Kapitel 19

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Weinend sass ich an Julies Krankenbett. Durch die tiefen Wunden in ihrem Unterarm hatte sie zu viel Blut verloren und war ohnmächtig geworden. Seit einer halben Stunde sass ich bei ihr und wartete darauf, dass sie endlich aufwachte. Doch es geschah nichts. Die Türe öffnete sich. "Louisa?", fragte Kevin vorsichtig, "Willst du nicht wieder in dein Zimmer gehen? Ich kann auf Julie aufpassen." Ich schüttelte nur traurig den Kopf. "Nein, ich bleibe hier!" Kevin seufzte, akzeptierte dann aber meine Entscheidung und verliess das Zimmer. Eine Viertelstunde später klopfte es an der Türe und Frau Willer kam herein. "Willst du wirklich warten, bis sie aufwacht?", fragte sie mit ihrer heiseren, gutmütigen Stimme. Doch ich blieb stur. "Es könnte sehr lange dauern!", erinnerte sie mich. "Ich bleibe!", sagte ich entschlossen. Ich spürte, dass Frau Willer mich davon abhalten wollte, bei Julie zu bleiben. Doch nach ein paar Minuten des Schweigens verliess auch sie wieder das Zimmer. Eine weitere halbe Stunde sass ich bei Julie. "Bitte wach dich auf!", flüsterte ich besorgt. Was, wenn sie nicht mehr aufwachen würde? Ich biss mir auf die Lippe und versuchte, den Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben. Die Tür knarrte leise, zwei Personen betraten das Zimmer, Lena und Marie. "Wollt ihr mich auch davon abbringen, hier zu bleiben?", fragte ich misstrauisch. "Nein!", sagte Lena, "Wir wissen, dass wir dich nicht umstimmen können. Wir wollen auch hierbleiben!"

Ich lächelte, sie waren wirklich gute Freunde! Wir warteten, Sekunde um Sekunde, Minute um Minute, Stunde um Stunde. Den ganzen Tag sassen wir an Julies Krankenbett. Wir sagten kaum etwas, die Stimmung war bedrückt. Am Abend, kurz vor dem Abendessen, bekamen wir wieder Besuch. "Nicht euer ernst, oder?", fragte Kevin genervt. "Ja, wir sind immernoch hier!", sagte ich genervt, "Was willst du dagegen tun?" "Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als auch hierzubleiben", sagte er und liess sich neben mir nieder. Ein Lächeln huschte ich über meine Lippen. Hatte Kevin es gesehen? Er rutschte etwas näher zu mir und griff nach meiner Hand. Mein Gesicht glühte und ich fürchtete, rot zu werden. Da zog er mich zu sich heran und küsste mich. Erst als Marie und Lena laut loslachten, lösten wir uns wieder voneinander. "Was treibt ihr da eigentlich?", fragte Lena amüsiert. Beschämt drehte ich den Kopf weg, auch wenn nur Kevin es sehen konnte. "Oh entschuldige", spottete Kevin, "Fürs knutschen müssen wir ja raus gehen. Nicht, das du dich noch übergibst!" Marie und ich amüsierten uns prächtig über diese kleine "Diskussion". "Sei froh, dass ich dich nicht sehen kann!",lachte Lena.

Schnell beruhigten wir uns wieder. Wie lange sassen wir denn schon hier? Keiner wusste es. Doch plötzlich hörte ich, wie sich im Krankenbett etwas bewegte. Endlich, Julie war aufgewacht! "Ihr habt echt so lange auch mich gewartet?", fragte sie gerührt, nachdem wir ihr die ganze Geschichte erzählt hatten. "Ja, das haben wir!", sagte ich, stolz, es wirklich durchgezogen zu haben. Wir verständigten den Arzt. Dieser wollte Julie untersuchen und wir verliessen das Zimmer, sonst wären wir eh nur im Weg gewesen. Ich war immer noch in voller Aufruhr. Doch eine Tatsachen beruhigte mich sehr. Julie ging es gut!

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