Die tiefstehende Sonne lässt die hektische Stadt langsam zur Ruhe kommen. Ich schaue gern in den Himmel. Vor allem nachts, wenn ich oft stundenlang auf der Veranda sitze und rauche. Es klingt kitschig, aber der Gedanke, dass sie einer dieser unzähligen Sterne ist, befriedigt mich auf seltsame Art und Weise.
Gerade habe ich jedoch nur Augen für Emma. Dabei hatte ich mir geschworen, mich von ihr fernzuhalten. Ich verstehe nicht, wie sie das tun konnte. Bisher dachte ich, sie wäre eine clevere Frau, aber spätestens seit ich diesen fetten Klunker an ihrem Finger gesehen habe, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Natürlich weiß ich nicht viel über diesen Typen. Sie redet ja nie über ihn, was mir recht ist. Eins weiß ich jedoch. Glücklich ist sie nicht.
Um das zu erkennen muss man kein Experte sein. Man muss nur genau hinschauen. Deshalb konnte ich sie auch nicht hängen lassen, als mich ihr versteckter Hilferuf erreicht hat. Dass ich mich allerdings mit ihr treffe, war nicht geplant. Und dass sich bei ihrem Anblick dieses widerliche Lächeln auf mein Gesicht schleicht, schon gar nicht.
Jap. Daniel hatte recht. Ich bin masochistisch veranlagt.
Aber wieso soll man es schnell und schmerzlos hinter sich bringen, wenn man auch langsam und qualvoll verrecken kann? So hat man mehr davon.
Wie so oft sitzt Emma auf dieser Schaukel. Immer wider fliegt sie durch die Luft. Ihre wilde Mähne weht dabei im Wind. Bei diesem Anblick muss ich automatisch wieder an ein kleines Mädchen denken, obwohl ich mir pausenlos vor Augen führe, dass sie eine erwachsene Frau ist. Eine, die tun und lassen kann, was sie will. Und wenn sie diesen Schmierlappen heiraten will, dann soll sie es tun. Meinen Segen hat sie.
Wenn man sich selbst verarscht, lacht man dann eigentlich auch?
Stöhnend fahre ich mir durchs Gesicht. Ganz egal, woher diese Stimme kommt – sie geht mir tierisch auf die Eier! Außerdem stimmt das, was sie mir ständig sagt, nicht mal. Ich bin nur gegen diesen Typen, weil er Emma nicht guttut. Das ist alles.
Ich ignoriere das laute Gelächter in meinem Kopf und setze meinen Weg fort. Genauso wie an dem Tag, als wir nach Yosemite gefahren sind, singt sie leise. Den Text verstehe ich zwar nach wie vor nicht, aber die Melodie erkenne ich wieder.
Memo an mich selbst: Ich sollte mir dringend ein deutsches Wörterbuch zulegen.
Eigentlich kann ich mit Büchern nicht viel anfangen. Auf der Highschool habe ich unsere Lehrer schon verflucht, wenn sie uns mit ihren komischen Lektüren gequält haben. Den Literaturkurs habe ich zwar freiwillig besucht, aber bestimmt nicht wegen der tollen Texte. Damals hatte ich eben eine Schwäche für junge Dozentinnen mit Dutt und Brille. Vor allem Miss Barnes war ein echt scharfes Gerät und es alle mal wert, mich mit Hemingway, Platon und wie sie alle hießen bombardieren zu lassen. Meine Leistungen in der Schule waren gut. Sogar ein Stipendium habe ich bekommen. Im Sportmanagement zu arbeiten, kommt für mich allerdings nicht infrage. Dieser ganze Kram war mir auf dem College schon zu trocken. Umso froher war ich, als ich nach dem Abschluss die Zusage der Lakers bekam. Bis heute erinnere ich mich an diesen Tag. Ich sehe sie vor mir. Wie ein Flummi ist sie auf und ab gehüpft. Gott, die Frau hat sich mehr gefreut als ich.
Kopfschüttelnd versuche ich, diese Erinnerungen loszuwerden und begebe mich zu Emma. »Hi«, begrüße ich sie und erschrecke, als sie sich zu mir umdreht.
»Hey.« Sie versucht zwar, unbeschwert zu klingen, aber ihr Gesichtsausdruck scheint andere Pläne zu haben. Das sehe ich. Dabei würde ich mich nicht gerade als den sensibelsten Menschen auf Erden bezeichnen. Auch, wenn meine Mutter gern das Gegenteil behauptet. Aber Mütter müssen so etwas sagen. Für sie sind ihre Kinder die tollsten Menschen auf der Welt. Ganz egal, wie viele Fehler sie haben.
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Where Doubts should be silent
RomantikMan könnte es Schicksal nennen, dass Emma Schmidt und Tom Davis - zwei Menschen, die aus unterschiedlichen Welten kommen - durch einen lauten Knall aufeinandertreffen, der ihr Leben ordentlich durcheinanderbringt. Dabei ist dem Feuerwehrmann und der...