|20. Kapitel|

4.9K 163 13
                                    

Als der Motor startete, bemerkte ich, wie angespannt Four war. Er wusste schließlich nicht, dass ich für die Rettung von Tris gesorgt hatte. Zumindest war ich mir ziemlich sicher, dass sie gerettet werden würde. Immerhin war Tris die Tochter von Natalie, welche alles für die Sicherheit ihres Kindes geben würde.

"Ich dachte, sie wäre dir wichtig.", sprach Four mit zusammengebissenen Zähnen.

Ich wusste nicht wieso, aber ich musste belustigt lächeln. Dann drehte ich mich langsam zu Four um, welcher vor Hass die Augen zusammenkniff.

"Sie ist mir wichtig.", sagte ich.

Four ballte die Hände zu Fäusten und sagte: "Ach wirklich? Du hast nichts getan, um ihr zu helfen."

Wie falsch er damit lag. Ich hatte die bestmögliche Idee in die Tat umgewandelt: Natalie zu rufen. Schweigend starrte ich aus dem Fenster und betrachtete die Landschaft, welche an uns vorbeizog. Unzählige Hochhäuser versuchten sich ihren Weg in die Wolken zu bohren. Doch ich wusste, dass es nur ein Gebäude gab, welches dem Himmel so nah kommen konnte, wie kein anderes: das Hauptquartier der Ken.

"Du kannst mir später danken.", antwortete ich nach einer Weile.

Der Wagen parkte gerade vor dem Hauptquartier der Ferox, als ich sah, dass Four etwas erwidern wollte, doch dann ließ er es doch bleiben. Er wurde als erster aus dem Auto gezerrt, doch kurz darauf wurde meine Tür ebenfalls aufgerissen. Jemand packte mich unsanft an meinen Handgelenken und zog mich von meinem Sitz. Schnell schob mich ein Ferox in das Hauptquartier. Ich wehrte mich nicht gegen den festen Griff, denn wenn ich mich nicht widersetzte, würde er sich vielleicht lockern. Der Weg durch die Gänge schien endlos zu dauern. Was hatten sie mit mir vor? Und viel wichtiger: Was hatten sie mit Four vor? Eine große Metalltür wurde aufgeschoben. Ein paar Ken, Four und ich durchschritten diese - meine Mutter vorn heran.

"Ich rede mit ihr und ihr kümmert euch darum, dass er auch in Simulation gerät.", befahl sie.

Meine Mutter führte mich in einen abgelegenen Raum. Hier gab es Bildschirme, von denen man aus alles überwachen konnte. Außerdem standen zwei Stühle vor diesen Überwachungsmonitoren. Auf eine auffordernde Bewegung hin setzte ich mich und schlug meine Beine übereinander. Ich hätte erwartet, dass sich meine Mutter zu mir setzten würde, doch das tat sie nicht. Stattdessen blieb sie neben mir stehen. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie sich dazu entschlossen hatte, hinter mich zu treten und mir ihre Hände auf meine Schultern zu legen. Dann öffnete sie meinen Zopf und legte meine Haare auf die rechte Seite. Es brauchte keine Worte, um sich gegenseitig zu verstehen. Ich wusste ohnehin schon, dass hier etwas gehörig falsch lief - und das wusste sie auch.

"Wieso?", fragte meine Mutter seufzend.

Was für ein absolut gelungener Anfang für ein Gespräch, dachte ich. Nicht.

"Wieso was?", entgegnete ich.

Etwas wie: "Wieso hast du den Schuss durch das Fenster abgefeuert?" oder "Wieso hast du nach dem Serum gefragt?", wäre wesentlich einfacher zu beantworten gewesen.

"Wieso hast du mich gerettet?", fragte sie stattdessen.

Gleichzeitig entfernte sie ihre Hände von meinem Nacken, blieb jedoch weiterhin hinter mir stehen. Ich hätte mich nicht hinsetzen sollen, dachte ich.

"Ich habe dich noch nie gerettet.", antwortete ich mit fester Stimme, die meine Verwunderung über die Frage ausgleichen sollte.

"Bei deiner Abschlussprüfung.", sagte sie.

Ein blutiger Geschmack machte sich in meinem Mund bemerkbar, als ich spürte, dass ich mir auf die Unterlippe gebissen hatte. Egal welche Frage dir jemals gestellt wird, habe immer eine gute Antwort parat, hatte man mir einst gesagt. Scheiß drauf.

DARK DESIRE - Divergent (FF) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt