„Haschte noch n' Bier fü' misch." - lallte Nopper, während er einen Arm um Mels und den anderen um Kims Schultern schlang, die in der WG-Küche standen und sich bis eben, trotz des dröhnenden Basses, unterhalten hatten. Beide waren stark angetrunken. Ohne zu zögern schwankte Melani mit dem Mann zum Kühlschrank hinüber, machte diesen auf und drückte Nopper ein Bier in die Hand. „Vielln Ank." - sagte er und machte sich auf den Weg zum Flur.
Es war nun gute vier Monate her, dass Bela und Kim zusammen gingen und eine liebevolle, aber auch leidenschaftliche Beziehung führten. Sie hatte seine Familie kennengelernt und auch ein Zusammentreffen mit Nick war geplant. Heimlich versteht sich, damit seine Eltern ja nicht mitbekamen, das er sich mit seiner großen Schwester und ihrem Freund traf. Auch Band-Technisch hatte es so einige Veränderungen gegeben: Soilent Grün gab es nicht mehr. Sie hatten im August ihr Abschiedskonzert im SO gespielt. Nun gab es nur noch Bela, Farin und Sahnie, als „Die Ärzte".
Es war nur eine der unzähligen Hauspartys die die Beiden WG-Bewohner, Bandkollegen und beste Freunde, zumindest halbwegs regelmäßig, veranstalteten. Wie immer mit Alkohol bis zum abwinken, Drogen und sehr lauter Musik. Und natürlich viel zu vielen Menschen für die größe der Wohnung.
Gerade als Kim darüber nachdachte, warum noch nie ein Beschwerde-Brief von den Nachbarn oder eine Anzeige wegen Ruhestörung im Briefkasten zu finden gewesen war, wurde sie von jemandem angerempelt, sodass sich ein Großteil des Inhalts ihrer Bacardi-Cola Mische auf ihr Sex Pistoles T-Shirt ergoss. Verärgert sah sie den Typen an, der da gerade in sie hinein gelaufen war.
Sahnie. Na toll. Mit ihm hatte Kim schon länger ihre Differenzen gehabt und nun schon wieder einen Streit vom Zaun zubrechen wollte sie nicht. Nicht heute. Deshalb fauchte sie ihn nur an, er solle doch gefälligst besser aufpassen wo er hinlaufe, nannte ihn einen „blinden hirnamputierten Volltrottel" und machte sich dann auf, Richtung Badezimmer.Doch als sie die Tür öffnen wollte, klemmte diese. Verschlossen.
Leise, ganz leise und kaum über die Lautstärke der Musik hinweg zu hören, waren die Geräusche, die nur erahnen ließen, was darin vor sich ging.
Kim stöhnte. Warum musste ausgerechnet jetzt jemand Sex im Bad haben, wenn sie sich kurz von der Cola-Attacke säubern wollte? Ihr Shirt konnte und wollte sie jeden Falls nicht länger tragen, so sehr wie es klebte. Deshalb beschloss sie sich einfach eins von Bela zu leihen. Stören würde es diesen mit Sicherheit nicht, immerhin wäre es ja nicht das erste Mal.Während sie sich ihren Weg durch den schmalen, mit Menschen überfüllten, nach Schweiß und Alkohol riechenden Flur bahnte, in dem der Rauch wie immer stand, überkam sie eine plötzliche Müdigkeit. Vielleicht würde sie sich auch einfach in Belas Bett legen. Mel würde es ihr sicher nachsehen wenn sie doch hier übernachten würde und sie nicht nach Haus begleitete.
Es war wie der Eintritt in eine andere Welt, als Kim die Tür zu Belas Zimmer schloss und somit den Lärm, die Menschen und die Gerüche der restlichen Wohnung verdrängte. Schnell zog sie sich ihr Shirt über den Kopf und ging dann zu Belas Schrank, der seinen Namen nicht wirklich verdiente. Ihre Wahl viel auf ein schlicht schwarzes T-Shirt, welches selbst Bela zu groß sein musste.
Anstatt direkt wieder nach draußen zur Party zu gehen, entschloss sich das Mädchen eine Weile lang die Ruhe zu genießen. Sie fummelte ein Zigarette aus Belas Nachttisch-Schublade, zog die Vorhänge des Fensters zur Seite und öffnete es mit einem lauten Quietschen. Sofort schlug ihr die kühle Oktober Nachtluft entgegen und sie atmete einmal tief durch.
Dann zündete sie sich die Kippe an und betrachtete beim Rauchen den sternenklaren Himmel über und die recht leere Straße unter ihr.
Sie hatte die Zigarette noch nicht mal bis zur helfte geraucht, als sich die Tür hinter ihr öffnete. Sie drehte sich nicht um. Es war Bela, so viel war sicher, da sich sonst niemand in die privaten Räume der Gastgeber traute.
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Am Anfang war der Punk
Hayran KurguDiese Geschichte spielt Anfang der 80'ger Jahre. Es geht um die 19 jährige Kim. Sie lebt am Rand von Berlin und gehört, wie viele Leute ihres alters, zur Punkbewegung. Stress und Schlägereien sind da vorprogrammiert. Vor allem mit den Fußballfans un...