Kapitel 8

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Noraja wachte auf, weil sie ein leises Brummen vernahm. Ihr Handy klingelte, mal wieder.
„Das gibt es ja wohl nicht", maulte sie in ihr Kissen.
Der zweite Tag in Folge, an dem sie davon geweckt wurde. Mit geschlossenen Augen, angepisst und bereit, dem Anrufer die Hölle heiß zu machen, suchte sie blind nach dem Handy.
„Wo ist dieses scheiß Teil denn nur?"
Ein lautes Scherbeln zerriss die Ruhe. Sie hatte die Lampe von ihrem Nachttisch gestoßen und diese zerbrach in tausend Scherben, als sie auf dem Boden einschlug.„Orr ... ich flippe aus."
Jetzt war alles zu spät. Norajas Puls kochte und sie öffnete widerwillig die Augen. Es dauerte einen Moment, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatte. Tja, Rollos heruntermachen wäre eine Option gewesen, aber das schaffte sie so gut wie nie und so erstrahlte die Sonne ihr Schlafzimmer.
Ihr Blick suchte nach dem Handy. Sie wollte sich nicht bewegen. Sie wollte nicht mal wach sein und sie schwor sich, wenn es kein, die Hölle ist ausgebrochen, Anruf war, würde der Anrufer dafür bezahlen.
Noraja sah auf den Boden und starrte auf die Reste ihrer Lampe.
„Bullshit!"
Endlich konnte sie ausmachen, wo das Brummen herkam. Sie ließ ihren Oberkörper aus dem Bett gleiten, griff nach dem Handy, welches auf dem Boden zwischen den Scherben lag und ging ran, ohne sich wieder ins Bett zu heben.
„Was zur Hölle ist denn nur?", maulte sie in das Telefon.
„Hallo, hier ist Jason. Bin ich da bei Noraja?" Sie runzelte die Stirn und wusste erst nicht, wer da am Telefon war. Sie wusste nicht mal, was für ein Tag war und warum genau sie sich so scheiße fühlte.
„Wer ist da?", fragte sie gereizt.
„Jason. Ich war gestern bei dir wegen der Stelle als rechte Hand. Ich wollte eigentlich nur Bescheid geben, dass ich den Job gern annehmen würde und fragen, wann ich anfangen kann. Ich habe Melina nicht erreicht, deswegen rufe ich bei dir an."
Jetzt fiel es Noraja wie Schuppen von den Augen und sie seufzte leise.
„Ach, du bist es. Ja, das freut mich zu hören, auch wenn du mich dafür nicht hättest, sinnlos wecken müssen. Manche Menschen schlafen gern mal aus", erwiderte Noraja angepisst.
Himmel, war sie genervt und warum im Namen der Götter, redete er so viel und so schnell?
Schweigen am anderen Ende. Noraja rappelte sich zurück in ihr Bett und ließ sich auf den Rücken fallen.
„Es tut mir schrecklich leid, dass ich dich geweckt habe. Ich dachte, dass sechzehn Uhr eine gute Zeit ist, um anzurufen, aber dann leg ich jetzt auf und du kannst dich ja noch mal bei mir melden", stotterte Jason in das Telefon.
„Warte mal. Was? Sechszehn Uhr? Ach, du scheiße. Jason, bleib kurz dran."
Noraja nahm das Handy vom Ohr und starrte auf das Display. Sie sammelte und konzentrierte sich kurz.
„So jetzt. Sorry, ich bin geistig noch nicht ganz da. Der Abend gestern ging etwas länger. Also es freut mich wirklich, dass du dich für uns entschieden hast. Und ja, um diese Uhrzeit sind die meisten Menschen normalerweise auch schon wach. Gehöre ich wohl nicht dazu. Die Frage, wann es losgeht, kannst nur du beantworten. Von unserer Seite her kannst du Montag schon kommen, aber du wirst ja erst mal das ein oder andere noch klären müssen", sagte sie.
Jason dachte kurz darüber nach.
„Ich würde Montag auf die Arbeit fahren und meine Kündigung abgeben, danach würde ich bei euch vorbeikommen. Dann könnten wir ja vielleicht kurz darüber reden, wie es weitergehen soll."
„Klingt nach einem guten Plan Jason, dann sehen wir uns am Montag", sagte sie und legte auf.
Sie wusste, dass es unhöflich war, aber ihr war kotzübel und ihr Schädel stand kurz vor der Explosion. Sie ließ das Handy aus der Hand rutschen und konzentrierte sich auf ihre Atmung. Ihr Körper war fertig. Sie starrte auf einen Punkt an der Decke und fragte sich: Aufstehen oder liegen bleiben? Ihr Blick wanderte weiter durch den Raum und fiel auf ein Glas Wasser, daneben lag eine Schmerztablette. Bertha. Noraja musste lächeln. Sie setzte sich auf und wusste sofort, dass das ein Fehler gewesen war. Sie spürte, wie die Übelkeit sich ausbreitete. Ihr wurde schwindelig und sofort begann sich Speichel in ihrem Mund zu sammeln. Ein bitterer Geschmack breitete sich aus und sie ahnte, was als Nächstes passieren würde. Sie sprang aus dem Bett und rannte ins Bad. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig bis zum Klo, bevor sie anfing, sich die Seele aus dem Leib zu kotzen. Nachdem ihr Magen leer war, ihr Schädel noch mehr schmerzte und sie sich um einiges beschissener fühlte, wankte sie zurück zu ihrem Bett. Sie warf die Tablette ein und entschied sich fürs Liegenbleiben. Sie brauchte dringend Schlaf und Ruhe. Noraja schaltete den Fernseher ein und keine halbe Stunde später, war sie bereits wieder eingeschlafen.

Jason starrte auf das Handy. Hatte sie jetzt wirklich einfach aufgelegt? Er schüttelte mit dem Kopf, fragte sich dann aber, was er eigentlich erwartet hatte.Ja, sie ist eindeutig anders.Nach kurzem Überlegen, was jetzt noch alles erledigt werden musste, entschied er sich dafür, einkaufen zu gehen. Noraja hatte mehr als deutlich gemacht, dass er mit seinen Anzügen bei ihr nicht punkten konnte und etwas anderes hatte sein Kleiderschrank nicht zu bieten. Er suchte seine Schlüssel, zog sich eine Jacke über und verließ die Wohnung. Nach vier Stunden kam er genervt, aber mit den Armen voller Tüten, wieder zu Hause an.
Er hatte sich einmal komplett neu ausgestattet. Shirts, Hosen, Schuhe und Hemden. Sein Blick huschte durch die Wohnung. Er öffnete leise die Schlafzimmertür und da saß Nadine, vor ihrem Spiegel, mit dem Handy in der Hand und verkaufte wieder irgendwelchen sinnlosen Müll. Sie bemerkte ihn nicht, also schloss er die Tür, nahm sich ein Bier und warf sich auf die Couch.
Dann wollen wir doch mal schauen, was wir so über Noraja und ihre Firma herausfinden können.Nach über einer Stunde gab er verzweifelt auf. Bis auf wenige namentliche Nennungen war rein gar nichts zu finden, weder über Noraja noch über ihre Firma. Beides schien online so gut wie nicht zu existieren und das verwunderte Jason wirklich. Es war kaum möglich, in der heutigen Zeit, im Netz nicht auffindbar zu sein. Er schaltete den Fernseher an und zog sich eine Decke über den Körper. Seine Gedanken schweiften ab und landeten bei seiner Beziehung zu Nadine. Konnte man das überhaupt noch Beziehung nennen? Schon seit einiger Zeit lebten beide irgendwie ihr eigenes Leben, aber er konnte es sich auch nicht ohne sie vorstellen. Er liebte Nadine und hoffte, dass ihre Beziehung nur eine komische Phase durchmachte.

Noraja - Dead Or Alive ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt