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„Na, auch zu früh?" - scherzte Farin, der mit Bela vor dem Club wartete. Es war gerade mal halb acht, aber der Gitarrist hatte darauf bestanden, dass sie schon los fuhren.
- Eine der Eigenarten, die Bela nie an seinem Freund verstehen würde. Überpünktlichkeit.
Die zwei hatten sich von Nopper abholen lassen, der dabei gewesen war zu Frühstücken, und sammelten dann die übrigen Bandmitglieder ein.
„Warum seid ihr denn schon hier? Treffen war erst in ner halben Stunde." - fragte Melani, die von Kim frühzeitig nach Berlin Tiergarten geschleift wurde. Sie hatte von ihrer besten Freundin viel über die Jungs erfahren und verspürte eine gewisse Vorfreude und Neugier. „D't Gleiche könnt' ick euch frajen." - erwiderte Nopper. „Is doch auch ejal. Jetzt sind we halt schon alle da und stehn dann eben hier ne halbe Stunde rum." - unterbrach Hussi. Alle stimmten zu. Dann wurden alle allen vorgestellt: „Melani, dass sind Bela, Farin, Nopper, Bernd und Hussi." - sagte Kim und schüttelte den drei, ihr selbst noch unbekannten, die Hand. „Sahnie hatte kene Lust." - fügte sie noch hinzu. Dann übernahm Farin: „Ja, also Jungs, d't is Kim. Und ihre Freundin Melani, die ick bis eben selbst noch nich kannte."
Das S.O.U.N.D. öffnete erst um acht. So lange standen sie also noch vor dem Club und rauchten.
Drinnen suchte sich die Gruppe einen „Tisch" an dem sie ihre Sachen ließen. Bernd und Farin holten ein paar Getränke von der Bar: Ein Mojito für Melani, einmal Wodka-Cola für Kim und Bier für die Jungs. Bis auf Farin. Dieser begnügte sich mit einem Wasser, da er strickter Antialkoholiker war.
„Und was macht ihr so?" - versuchte Nopper ein Gespräch mit den zwei Mädchen anzufangen. „Also ick bin Kassiererin in 'nem Supermarkt und Kim arbeitet als Kellnerin im Exil." - plauderte Melani. Noch bevor Nopper den Mund aufmachen konnte meinte Kim: „Sind nur langweilige Jobs, aber damit könn' wa uns über Wasser halten." Der Punk nickte stumm. „Und wie läuft's in eurer Band?" - erkundigte sich Kim. Die Frage ging eigentlich an Bela, Farin, Bernd und Hussi, aber Nopper rief ohne zu zögern: „Janz gut. Wenn sich die alten Streithähne nich in de Wolle kriejen. Aber ohne mick wär'n die" - er zeigte auf die übrigen Männer - „total aufjeschmissen. Dann müsst'n se zu je'm Gig laufen."
So lief das eine Weile. Jemand stellte eine Frage und Nopper antwortete stattdessen. Oder er warf ein paar schlaue Sprüche und dumme Kommentare ein. - Zur Belustigung aller Anwesenden.
Ab und zu verschwanden sie auf die Tanzfläche, wo sich, vor allem Jan, ziemlich lächerlich machte. Mel schien sich sehr gut mit Hussi zu verstehen. One-Nights-Stand gut jedenfalls. Bernd, Nopper und Jan waren auf eine kleine Gruppe Frauen an der Bar aufmerksam geworden. Und Bela? Der wich keine Sekunde von Kims Seite. Sie unterhielten sich stundenlang, hauptsächlich über Banales Zeug, wie wie man sich am besten die Zähne putzte, wie man den besten Supermarktüberfall beging und über Vampirismus. Zum Thema „Supermarktüberfall" erzählte Bela ihr eine sehr abstruse Geschichte: „Ick hab von 'nem Kumpel aus Brandenburg jehört, dass bei dem im Ort mal drei Männer, nackt, den örtlichen Supermarkt überfallen hamm. Und zwar weil die immer die sel'm Klamotten an hamm." Kim sah ihn belustigt an. „Ehrlig jetze?" - fragte sie belustigt. Ihr Gegenüber nickte grinsend. „Haben auch nur Bier und n' bisschen Barjeld mitjehn lassen." - redete er weiter. Sie schüttelte lachend den Kopf. Was für eine Schnapsidee. - dachte sie. Aber dennoch: Kreativ waren diese Drei gewesen.
Kurze Zeit später fand sie sich, zusammen mit ihren Freunden, auf der Tanzfläche wieder. Melani tanzte eng an Hussi, Farin und Nopper quatschten immer noch mit den Mädels von der Bar und Bela war neben ihr. Von Bernd war keine Spur zu sehen. Wahrscheinlich ist der auf der Toilette.
- Aber es war ihr auch egal. Immerhin war der schwarzhaarige Punk bei ihr. Der Mann der ihre Gefühle, seit ihrer ersten Begegnung, verrückt spielen ließ. Der Mann wegen dem sie Nachts oft wach lag, der an den sie ständig denken musste. Jede seiner Berührungen entfachte ein Feuerwerk der Gefühle in ihr. Sie fühlte sich geborgen, in seiner Nähe.
Seine Art war so liebe- und humorvoll. Und doch, da war sich Kim sicher, konnte er diese Seite wegstecken, wenn es darauf ankam. Aber soweit würde es, heute Abend jedenfalls, nicht kommen. - Das glaubten, hofften, zumindest alle Anwesenden. Doch wie falsch diese Hoffnung war würde sich erst in den frühen Morgenstunden zeigen.

Am Anfang war der PunkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt