FÜNF

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Jeongguk

Die kühle Luft hier draußen war um Längen erfrischender, als ich es erwartet hatte. Es war fast so, als hätte ich etwas geschafft — und irgendwie war es auch so. Ich hatte Taehyung von dort weggebracht, zwar bis jetzt nur nach draußen, aber allein die Tatsache, dass ich eine gewisse Erleichterung verspürte, zeigte doch, dass dort drin auf den Toiletten noch etwas in der Luft lag.

»Kann ich-« Beinahe hätte ich ihn überhört, so leise und so überraschend fing er plötzlich an zu sprechen. Taehyung wurde mit einem Mal schwerer in meinen Armen, bis er schließlich von mir weg gegen eine Hauswand stolperte. »Taehyung!«, rief ich seinen Namen und lief ihm hinterher, um ihn noch auffangen zu können, sollte er immer noch nicht sicher genug allein auf den Beinen sein. Doch ich musste ihn nicht auffangen — er setzte sich von selbst gegen die Wand und vergrub seinen Kopf zwischen seinen Knien.

Wieder sah ich einen Moment auf ihn herab — sprachlos, wie in dem Moment, in dem ich ihn auf dem Toilettenboden sah. Es machte mich traurig. Er hatte keine Kraft mehr. Ich setzte mich zu ihm auf den Boden und schloss erneut meine Arme und ihn. Ich konnte nur seine zittrigen Atemzüge hören — er weinte nicht. Sein kompletter Körper zitterte, doch ich glaubte nicht, dass er das überhaupt noch wirklich wahrnahm. »Taehyung, alles okay?« Ich wusste nicht so recht, ob das tatsächlich eine Frage war, oder vielmehr eine Absicherung, die ich ihm geben wollte, dass hier alles in Ordnung war — dass er sicher war.

Nach ein paar Augenblicken löste ich mich ein Stückweit von dem zitternden Jungen und versuchte dann, auch seine Umklammerung um sich selbst vorsichtig zu lösen. Gott sei Dank war hier draußen nicht allzu viel los. Es waren zwar ein paar Leute hier, doch die schienen sich glücklicherweise nicht für uns zu interessieren — wir könnten nur weitere zwei Junkies sein, die gerade ihren Trip aussaßen.

Taehyungs Augen waren geschlossen und er drückte sich zitternd und beinahe gewaltsam gegen die Wand neben sich. Seine Glieder waren schwach — er war wie in sich selbst zusammengefallen. Taehyung war total erledigt. Ich sollte ihn lieber schnell nach Hause bringen, damit er sich endlich richtig ausruhen konnte. Vermutlich verließ der Schock ihn allmählich und sein Körper, sowie sein Geist, versuchten jetzt, erstmal herunterzufahren, um neue Kraft zu sammeln.

Es vergingen ein paar weitere Minuten und ich bestellte uns ein Uber. Der Schwarzhaarige hatte endlich aufgehört zu zittern und schien nun tatsächlich eingeschlafen zu sein. »Taehyung, hey.«, versuchte ich ihn aufzuwecken und rüttelte zusätzlich sanft an seinem Arm. »Wach auf, ich bring dich nach Hause.« Er reagierte weder auf meine Stimme, noch auf das Rütteln. Ich seufzte geschlagen und ließ meinen Kopf gegen die Wand fallen. Taehyung schlief und eigentlich wollte ich ihn auch gar nicht aufwecken. Er sollte lieber schlafen. Keine Ahnung, was ihm vorhin genau passiert war, aber ich musste auch nicht jedes Detail wissen, um sagen zu können, dass es vermutlich grauenvoll war. Schlaf war also wohl das beste, das ihm gerade passieren konnte.

Bis der Uber kam würde es noch etwa zehn Minuten dauern. Ich fuhr wie vorhin mit meinen Fingern durch seine Haare, was ihn wohl noch mehr entspannen ließ. Sein klammernder Griff um seine Knie lockerte sich und er sank immer weiter in sich zusammen. Seine Position sah unheimlich unbequem aus, weshalb ich ihm mit einem schnellen Handgriff unter die Achseln fuhr, ihn etwas anhob und in meinem Schoß ablegte.

Auch mein Kopf kam etwas zur Ruhe, wenn ich Taehyung so schlafen sah. Ich kannte ihn nicht — hatte ihn vor zwanzig Minuten das erste Mal gesehen — und dennoch war es mir wichtig, dass es ihm gut ging. Ich war beinahe froh, dass ich ihn gefunden hatte. Dadurch wurde mein Abend komplett umgeschmissen — die lockere Clubnacht total vergessen —, aber ich wünschte mir nicht, dass es anders gekommen wäre. Ich war froh, dass ich ihm jetzt helfen konnte.

BEING WITH HIM, kookvWo Geschichten leben. Entdecke jetzt