Zeit, euch mal wieder ans Tageslicht zu befördern, findet Linn und tritt mit dem Karton in den Verkaufsraum. Dort begrüßt sie die Kundin, die schon durch die ersten Kleiderstangen stöbert. Linn beobachtet sie für einen Moment und lächelt. Noch bis vor ein paar Monaten hat sie selbst hier eingekauft. Erinnert sich an ihre Spaziergänge, die sie mit Luca hier her gemacht hat. Erinnert sich daran, wie sie den Zettel an der Tür entdeckt hat. Aushilfe gesucht! Sie hatte sofort gewusst, dass es der Job war. Der Job, nach dem sie gesucht hatte, kaum dass sie von der Tour der Jungs wiedergekommen waren. Und mit jedem Tag, den Linn hier in diesem wunderbaren Second Hand Laden verbringt, ist sie sich da noch ein bisschen sicherer. In Gedanken fängt sie an, die Sachen aus dem Karton zu holen und für sie ein Plätzchen im Laden zu finden. Sie bekommt gar nicht mit, wie die Kundin wieder raus geht. Hört nicht mal das ihr mittlerweile so bekannte Geräusch der Klingel, als die Tür sich kurz darauf abermals öffnet. Viel zu beschäftigt ist sie mit den Sachen. Mit dem schwarzen Hut, den sie gerade aus dem Karton hervor holt. Linneas Augen weiten sich überrascht. Ihre Finger streichen über die breite Krempe. Dieser Hut kommt ihr doch sehr bekannt vor. Sie dreht sich zum Spiegel um und schmunzelt. Ob ich wohl..? Kurz zögert sie, doch dann setzt sie den Hut doch auf und staunt. Anders, als vor einem Jahr, sieht sie dieses Mal, was Luca wohl schon damals gesehen hat. Sie findet sich schön mit dem Hut, obwohl sie sonst nie welche trägt. Eine Bewegung im Spiegel lässt Linn zusammenzucken, doch als sie sieht, wer da bei der Tür steht, ziehen sich ihre Mundwinkel in die Höhe. Luca schaut sie mit großen Augen an. "Ist das etwa.. das ist er, oder?" Fragt er leise, kommt zu ihr herüber. Linn dreht sich zu ihm um und lächelt breit. "Dass du den wieder erkennst! Ja, das ist er. Und ich weiß jetzt, was du meintest. Ich kaufe ihn." Freut sie sich und saust gleich damit zur Kasse. Luca folgt ihr grinsend. Linn kramt in ihrer Tasche und bezahlt den Hut, ehe sie alles zusammensucht und den Ladenschlüssel aus der Schublade unter der Kasse holt. Sie greift nach Luca's Hand und sieht ihn erwartungsvoll an. Noch immer liegt sein liebevoller Blick auf ihr. "Wir können los, oder?! Schatz?" Fragt sie, Luca zuckt zusammen und giggelt verlegen. "Ja.. komm.."

Hand in Hand schlendern sie durchs Viertel, bis Luca plötzlich stehen bleibt und seinen Blick in eine Seitenstraße wandern lässt. "Siehst du es auch?" Fragt er, Linn nickt mit strahlenden Augen. "Ich sehe bunt geschmückte Stände und ganz viele Menschen. Und dann diesen einen dazwischen, den.. den ganz besonderen." Zärtlich streicht sie über Luca's Arm, er genießt ihre Berührung. Ihre Worte. Seine Grübchen meißeln sich in seine Wangen. "Schatz.. wer war hier wohl der ganz besondere Mensch zwischen all den anderen? Und so.. wunderschön?" Fragt er, Linnea sieht ihn gerührt an. Dann kichert sie. "Ich?! Und dann bin ich weggelaufen, ich Depp." Luca grinst. "Aber mein Depp.. Und schau, wo wir heute sind.." Vorsichtig löst er seine Finger von Linns und zieht ihr den Hut vom Kopf. Streicht ihre Haare zur Seite und beißt sich auf die Lippe, als er ihre vielen Knutschflecke am Hals sieht. Sein fast stolzer Blick trifft Linns, sie kichert. "Spinner.." Rügt sie ihn liebevoll, doch das interessiert ihn gar nicht. Er lehnt sich vor. "Dein Spinner.." Flüstert Luca und legt seine Lippen auf ihre. Ihre weichen, perfekten Lippen. Seufzend schmiegt Linnea sich an ihn, erwidert immer wieder seine Küsse, die so leidenschaftlich werden und ungehalten. Luca legt ihr eine Hand auf den Rücken, zieht sie noch näher an sich. Kann ihr gar nicht nahe genug sein. Und dann schnappen sie beide nach Luft. Müssen gar nichts sagen, denn ihre tiefen Blicke sagen so viel mehr.

dark sea 2 [a giant rooks fanfiction - continued] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt