S t i l l e liegt in dem kleinen Wagen, während Lucas an der Ampel steht und darauf wartet, fahren zu können.
Seit ich in das Auto gestiegen bin, haben wir kein Wort gesprochen. Den Blick konnte ich nicht heben, weil ich Angst davor habe, wie er mich ansehen würde. Dennoch hat sich mein Herz dazu entschieden sich zu freuen. Er ist extra hergefahren, für mich.
Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe, meine Finger ziehen an meinen Ärmeln. Stillsitzen ist so eine Sache, die mir mehr und mehr schwer fällt. Es ist wie mit Ruhe. Beides kann ich nicht mehr leiden. Jedoch habe ich auch nicht den Mut etwas zu sagen.
Somit verbringe ich auch die restliche Fahrt damit, meine Unterlippe wund zu kauen, bis wir schließlich vor dem Hochhaus stehen, in dem ich mit meinen Eltern lebe.
„Blümchen, so kann das nicht weitergehen.", beginnt Lucas, nachdem er den Motor ausgeschaltet hat.
„Ich weiß, du machst eine schwierige Zeit durch. Ich verstehe das. Aber du bist so zurückgezogen und.. seltsam geworden. Damit kann ich nicht umgehen. Ich vermisse mein Mädchen von früher."
Lautlos atme ich ein und hebe nun langsam den Blick. Das Problem ist, dass Worte einen meistens unvorbereitet treffen. Man kann sich nicht schützen. Besonders, wenn jemand mit dir redet, der eigentlich Herr deines Herzens ist.
„Wie meinst du das?"
Tatsächlich bin ich mir keiner direkten Veränderung bewusst.
„Ich meine, dass du dich richtig abschottest. Du gehst nicht weg und wartest eigentlich nur darauf, dass ich Zeit für dich habe. Aber ich bin nun mal nicht dein.. dein Babysitter oder so. Ich habe mein eigenes Leben und meine Freunde und da kann ich mich nicht die ganze Zeit um dich kümmern."
„Das habe ich doch nie gesagt?", frage ich nun absolut irritiert.
Es stimmt, dass ich eigentlich nur etwas mit Lucas mache. Immerhin ist er meine einzige Bezugsperson. Aber noch nie habe ich von ihm verlangt, dass er sich um mich kümmert. Es war immer okay, wenn er etwas unternehmen wollte. Außerdem sagt er schließlich für mich überall ab. Ob er sich für mich schämt?
Seine Hand legt sich plötzlich auf mein Knie, weshalb ich zusammenzucke und ihn wieder direkt ansehe.
„Aber du benimmst dich so, als wolltest du das."
In seinen Augen finde ich diesmal keine Liebe. Sie sind ernst und sehen mich beinahe prüfend an.
„Das wollte ich nicht. Wirklich. Es ist okay. Also, es ist wirklich okay, wenn du-", doch er unterbricht mich.
„Ich glaube dir. Ehrlich. Dennoch, es geht so nicht weiter."
Nun kann ich ihn nur anstarren, während sich in mir etwas plötzlich seltsam stechend anfühlt. Schnell atme ich ein, blinzle und öffne den Mund, doch es kommt nichts raus.
Das Schweigen, dass nun herrscht, ist anders. Es ist drückend und macht mir Angst. Meine Arme brennen, meine Schenkel brennen. Mit immer schnellerwerdender Atmung kralle ich mich in seine Hand, die noch auf meine Knie liegt.
„Nicht, Blümchen.", murmelt er und entzieht mir die Hand. Entzieht mir die Wärme.
Hilflos schlucke ich, schüttle dann nur den Kopf und greife nach ihm. Doch anstatt seine Hand zufrieden, legen sich seine Finger um meine Handgelenke und halten sie fest.
„Ich möchte dir nicht wehtun. Und ich möchte dich nicht verlieren, Blümchen. Aber ich möchte, dass du dich bemühst. So schwer ist es schließlich nicht. Such dir Freunde, such dir jemanden, mit dem du reden kannst. Denn ich bin es offensichtlich nicht."
Wieder sticht etwas in meiner Brust. Doch mir fehlt die Kraft, genauer nachzufühlen. Zu verstehen, was mir die Luft aus den Lungen gepresst hat.
Freunde. Ich möchte nur keine Freunde. Ich möchte niemanden in meinem Leben haben, der ohnehin wieder geht. Denn das tun Menschen. Sie kommen, steigern ihren Wert und verlassen dich ohne Vorwarnung. Lucas ist keine Ausnahme. Auch er wird irgendwann gehen.
Mit Mühe zwinge ich mich zu nicken. Keine Ahnung, ob es ein Zeichen dafür ist, dass ich ihn verstanden habe oder dafür, dass ich es mache. Beides kommt mir bescheuert vor.
„Ich bin nicht so gut in.. Freunde finden.", erkläre ich leise und lasse die Arme hängen, die nur durch seine Finger in der Luft gehalten werden.
Erst jetzt bemerke ich das warme Prickeln auf der Haut. Sofort habe ich eine Gänsehaut.
Langsam nickt er, löst eine Hand von meinem Handgelenk und legt sie stattdessen auf meinen Oberarm, an welchem er mich näher zu sich zieht. Ich gebe der Bewegung nach.
„Ich weiß, Blümchen. Aber ich möchte, dass du es versuchst. Ich möchte, dass du an dir arbeitest. Okay? Für mich?"
Vorsichtig streicht seine andere Hand mir eine Strähne aus dem Gesicht, ehe er die letzten Zentimeter überwindet und seine Lippen auf meine legt. Der sanfte Kuss lässt mich aufkeuchen und durchatmen zugleich. Wie genau das funktioniert, verstehe ich nicht.
Ihn so nahe bei mir zu haben, fühlt sich surreal an. Als würde ich träumen.
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I'll fix you.
Teen FictionEin Herz, dass Einsamkeit kennt. Elin hasst ihr Leben. Genauer gesagt hasst sie sich selbst. Für den Tod ihres Bruders vor einigen Monaten gibt sie sich selbst die Schuld und das Lucas ihr fremdgegangen ist, muss auch an ihr liegen. Ihre Eltern sin...