M ü d e reibe ich mir die Augen und versuche Luft zu holen. Sauerstoff.
Meine Lungen brennen noch immer bei jedem Atemzug und die mittlerweile getrockneten Tränen auf meiner Wange fühlen sich unangenehm verklebt an. Gedankenverloren streiche ich mir einige Strähnen hinter das Ohr, wobei sie nur zurück vor meine Stirn fallen.
Faszinierend, was solch kleine Worte doch für eine Auswirkung auf den Menschen haben.
Lucas' Augen versuchen meinem Blick auszuweichen, er räuspert sich leise.
"Geht es wieder?"
Wie soll etwas wieder gehen, dass gerade offiziell zerbrochen ist? Erneut. Dennoch nicke ich stumm, wobei sich eine neue Flutwelle an Tränen ihren Weg durch meine Augen bahnt. Schmerzhaft zieht sich mein Herz zusammen, der Druck auf meine Brust wird größer.
"Du weißt, dass das nicht deine Schuld ist, oder Blümchen?"
Der Kosename gibt mir den Rest und ich kann die Welle aus Schmerz und Verzweiflung nicht länger zurück halten. Natürlich ist es meine Schuld. Das war es immer. Und so langsam weiß ich nicht mehr, wie er es schafft noch das Gegenteil zu behaupten.
Mit zittrigen Händen wische ich mir die Tränen weg, der Ärmel meines Pullovers ist mittlerweile absolut durchgeweicht.
"Blümchen, rede mit mir."
Er fleht beinahe, was mein Herz endgültig zerbrechen lässt. Hilflos schlinge ich meine Arme um ihn und versuche weiterhin Luft zu holen, meine Lungen mit Sauerstoff zu füllen.
"Du weißt doch, dass ich nur dich liebe."
Wenn das wahr ist, wieso hat er dann mit ihr geschlafen? Wieso hat er sich ihr geöffnet und nicht mir? Was hat sie, was ich nicht habe?
Hoffnungslos versuche ich Herr meiner Gefühle zu werden, doch es wirkt nahezu unmöglich. Sein Blick, seine Stimme, all diese Dinge lösen in mir eine endlose Welle an Gefühlen aus, die mich wieder und wieder mit sich reißt.
Wie schafft er es, dass er nach einer solchen Beichte wie das Opfer wirkt? Wie schafft er es, meinen Verstand so sehr zu überlisten, dass ich nicht mehr weiß wohin mit mir? Das ich mich bei ihm entschuldigen will?
Seine warmen Hände legen sich auf meinen Rücken und beginnen sanft auf und ab zu streichen. So sanft, als wäre ich aus Glas. Vielleicht bin ich eben genau das. Zerbrechlich und aus Glas. Und jeder, der mich zerbricht, schneidet sich an meinen Scherben.
Seine Wärme spendet mir Trost, seine Worte geben mir Halt. Dennoch, alles in mir fühlt sich so leer und dunkel an, als wäre jegliches Licht aus mir vertrieben worden. Da ist die allzu bekannte Taubheit, die meinen Körper verschlingt, bis mein Bewusstsein hilflos an die nächste Wand starrt und sich fragt, wofür es noch existiert.
"Bleibst du noch bei mir?", frage ich leise und mit brechender Stimme.
Diesmal sucht sein Blick den meinen, er weißt genau, dass ich ihn brauche. So war es schon immer.
Meine Liebe für diesen Menschen übertrifft alles, was ich kenne. Ein Blick in seine Augen lässt mich die gesamte grausame Realität um mich herum vergessen. Und wie sollte ich ihm so etwas wie heute verübeln? Wenn ich genauer darüber nachdenke, verstehe ich, wieso er jemand anderen mir vorgezogen hat. Würde ich auch.
Tatsächlich bin ich eine unglaublich anstrengende Person, ich brauche Zuneigung, Liebe und Aufmerksamkeit. Ich klammere. Ich bin unsicher und benötige regelmäßige Bestätigung. Ich kann nicht alleine sein. Nicht mehr.
Er nickt langsam, was meiner Brust zumindest die Kraft gibt, weiterhin Luft hinein und hinaus zu lassen. Dem Nicken folgt ein sanftes Lächeln.
Für eben dieses Lächeln würde ich durch alle Höllenqualen gehen.
"Ich liebe dich, Blümchen."
"Ich liebe dich.", murmle ich beinahe lautlos, meine Stimme ist nicht mehr als ein Krächzen.
Stunden vergehen, in denen er mich sanft hält und mir mehrere Male seine Liebe ins Ohr flüstert. Bis er geht, baut die Wärme mich mehr und mehr auf.
Die plötzliche Kälte trifft mich unerwartet, ebenso wie die Müdigkeit von all den Tränen. Mit leerem Blick sehe ich die kleine Kule auf meinem Bett an, auf welcher er eben noch saß.
Vielleicht ist es eben das mit der Liebe.
Wir tun dumme Dinge und verzeihen viel zu viel, weil wir mehr lieben als es gesund ist.
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I'll fix you.
Teen FictionEin Herz, dass Einsamkeit kennt. Elin hasst ihr Leben. Genauer gesagt hasst sie sich selbst. Für den Tod ihres Bruders vor einigen Monaten gibt sie sich selbst die Schuld und das Lucas ihr fremdgegangen ist, muss auch an ihr liegen. Ihre Eltern sin...