Die Spannung zwischen den beiden löste sich und Yososhi zog Pica mit einem freudigen Lächeln in seine Arme.
„Meine Güte ist das lange her!", stellte er verblüfft fest und ignorierte, dass die Elster seine Umarmung nicht erwiderte.
„Was machst du hier?", erkundigte Pica sich steif, während er den Djinn ungelenk von sich schob. Er spürte Delichons stechenden Blick auf sich liegen, was ihn seinen Kopf in eine andere Richtung drehen ließ. Delichon teilte ihren Djinn nicht sehr gerne mit anderen und vor allem teilte sie Yososhi nicht mit ihm. Aus irgendeinem Grund schien sie Pica immer als eine Art Konkurrenten gesehen zu haben. Auch wenn die Elster das als lächerlich empfand, wo die Seelenvögel doch alle fest an ihre Djinn gebunden waren.
„Darf ich meine zwei ältesten und einzigen Freunde denn nicht besuchen?", fragte der Djinn überrascht und verschränkte die Arme vor dem Körper, um seiner Empörung mehr Ausdruck zu verleihen.
„Unser Wald wurde nieder gebrannt und wir mussten fliehen. War ja klar, dass uns das zu Samaya und... dir bringen würde", korrigierte Delichon, was Yososhi nur genervt die Augen verdrehen ließ.
Pica nickte schweigend, während er seinen Blick auf die Umgebung um sie herum wandern ließ. Es wunderte ihn, dass die beiden sich ausgerechnet nach London flüchteten. Schließlich hasste Yososhi alles Menschengemachte und Großstädte ganz besonders. Samaya hingegen fand Gefallen an dieser Stadt. Nicht nur wegen des Clock Towers. Auch weil sie der Auffassung war, dass man in einer Metropole dieser Art besonders gut den Wandel der Zeit mitverfolgen konnte. Hier trafen alte Gebäude auf neue und ständig wurde weiter gebaut. Alte Häuser wurden abgerissen und durch neuere, modernere ersetzt oder aber das Umland wurde weiter ausgebaut, sodass die Stadt stetig wuchs und trotzdem aus allen Nähten platzte.
„Wieso bist du alleine?", erkundigte sich die Schwalbe schließlich, als die drei sich auf den Weg zum Tower machten, damit Yososhi Samaya wiedersehen konnte.
„Sie betet", antwortete Pica knapp und bog zurück auf die Parliament Street, der sie so lange folgten, bis sie schließlich die Abbiegung zur Bridge Street erreichten.
„Und da lässt du sie alleine?", empörte Delichon sich aufgebracht, doch verstummte sogleich, als Yososhi an sie gewandt den Finger auf die Lippen legte und ihre Bemerkung mit einem „Manchmal ist es ganz schön seine Ruhe zu haben" beantwortete. Die kleine Schwalbe schnaubte beleidigt, doch immerhin schwieg sie nun.
„Wir sind da", teilte die Elster den anderen beiden schließlich mit, als sich zu ihrer linken der 96 Meter hohe Turm erstreckte, dessen liebliches Glockenspiel ankündigte, dass es inzwischen halb Eins war und Samaya somit ihr Gebet beendet haben musste. Als hätte diese in die Zukunft geblickt, erschien sie am Fuße des leicht geneigten Turmes vor Yososhi, nur um innezuhalten und ihm für einige Sekunden perplex in die Augen zu starren. Dann schüttelte sie die Kopf und fuhr herum zu Pica, der unbeeindruckt neben dem Djinn stand.
„Was macht der denn hier?", fragte sie wenig erfreut, während ihr Blick wieder zu Yososhi zurück wanderte.
Es war ein amüsantes Bild ihren Seelenvogel und den Djinn der Elemente nebeneinander stehen zu sehen, war Yososhi doch fast zwei Köpfe größer als Pica. Die beiden schien das jedoch nicht weiter zu stören und so unterdrückte sie die freche Bemerkung, die sie hatte machen wollen.
„Der freut sich auch ganz unheimlich dich wiederzusehen", zischte Yososhi und verzog verbittert die Lippen zu einem Strich. Das Wiedersehen hatte er sich irgendwie herzlicher vorgestellt.
Nachdem Delichon auch Samaya über ihre missliche Lage aufgeklärt und sie die Begrüßung etwas vertieft hatten, brachte Samaya die Gruppe schließlich nach oben zurück auf den Dachboden, denn Yososhi bestand darauf ihre erneute Zusammenkunft zu feiern. Es hatte zwar eine Weile gebraucht Samayas Einverständnis zu erlangen, schließlich mussten sie und Pica ihrer Bestimmung und Pflicht folgen und weiter die Seelen der Sterbenden einsammeln, doch schließlich hatte sie sich dazu breit schlagen lassen. Wenn Yososhi einmal etwas wollte, würde er ohnehin nicht aufgeben, bis er es bekommen hatte.
Mit einem lauten Ächzen ließ Samaya sich zurück auf den alten, staubigen Holzboden sinken und blickte desinteressiert in Yososhis Richtung. Dieser lief nur immer und immer wieder sichtlich unzufrieden durch den engen, dunklen Raum. Delichon hatte sich auf einem der vielen Balken niedergelassen und behielt Pica genau im Auge, der sich mit auffällig großer Entfernung zu Samaya auf die andere Seite des Raumes setzte. Eigentlich hatte es ihn gefreut Yososhi wieder zu sehen. Nur Delichon mochte er nicht besonders, da sie sich ihm gegenüber bei jedem ihrer Treffen äußerst garstig verhielt und das obwohl er ihr nie etwas getan hatte.
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Der Pakt der Unsterblichen (Boy x Boy)
FantasySeit Jahrtausenden steht Picas Leben im Dienst seiner Herrin - dem Djinn der Zeit. Dabei ist es allseits bekannt, dass Pica und Samaya sich auf den Tod nicht ausstehen können. Als seine Verzweiflung über seine Gebundenheit und sein Wunsch nach Frei...