Der Spion

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Grade geht ein Spion zur Festung. Er hatte sich Liams Reden mit angehört. Der Spion bleibt an einem großen Gebäude stehen und blickt in Richtung Hafen. Dort sieht er, wie die Sonne aus dem Meer auftaucht. Ein wunderschönes Rot, denkt er sich, leider wird dieser Sonnenaufgang zu dem heutigen Tag passen. Dann dreht er sich wieder um und geht zügig weiter Richtung Festung und Palast.

Nach einer guten Stunde Fußmarsch erreicht er das Torhaus der Festungsmauer. Es befindet sich so wie die gesamte Festung auf einem Hügel. Zwei Soldaten der Königsgarde in ihren schwarzen Rüstungen stehen vor dem verschlossenen Tor. Er geht auf sie zu. Natürlich kreuzen sie ihre Piken, um ihm den Durchgang zu versperren.

Beide blicken dem Spion ins Gesicht und einer sagt abfällig: Was wollt ihr hier?

Der andere ergänzt: Wieso schon zu so früher Stunde unterwegs? Ihr wisst, dass der König Bittsteller erst ab neun Uhr hier rein lässt, außerdem hat er uns befohlen, heute alle abzuweisen. Habt ihr das verstanden?

Wie spät ist es denn?, fragt der Spion.

Der eine Soldat sagt etwas genervt: Schaut doch einfach auf die Sonnenuhr.

Der Spion blickt zur Sonnenuhr über dem Torhaus. Es ist eine der wenigen Sonnenuhren im Adlerreich. Nur wenige sehr große Städte besitzen eine Sonnenuhr, da es kaum jemanden im Adlerreich gibt, der in der Lage ist, eine solche herzustellen. Auf ihr ist zu erkennen, dass es erst gegen sieben Uhr sein muss.

Der Spion schaut die Soldaten der Königsgarde wieder an: Ok, es ist erst gegen sieben Uhr, aber es ist unabdingbar. Ich muss jetzt den König sprechen.

Der linke Soldat sagt darauf energisch: Nein. Geht wieder.

Der Spion erwidert ohne zu zögern: Ich bin ein Informant und bringe Kunde von seinem Bruder. Ich bitte darum, diese Nachricht nur persönlich zu überbringen. Also öffnet das Tor und bringt mich zu unserem König.

Die Soldaten wechseln einen nachdenklichen Blick: Ihr seid also Informant und überbringt wichtige Kunde über den Bruder des Königs. Gibt es eine schriftliche Version zu dieser Information?

Der Spion schaut kurz zu Boden und antwortet: Leider nicht. Ich hatte keine Zeit sie niederzuschreiben.

Die beiden Soldaten unterhalten sich leise und der Spion schaut wieder auf die Sonnenuhr. Hoffentlich beeilen die sich. Dann geht sein Blick quer über die Festungsmauer. Wie will Liam nur diese Mauer erklimmen, sie ist schließlich zehn Meter hoch. Der Spion schaut ungeduldig wieder die beiden Soldaten an. Sie hören auf miteinander zu reden. Sie hatten sich demzufolge entschieden.

Der linke Soldat sagt: Gebt uns bitte die Informantenpapiere, um euch auszuweisen.

Jeder Spion muss diese Papiere stets bei sich tragen, ansonsten darf er nicht außerplanmäßig in die Festung gehen. Die Informantenpapiere werden jedem Spion ausgehändigt, wenn er dem König absolute Loyalität zollt. Jedes Jahr muss er drei Berichte beim König abgeben über die Stimmung in der Bevölkerung oder das Verhalten einer einzelnen Person. Natürlich müssen die Berichte in allen Punkten begründet werden.

Falls ein Spion dies nicht schafft, wird er entlassen. Er darf nicht mehr für den König arbeiten und verliert seine Zunge damit er nichts über die Spione aussprechen kann. Es ist unter Theowolfs Herrschaft noch nie so weit gekommen, dass er einen Spion entlassen musste, da alle Berichte immer sehr gut begründet und pünktlich bei ihm eingereicht werden. An einigen Tagen ist Theowolf stundenlang damit beschäftigt, die Berichte zu lesen.

Der König vertraut seinen Spionen zwar, aber nachdem ein Bericht eingereicht wird, schickt er einen weiteren Spion los, um sich alles durch einen Zweiten bestätigen zu lassen. Wenn beide Berichte im Großen und Ganzen übereinstimmen, werden dementsprechend Schritte eingeleitet, um zum Beispiel einen Aufstand zu verhindern oder einen Kriminellen zu verhaften.

Der Spion vor den Festungsmauern reicht dem linken Soldaten die Papiere, dieser zeigt sie dem Anderem. Der Spion beobachtet, wie sie die Richtigkeit der Informantenpapiere überprüfe. Diese scheinen korrekt zu sein. Der Spion bekommt sie zurück, doch noch darf er nicht passieren. Die Soldaten beobachten, wie der Spion die Informantenpapiere wieder verstaut.

Diesmal spricht der rechte Soldat: Falls ihr Waffen bei euch tragt, gebt sie uns bitte. Zudem werdet ihr heute abgetastet. Dafür müsst ihr euch an die Festungsmauer stellen. Ihr bekommt eure Waffen beim Verlassen der Festung wieder zurück.

Der Spion scheint etwas erstaunt: Ich wurde noch nie abgetastet, ist das neu?

Der eine Soldat nickt: Zumindest am heutigen Tag werden alle abgetastet. Heute sind die Friedensverhandlungen und es darf zu keinem Zwischenfall, geschweige denn einem Mord kommen.

Der Spion gibt den Soldaten seine Waffen, ein Kurzschwert und ein Messer. Dann stellt er sich an die Festungsmauer. Er wird sehr gründlich von Kopf bis Fuß abgetastet.

Nach zwei Minuten sagt der Soldat, der ihn abtastet: Fertig.

Er tritt drei Schritte zurück und nickt dem anderen Soldaten zu und sagt: Wartet bitte hier.

Dann blickt er nach oben und schreit zu den Soldaten der Königsgarde auf dem Tor: Hier ist ein Informant, verständigt Theowolfs Leibwächter und öffnet dann das Torhaus.

Von oben wird laut zurückgeschrien: Ok.

Drei Minuten später wird das Fallgitter hochgezogen und das Tor geöffnet. Fünf Leibwächter, sie tragen ebenfalls schwarze Rüstungen. Der einzige Unterschied zur königlichen Garde ist, dass auf der Rüstung der Leibwächter zusätzlich eine goldene Krone abgebildet ist. Ein Leibwächter Königs kommen auf den Spion zu.

Er bleibt vor ihm stehen und sagt: Folgt uns!

Der Spion tut wie ihm geheißen. Er folgt den Leibwächtern in die Festung. Hinter ihm schließt sich das Tor. Als sie den Platz vor dem Palast erreichen, hört der Spion, wie das Fallgitter laut auf dem Boden aufschlägt.

Lambia 1 - Die zwei ReicheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt