Teil 1

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Tom schaute aus dem Fenster des vollgepackten Tesla Model 3. Mit einem Ohr hörte er Tonys Monolog über die besten Jahre seines Lebens die ihm nun bevor stünden. Er erzählte von allen Mädchen, die er schon auf Instagram angeschrieben hat. Sie waren noch nicht mal in Cambridge angekommen und schon schien es, als wäre Tonys Terminkalender bis zum dritten Semester mit Partys und belanglosen Dates ausgebucht. Tom wusste, dass er, entgegen seinem Willen, auf einigen dieser Partys anwesend sein musste. Partys waren noch nie sein Ding, aber er hatte Tony versprochen sich dieses Mal Mühe zu geben Freunde zu finden. Doch er musste zugeben, dass dies nicht die schlechteste Idee war. Vielleicht lernte er hier endlich jemanden kennen, der ihn verstand. 

Seit der Grundschule war Tony seine einzige Bezugsperson und er befürchtete, dass er zwischen den ganzen Partys und Frauen wenig Zeit für ihn haben würde . Sie gingen zwar noch zur selbe Uni,hatten aber keine gemeinsamen Kurse mehr. Tony studiert natürlich Economics, so wie es sein erfolgreicher Vater für Ihn vorgesehen hatte. Etwas anderes wäre für den Jungen, dessen größtes Vorbild Elon Musk war, nicht in Frage gekommen. Deshalb hatte er zum Abschluss den Tesla von seinen Eltern geschenkt bekommen. Tom hatte sich für seinen besten und einzigen Freund natürlich gefreut,war aber auch ziemlich neidisch. Er hatte von seinen Eltern einen 30 £ Amazon Gutschein bekommen. Dies zeigte ihm nur wieder, dass seine Eltern diesen wichtigen Tag, der vermutlich der wichtigste Tag in seinem Leben war, vergessen hatten und nur eben kurz vor der Feier als Notlösung an der Tankstelle gehalten hatten. Er konnte den Gutschein bestimmt für Uni Lektüren nutzen, aber durchdacht war dieses Geschenk auf keinen Fall. Wenigstens muss Tom seine Eltern nun nicht mehr sehen. Endlich kann er sein eigenes Leben führen und sich seine eigene Zukunft gestalten. Er ist zwar kein Fan von Partys und vielen Menschen aber in Cambridge kann er endlich Englische Literatur studieren und seinen Traum verwirklichen.

In Vorbereitung auf sein Studium hatte Tom seine Ferien damit verbracht alle klassischen Werke, die er kannte, noch einmal zu lesen. Diese waren, mit seinen wenigen schwarzen Kleidungsstücken, in zwei Kisten untergebracht. Tony hingegen schien sein komplettes Zimmer in dieses Auto gestopft zu haben. Wenigstens musste er sich so keine Sorgen machen, dass seine Kisten bei Tonys schrecklicher Fahrweise umkippen. Seine Bücher sollten unbeschädigt in Cambridge ankommen, da dies der einziger Besitz war, der Tom überhaupt etwas bedeutete.

In diesem Moment bog Tony auf den Parkplatz des Wohnheims ein. Die Fahrt hatten sie schonmal unversehrt überlebt. Auf dem Parkplatz waren etliche andere Studenten, die wie aufgescheuchte Hühner ihre Zimmer suchten. Tom hoffte zutiefst, dass keiner dieser aufgedrehten Studenten sein Mitbewohner war.

Tony parkte das Auto schief und ziemlich raumgreifend ein und schaltete den Motor aus. Tom ließ sich ein letztes Mal in den Sitz sacken und atmete tief ein und aus. Ihn hatte noch nicht so richtig die Motivation gepackt, sich diesen Menschenmassen zu nähern. Tony hingegen war voller Vorfreude auf die erste Party, die direkt heute Abend startete.

„Das wird so ein geiles Jahr!" Tony grinste von einem Ohr zum Anderen. Tom konnte diese Freude nicht teilen. Am liebsten würde er die ganze Nacht im Auto verbringen und erst aussteigen, wenn alle anderen Studenten weg waren. Aber in dem Moment hatte Tony auch schon die Tür geöffnet und begann seine Kisten auszuräumen.

Es kostete ihn viel Überwindung, aber schließlich raffte auch Tom sich auf und stieg aus. Tony war bereits in erste Gespräche mit langweilig aussehenden College Studenten verwickelt. Schnell nahm Tom seine Sachen aus dem Auto, verabschiedete sich mit einem kurzem Wink von Tony und machte sich auf dem Weg zu seinem Dorm Room. In einer Mail hatte er vor einigen Wochen schon seine Zimmernummer erhalten. 78, also vermutlich im Erdgeschoss. Er lief an den ersten offenen Zimmertüren vorbei und sah wie sich verschiedenste Studenten einrichteten. Bei den meisten konnte er den Studiengang leicht erraten. In einem Zimmer sah er ein Lebensgroßes Skelett. Da war es nicht schwer zu erkennen, dass das blonde Mädchen Medizin studierte.

Endlich entdeckte er am Ende des Flures die Zimmernummer 78. Mit dem Fuß stoß er die angelehnte Tür auf und der Geruch von Axe Bodyspray stieg ihm unangenehm in die Nase. Im Raum stand ein blonder Muskelberg. Er sah aus wie das Cover einer Menshealth Zeitschrift. Auf einem der beiden Schränke standen bereits große Protein Pulver Dosen und zwei Kurzhanteln. An einer Wand hingen Trikots von Sportmannschaften die Tom nicht zuordnen konnte. Mannschaftssport war, genauso wie Partys, nicht sein Ding. Tom verfluchte den Mitarbeiter, der für die Zimmerverteilung zuständig war. Natürlich musste Tom mit so einem Typen das Zimmer teilen.

„Hallo", seufzte Tom, bemüht freundlich zu wirken. „Ich glaube, ich bin dein neuer Mitbewohner." Sein Zimmergenosse drehte sich um und sah ihn freudestrahlend an. Ehe Tom sich versah steckte er schon in einer Umarmung mit dem großen Blonden Mann.

"Schön dich kennenzulernen! Ich bin Thor."

Tom empfand diese Situation als äußerst unangenehm, doch antworte trotzdem etwas erdrückt: "Ich bin Tom. Tom Riddle."

"Schön dich kennen zu lernen Tom, wir werden ne geile Zeit haben hier."

"Ja, bestimmt", murmelte Tom vor sich hin.

"Ich studiere Sport und Mathematik auf Lehramt. Und du?"
Natürlich Sport. Was sonst. Jeder Gym Dude studiert Sport, dachte Tom. In seiner Vorstellung bestand das ganze Studium nur aus Fitnessstudio, Turnübungen und Joggen.

"Englische Literatur", antwortete Tom knapp. Er war sich nicht sicher, ob er das Versprechen, dass er Tony gegeben hatte halten konnte. Neue Freunde finden ist nicht so leicht, wenn alle um einen herum so anders sind als er selber. Thor redete noch weiter vor sich hin aber Tom hörte ihm kaum noch zu. Er schaute sich weiter im Zimmer um. 2 Betten, 2 Schränke und 2 Schreibtische. Luxuriös ist es hier ja nicht aber das war er auch nicht von zuhause gewohnt. Seine Seite des Zimmers war zum Glück nicht belegt mit Sportgeräten und Pulvern. Er öffnete den ersten Karton mit seinen wenigen Dingen. Seine Kleidung hing er im Schrank auf und die Bücher ordnete er sorgfältig auf seinem Schreibtisch und Schrank. Er sollte sich vermutlich noch ein weiteres Regal anschaffen, da er noch einige weitere Bücher anschaffen musste. An seinen neuen Mitbewohner musste Tom sich definitiv noch gewöhnen aber es ist besser als sein Elternhaus. Alles wäre besser als sein Elternhaus.

Einige Stunden waren seit der Ankunft in seiner neuen Heimat bereits vergangen. Thor war seit etwa einer halben Stunde weg. Vermutlich auf irgendeiner Party oder im Fitnessstudio. Tom saß alleine auf seinem Bett und las. Er las immer. Bücher waren sein Zufluchtsort wenn er sich nicht wohl fühlte oder Zeit für sich brauchte.

Ähnlich ging es ein Stockwerk höher und auf der anderen Seite des Dorm-Blocks auch einem andern Jungen. Legolas war jedoch nicht alleine. Katara saß auf seinem Schreibtischstuhl und drehte darauf mehrere, gelangweilte runden, Taylor sah sich ihr mittlerweile drittes Outfit im Spiegel an und Legolas lag auf seinem Bett mit einem Buch vor der Nase, von welchem er nur aufsah, wenn Taylor seine Meinung verlangte. Er hatte Taylor vor ungefähr einem Jahr auf der Party eines gemeinsamen Freundes kennengelernt und bis vor einem Monat nicht viel mit ihr gesprochen, aber zumindest kannten sie sich und verstanden sich auch ganz gut. Katara hatten die beiden heute morgen kennengelernt. Sie war schon am Tag zuvor in ihr Zimmer gezogen und bot den beiden ihre Hilfe an. Da sie auch mit ihnen englische Literatur studierte, wollten sie sich gemeinsam auf das Semester vorbereiten, und nun waren sie hier.

"Was ist mit dem hier?", fragte Taylor und zeigte Legolas ein goldenes Pailletten Top, welches sie gerade angezogen hatte. Legolas sah auf, den Finger in sein Buch gelegt, um die Zeile nicht zu verlieren.

"Mhh, das Rote fand' ich besser." Er setzte sich auf und warf ein Lesezeichen zwischen die Seiten seines Buches. "Du bist jetzt schon mindestens eine halbe Stunde am anprobieren, hast du nicht mittlerweile mal was gefunden?"

"Es kann ja nicht jeder Sachen von seinem Vater gekauft bekommen, die auch noch gut aussehen.", seufzte Taylor und schlüpfte aus ihrem Oberteil. Sie schämte sich nicht. Nicht vor Legolas. Sie wusste, dass er sie nicht blöd anmachen, oder Gott weiß was probieren würde. Er hatte keine Freundin, aber zwischen ihnen wird nie etwas laufen.

"Was der mir aussucht zieh ich nicht an.", nuschelte Legolas und legte sein Buch auf den Nachttisch. Er war sich nicht sicher, ob die Anderen ihn hören oder verstehen konnten, aber das war auch egal. Er war froh endlich seine eigenen Entscheidungen treffen zu können und wollte nicht durch ein blödes party Outfit daran erinnert werden, dass er dies für die ersten 18 Jahre nicht konnte. 

End Of The DayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt