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Eine transparente Plane war mit schwarzem Klebeband an der Stelle des Schaufensters befestigt worden. Schuld waberte in Lucys Innerem genauso wie die Plane im Wind. Ihre Finger krallten sich in die Träger ihres Rucksacks, ehe sie den Laden betrat. Ein Mann in Polizeiuniform ging an ihr vorbei, der herzhaft in eine Leberkäsesemmel biss. Es dauerte eine Weile, bis Lucy ihn als den Beamten erkannte, der sie verhaftet hatte. So glücklich, wie der dreinblickte, schien ihm Frau Heinrich die kostenlosen Leberkäsesemmel nicht verwehrt zu haben.

Im Geschäft war es ruhig und alles stand wieder an Ort und Stelle – hoffentlich musste die alte Frau nicht alles alleine sauber machen –, ein paar wenige Kunden packten ihre Einkäufe in rote Körbe. Lucy schnappte sich ebenso einen und suchte den Gang mit den Schokoriegeln. Natürlich musste sie auch noch nährstoffhaltigere Lebensmittel kaufen, aber Schokolade erhöhte den Serotoninspiegel in ihrem Gehirn und das war nun mal wichtiger. Als sie eine Handvoll Corny Schoko-Müsliriegel in ihren Korb fallen ließ, schreckte sie eine hohe melodische Stimme hoch.

„Ich habe dich nicht so früh wieder erwartet, Spätzchen." Braune Augen blickten sie durch dicke Brillengläser in einem türkisen Gestell an. An ihren Ohrläppchen wippten ebenso türkise Ohrringe, auch ihr Armreif war farblich passend dazu abgestimmt. Frau Heinrich trug eine bunte Kittelschürze wie viele ältere Frauen hier im Dorf. Gelbe Freude, gemischt mir orangener Neugier und schwarzer Sorge umgaben die Frau mit dem dritten Auge.

„Frau Heinrich! Ich wollte mich nochmal für die kaputte Schaufensterscheibe entschuldigen. Ich hoffe, ich habe im Laden nicht zu viel Schaden angerichtet", ergriff Lucy zerknirscht das Wort.

„Ach was. Das bisschen Chaos hat meine Enkelin heute Morgen bereits aufgeräumt. Und bitte nenn mich doch Theresa, mein Spatz." Theresa kniff sie an der Wange, woraufhin Lucy leicht zusammenzuckte. Warum hatten alte Leute immer den Drang, andere Menschen ungefragt anzufassen?

„Trotzdem, ich werde so bald wie möglich hier aushelfen. Versprochen! Aber vorher –", Lucy stoppte.

„Vorher hast du noch ein paar Sachen zu erledigen, ich weiß." Lächelnd betrachtete Theresa sie. „Hab ich dir eigentlich schon mal gesagt, dass ich deine blauen Haare liebe? Richtig pfiffig!" Und wieder fasste die alte Frau sie ungefragt an, als sie eine Strähne ihres Haares in die Hand nahm. Lucy ließ es über sich ergehen.

„Danke", murmelte sie.

„Wo ist übrigens dein kleiner Freund?", fragte Theresa mit einem prüfenden Blick hinter Lucy. Augenblicklich versteifte sie sich und das schlechte Gewissen klopfte im Rhythmus ihres Herzmuskels an. Das wüsste sie auch gerne. Lucy zuckte mit den Schultern.

„Ich mache heute mal früher Mittag. Marie kommt sicher ohne mich zurecht." Theresa lotste sie durch die Gänge zur Hintertür. Marie musste wohl eine Angestellte sein. Lucy war schon öfter in diesem Gemischtwarenladen, aber ihr wollte kein Gesicht zu dieser Verkäuferin einfallen. Als sie in einem Hinterzimmer landeten, blieb Lucy stehen und sah sich unbehaglich um. Eine kleine orangene Kochnische sprang ihr regelrecht entgegen. Gleich rechts von ihr standen ein Tisch und eine Eckbank, die mit ihrer violetten Polsterung erstaunlich gut zur Küche passte. Alles in allem versprühte das kleine Zimmer seinen ganz eigenen stilistischen Charme. Theresa deutete ihr, sich zu setzen. Lucy stellte den Korb mit den Schokoriegeln auf den Boden und machte es sich auf der überaus bequemen Eckbank gemütlich.

one haunting story of one blue girlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt