Kurzeweile

Bananenbrief

Die liebe Schneesterngewitter hat mit Story Cubes (oder etwas Ähnlichem 😉) gewürfelt und bei ihrem Ergebnis hatte ich lustigerweise sofort
ein Mini-Geschichtlein im Kopf.
Danke für diese spontane Inspiration!

Freitag. Der beste Tag der Woche.

Jeder liebt Freitag. Der letzte Schultag vor zwei freien Tagen, an denen man ausschlafen und einfach nichts tun kann.

Ich liebe Freitag auch. Aber nicht nur deshalb.

Vor allem liebe ich den Freitag, weil ich freitags Biologie habe. Letztes Schuljahr war Mittwoch mein Lieblingstag, aber jetzt ist es Freitag.

Jeden Freitag bin ich etwas früher aus der Mittagspause im Kursraum, um nichts zu verpassen.

Und wie jeden Freitag kommt Jordan Summers mit seiner besten Freundin Rita Davis kurz nach mir in den Raum.

Rita mit ihren absichtlich durchlöcherten Strumpfhosen, schwarzen Boots und Flanellhemden. Jordan mit löchrigen Jeans, abgetragenen T-Shirts und zerlatschten Chucks.
Sie gehören definitiv nicht in die Cheerleader-Football-Elite unserer High School und fallen vermutlich niemandem auf.

Aber mir schon. Besonders Jordan mit seinen zauseligen Haaren und diesem Ist-mir-egal-Blick.

Er ist nie unfreundlich zu mir. Ich glaube vielmehr, dass ich ihm noch nie aufgefallen bin, obwohl wir seit beinahe zwei Jahren in den gleichen Biologiekurs gehen und ich immer eine Tischreihe neben ihm sitze und weiß, dass er sich jedes Mal eine Banane aus der Cafeteria mitnimmt und sie nie isst.

Die gelbe Frucht liegt jede Stunde vor ihm auf dem Tisch und verhöhnt mich. Denn jede Stunde stelle ich mir vor, wie er wohl dabei aussieht, wenn er sie isst.

Okay, ich bin nicht nur heimlich verschossen in ihn, sondern auch ein Teenager mit zu vielen Hormonen und darum auch verdammt scharf auf Jordan Summers.

Doch Jordan sitzt immer neben Rita. Man könnte meinen, die beiden wären ein Paar, weil sie fast nur zusammen anzutreffen sind.

Seit ich Rita allerdings in den Sommerferien knutschend mit einem anderen Mädchen im Park gesehen habe, bin ich mir sicher, dass das Interesse – zumindest von ihrer Seite – nur platonischer Natur ist. Und meine Hoffnung, dass Jordan vielleicht auch auf Jungs steht, ist seither gewachsen.

Der Unterricht beginnt und alle richten ihre Aufmerksamkeit auf Mr. Dudenham, der einen Experimentierwagen hineinschiebt.

„Heute wiederholen wir noch einmal den Aufbau des Hühnereis", erklärt der alte Mann und ich rolle, wie viele andere meiner Mitschüler, gelangweilt mit den Augen. „Jeder holt sich bei mir ein Ei, ein Sezierbesteck und Handschuhe ab."

Allgemeines Geraschel beginnt und ich bleibe absichtlich lange sitzen um einen möglichst ausgiebigen Blick auf Jordan werfen zu können, der beruhigend auf eine aufgelöste Rita einredet.

Als die ersten Schüler wieder an ihren Plätzen sitzen, geselle auch ich mich nach vorn und warte, dass ich meine Utensilien von Mr. Dudenham überreicht bekomme.

„Nein, Miss Davis, ich kann keine Ausnahme für Sie machen", wettert der alte Mann Jordans beste Freundin an. „Soll ich jetzt für jeden, der meint, irgendwelche Vorlieben zu haben, noch eine Gurke oder doch lieber ein Salatblatt bereitstellen?"

„Aber ich bin Veganerin", schimpft Rita mit zitternder Stimme.

Jordan versucht ebenfalls beruhigend zwischen Rita und Mr. Dudenham zu vermitteln, bekommt jedoch wie seine Freundin nur ein Kopfschütteln und eine Experimentierschale samt Ei in die Hände gedrückt.