Ohne die unheimlichen Wächter in jeder Ecke führte der Achtzigjährige sich nicht mehr beobachtet, allerdings konnte er auch nicht mehr zum Zeitvertreib die Wachen fasziniert betrachten. Er wusste wirklich nicht, was Ewmy mit dieser Maßnahme erreichen wollte.
Um die Mittagszeit (oder das, was er dafür hielt) ertönten seltsame Geräusche auf den Gängen. Normalerweise vernahm er nur die Schritte der wachhabenden Patrouillen, doch auf einmal schrien Leute herum, Schüsse ertönten und Bomben detonierten.
Henry wurde es eiskalt. Ein Anschlag? Ein Angriff der Egomanisten auf die Käfige?
Verschiedenste Gedanken huschten in seinem Kopf hin und her, er war wie paralysiert. Die Angst, dass die Fanatiker kommen und ihn holen würden, war so präsent wie noch nie. Er zitterte am ganzen Körper, konnte nicht klar denken.
Plötzlich öffnete sich die Tür.
Henry warf sich über den weißen Tisch, seinen Kopf auf die Fliesen gepresst, erwartend, dass eine Schusssalve niedergehen würde.
„Herr Henry, sein ich es!", sprach eine überaus bekannte Stimme ihn an.
Der alte Mann hob den Kopf. Krit! Die junge Wache war tatsächlich wiedergekommen.
Sein Freund eilte heran und holte einen Schlüssel hervor, mit dem er Henry von den Handschellen befreite. Die Metallmanschetten hatten sich tief in das Fleisch eingegraben, seine Hände waren rot.
Dankbar lächelte der alte Mann ihn an. Er war noch nicht fähig, vernünftige Worte herauszubringen. Aber er konnte zum ersten Mal seit langem, wenn auch gebückt und mit Hilfe, aufstehen. Sein Rückgrat brachte ihn um.
„Anziehen Sie schnell diese Dinge, sein es Klamotten von Wachen. Werden angreifen die Käfige von Erinnerern", bestätigte er Henrys Vermutungen. Krit kramte ein weißes Jackett samt Hose und Hemd hervor.
Der beeilte sich, die Uniform überzustreifen. Der Junge drückte ihm eine Waffe in die Hand, Henry lehnte sie nicht ab. Zur Selbstverteidigung, mehr nicht, schwor er sich. Bei jedem lauten Geräusch von draußen zuckte er zusammen, es erinnerte ihn schmerzhaft an seine Kindheit, früheste Erinnerungen.
„Haben wissen Stimme im Kopf das hier", der dunkelhäutige Mann deutete auf das Chaos im Hintergrund, „haben vorbereiten ich deswegen alles. Fliehen Sie und ich nun."
Der Senior nickte verstehend. „Ich folge dir."
Auf den Gängen war der Teufel los. Wachen liefen ungeordnet durch die Gegend, genauso wie Gefangene, die die allgemeine Ungewissheit nutzten, um auszubrechen, und Zivilisten, die dann wohl Erinnerer waren. Von den weißen Fliesen tropfte das Blut. Leichen lagen herum, Verletzte, Verwundete stapelten sich auf dem Boden.
Krit leitete sie mit seinem unfehlbaren sechsten Sinn durch das Labyrinth; er vermied ein Aufeinandertreffen mit den Egomanisten; Wachen der anderen Seite, also der ihren, die ebenfalls das Weite suchten, hielten sie nicht auf. Ihnen gleich versuchten die armen Sehlen in Panik, ihr Leben zu retten.
Wie Puppen lagen die herausgeputzten jungen Leute übereinander, im Tod machte es keinen Unterschied, von welcher Seite sie waren. Sie waren getroffen von teils unzähligen Schüssen, ihr Blut tränkte die Sohlen ihrer Schuhe. Ihre animalischen Klagelaute blendete der alte Mann aus.
Hier im Untergrund explodierten keine Sprengsätze, die ihnen ein schnelles Ableben ermöglicht hätten, doch über ihren Köpfen schien genau das zu passieren. Die Detonationen zerrissen ihnen förmlich das Trommelfell.
Wahrscheinlich war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die gewaltigen Säulen und damit die gesamte Eingangshalle zusammenbrach. Henry hoffte, dass es dem nicht so war, denn dann wären sie hier unten lebendig begraben.
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Was ich gesehen hätte
Fantasía- - -Der alte Mann hatte nicht nach diesem Wissen gefragt. Es tauchte auf, einfach so.- - - Henry Schneider war ein alter Mann, als er sich aufmachte, um einen Kriminalfall zu lösen, der ihn seit seiner Jugend nicht losließ. Seine schärfste Waffe da...