II - Der Zug

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» Gerade rechtzeitig kleiner Mann. «

Ein kräftiger Mann, mit schwarzer Hose und einem rotem Jackett, welches von goldenen Knöpfen und weißem Muster geziert war, stand direkt vor mir. Als ich zu ihm aufblickte, bückte er sich und nahm mir das Stück Papier aus dem Mund. Ohne widerstand überlas ich ihm den Zettel. 

» Einmal zum Herzen also. Da hast du aber eine lange Reise vor dir, Kleiner. «

Ein metallisches klacken bestätigte es. Ich war im richtigen Zug. Der Herr gab mir mein Ticket zurück und stand wieder auf. Anschließend trat er einen Schritt zurück, um mir meinen Weg frei zu machen. Ich trat einige Schritte nach vorne ohne zu wissen was auf mich zukommen würde. Ich blickte in den Wagon, welcher sich vor mir erstreckte. Links und rechts saßen Menschen, versunken in Zeitungen und Büchern, weit entfernt von jeglicher Realität. Es war so still. War es doch gerade noch ein Tsunami aus Geräuschen, so wurde er gerade zu einer Quelle im Wald. Nur der warmwerdende Kessel der Dampflokomotive war zu hören. Ich drehte mich in die andere Richtung, um zu sehen, was mich erwartete. Noch immer stand der Mann hinter mir und beobachtete mich. Doch auch die andere Richtung sah nicht anders aus. Ich blickte ein letztes mal zum Mann auf. 

» Du musst in diese Richtung «

sagte er und zeigte in die Richtung, in welche der Zug später losfahren würde. Ich versuchte mich dankbar zu zeigen und tappte los. Pfote für Pfote hatte ich das Gefühl von den Personen beobachtet zu werden. Doch keiner von ihnen bemerkte mich auch nur annährend. So schlich ich voran. Wagon für Wagon. In jedem war es gleich. Die Menschen gaben keine Worte von sich. Nach einer Weile hörte ich in einer der nächsten Wagons ein Baby schreien. Als ich mich dem Wagon näherte, konnte ich auch die Mutter hören, wie sie versuchte die unsichtbaren Dämonen, welche ihr Baby angriffen, zu bekämpfen. Doch was sie auch tat, nichts konnte ihren Sohn vom Weinen abhalten. Nachdem ich die Mutter und ihr Baby passierte, streifte ich weiter durch die unheimlichen Wagons. 

Nachdem ich nun schon mindestens 7 dieser Geister-Wagons durchquert hatte, erschreckte ich, als ich plötzlich lautes Gelächter vernahm. Es kam direkt aus dem Wagon vor mir. Langsam näherte ich mich dem Wagon. Als ich endlich einen Blick erhuschen konnte, sah ich mehrere Männer, welche offenbar Alkohol konsumierten. Einer von ihnen hatte eine Zigarre in der Hand, während der andere gerade den Krug in seinem Rachen entleert hatte. Ich betrat den Raum und versuchte mich vorsichtig unter dem Tisch entlang zu schleichen. Nachdem ich beinahe vom Fuß einer der Männer getreten worden wäre, schrie einer der Kerle plötzlich los.

» FRAU KELLNERIN, Ha! Nun bringen Sie mir schon endlich das zweite Tablett! «

worauf kurze Zeit später die Antwort erfolgte: 

» Natürlich Herr Tahlmann! «

Kurz bevor ich das Ende des Tisches erreichte schoss eine Frau durch die enge Tür, welche direkt vor mir lag. Direkt nachdem die Frau den Raum betrat, rannte ich los, um dem Trunkenen-Bund zu entkommen. Kaum war ich dem Rauch und dem Biergeruch entkommen, wurde ich von Düften aller nur vorstellbaren kulinarischen Köstlichkeiten überströmt. Scheinbar war ich im Boardretaurant gelandet. Doch ich wusste, dass ich mich hier nicht lange aufhalten konnte, deshalb zwang ich mich weiter zu gehen. 

Nachdem die nachfolgenden Wagons den ersten ähnelten, bemerkte ich nach einiger Weile einen weißen Punkt vor meiner Nase, welcher mit einem Aufkleber unter einem der Sitze angebracht war. Ich näherte mich dem Aufkleber und erkannte einen weiteren, welcher etwa zehn Sitze weiter vorne befestigt war. Nachdem ich diesen erreichte, konnte ich einen weiteren erkennen, welcher in der Tür hing. Langsam näherte ich mich auch dem scheinbar letzten Aufkleber. Ich setzte mich vor ihn. Er befand sich direkt zwischen zwei Wagons. In der Hoffnung einen weiteren zu erspähen, blickte ich mich um, als sich aus dem nichts direkt vor mir, in der Seitenwand der Tür ein kleines Loch öffnete. Dort wo eben noch der Aufkleber war, befand sich nun eine Tür mit weißem Rahmen, durch welche nur ich passen konnte. 

Die Reise zum HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt