27. Kapitel

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*Milenas Sicht*

...und ich war schon fast glücklich, dass ich die Möglichkeit hatte mein erstes Mal mit ihm haben zu können.
"Nein."
Nein? Was soll das heißen >Nein<?!?
Ist er nicht der, der sich genau das zum Ziel gemacht hat?!
"Was, Ähm... Meinst du damit?" Meine Stimme war vorsichtig. Klasse Milena, du wirkst ganz selbstbewusst.
"Ich werde nicht mit dir schlafen." Sein Tonfall könnte nicht deutlicher sein. Auch sein Blick sagte alles.
Das... Das tut irgendwie weh. Bin ich ihm jetzt nicht mehr gut genug? Bin ich ihm zu hässlich oder hat er es sich anders überlegt?! Es kratzt an meinem Selbstbewusstsein. Bin ich so unattraktiv? Ich meine sonst ist er doch auch nicht so wählerisch.
Alles, worauf ich mich in letzter Zeit so gefreut, worauf ich mich eingestellt hatte, zerbrach.
Aber in dem Moment war ich nicht traurig. Ich war sauer. Ich verschränkte meine Arme und sah ihn an.
"Wieso nicht?!?"
Er hob eine Augenbraue. Überrascht, belustigt, wie so oft. Aber auch neugierig. Ich stand vor seinem Schreibtisch und obwohl er saß war sofort klar, wer im Hochstatus war.
"Milena, ich bin dir keine Erklärung schuldig." Er stand auf und kam auf mich zu. Ich hatte das Gefühl, dass ich schrumpfte und als er vor mir stand blickte ich nur hilflos zu ihm auf. So wirst und nie erreichen, was zu willst. Ich schüttelte über mich selbst den Kopf.
Lukas blickte zu mir runter.
"Nein, das bist du nicht", fing ich vorsichtig an. "Aber du benimmst dich nicht... Logisch. Es sei denn ich bin jetzt keine Herausforderung mehr. Das stimmt auch... Du hast es nämlich geschafft Lukas... Ich will dich." Meine Stimme klang merkwürdig. Sie war leise, andere hätten sie vielleicht als verführerisch bezeichnet, aber das war nicht mein Ziel. Ich blickte ruhig in seine Augen, hielt seinem Blick stand. Oder versuchte es zumindest.
Und als wäre die ganze Situation nicht schon komisch genug, wandte Lukas plötzlich seinen Blick ab und trat an mir vorbei. "Ich habe Unterricht.."
Weicht er mit gerade aus?
Moment... Weicht tatsächlich ER MIR aus?!
Ich blieb verwirrt stehen und verließ dann den Raum, ein breites Grinsen auf meinen Gesicht.
Mir wurde es klar. Ich war nicht unattraktiv. Im Gegenteil. Nicht, dass ich zu attraktiv war, aber er fühlte sich sexuell zu mir hingezogen. Er will aus einem anderen Grund nicht..
Ich würde ihn schon noch dazu bringen mit mir zu schlafen. Denn nun sah ich es als Herausforderung. Und ich gab mich mit einem "Nein" einfach nicht zufrieden.

~~~

*Lukas' Sicht*

Widerlich, wie sie mir einfach alles kaputt macht. "Lukas, ich will mit dir schlafen", äffte meine innere Stimme sie nach. Was soll das denn?! Kein Mädchen ist so!
Sie wollen sich erobern lassen, sie wollen, dass man um sie kämpft, oder sie wollen, dass man gleich mit ihnen schläft!
Aber sie sind nicht erst abweisen, spielen dann ein bisschen, sind gelegentlich mal verletzt oder beleidigt, hassen einen zwischendurch und wollen dann plötzlich Sex.
Mein Blick wanderte zu ihr. Ich schluckte.
Reiß dich einfach zusammen. Du hast gerade festgestellt, dass du genau das nicht willst.
Ich hatte keine Zeit weiter mit mir zu diskutieren, da irgendein Spast wie behindert schnipste.
"Ja Cinderella?"
Er wirkte kurz verwirrt, stellte aber dennoch seine Frage: "Sagen Sie Tests eigentlich an?"
Ich blickte ihn ruhig an, immer noch genervt davon, dass er geschnipst hatte. "Dir nicht, allen anderen schon", antwortete ich also und widmete mich wieder meinem Handy.
"Sie wissen, dass das juristisch inkorrekt...-"
"Ich muss Tests nicht ansagen. Ich muss überhaupt nichts tun und wenn du mir noch weiter auf den Sack gehst, kommst du mündlich ran." Hätte jemand gelacht, hätte ich nicht garantieren können, dass er noch lange danach lebte. Ich war aufgestanden und blickte ihn nun direkt an. Er nervte mich. Milena nervte mich. Und ich war sauer. Mein Blick war kalt, sauer wenn nicht sogar aggressiv. "Bereite dich einfach auf jede Stunde vor, als würden wir einen Test schreiben. Ihr alle."
Milena grinste und ich stand auf und verließ den Raum. Ich hatte keine Lust mehr darauf.
Scheiß Kinder.
Ich stieg in meinen Wagen und fuhr weg. Ich brauchte eine Pause von allem. Eine längere Pause.

..........

~~~

*Milenas Sicht*

Lukas war weg.
Er war an dem Tag nicht mehr in der Schule erschienen. Auch am nächsten Tag kam er nicht wieder. So wie den Rest der Woche. Am Samstagabend nahm ich all meinen Mut zusammen und schrieb ihm eine Nachricht:

Hey^^
Lebst du noch ? :*

Er antwortete nicht. Auch am Sonntag nicht. Und auch am Montag war er nicht wieder da. Am Mittwoch war er über eine Woche weg.
Ich wusste nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Ich war traurig und ich machte mir Vorwürfe.
Ich konnte nicht weinen. Ich wusste auch gar nicht, ob das richtig war. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt traurig sein durfte. Was war mit mir und Lukas?
Waren wir denn Freunde?
Hatte er auch nur eine Sekunde an mich gedacht, seit dem er weg war? Was war, wenn er starb? Wenn er irgendwo im Wald lag? Ich schloss meine brennenden Augen. Ich wollte nicht daran denken.
Lukas hatte mich gerettet, als mir etwas richtig beschissenes hätte passieren können. Und ich? War ich für ihn da?
Aber ich hatte nicht mal eine Idee, wo er sein könnte. Ich kannte ihn nicht gut genug.
Ich fragte mich oft, ob er wegen mir gegangen war. Ich fragte mich, ob es egoistisch und lächerlich war mich das zu fragen. Ich fragte mich, ob er noch da wäre, wenn ich ihm nicht gesagt hätte, dass ich mit ihm schlafen wollte.
Ich wollte nicht, dass er ging. Es war mir egal, ob er mit mir schlief oder nicht, oder ob er mich liebte oder nicht. Ich wollte ihn nur wieder sehen. Wieder mit ihn Unterricht haben können.
Auch dem Rest der Schule war Lukas' Verschwinden aufgefallen. Alle Mädchen tuschelten darüber. Einige behaupteten von ihm schwanger zu sein um von Niklas mehr zu erfahren. Doch auch der wusste nichts. Manche kamen zu mir und fragten mich nach ihm. Dumm diese Menschen. Als ob ich etwas über Lukas wüsste, ein Teil seines Lebens wäre...
Ich schluckte.
Ich schaute gefühlt alle 5 Minuten auf mein Handy. Aber Lukas meldete sich nicht.
Ich hatte die ersten Nächte von ihm geträumt. Wir waren erneut im Zelt. Ich war schwer atmend aufgewacht. Dann hatte ich angefangen zu weinen.
Der Traum war wunderschön gewesen. Lukas war liebevoll und trotzdem noch Lukas gewesen. Er war erotisch, leidenschaftlich. Aber er war eben nur ein Traum. Nur irgendwelche dummen Wünsche von mir, die mein Gehirn verarbeitete. Nicht die Realität.
Ich fragte mich, warum ich so ein überemotionaler Mensch war. Lukas und ich waren kein Paar und trotzdem nahm mich das so sehr mit. Wie würde es sein, wenn ich eine Beziehung führte? Mit ihm geführt hätte?
Aber ich hatte ihn geliebt. Das reichte um zu trauern.
Mir war noch nie ein Mann wie Lukas begegnet. Ich vermisste ihn. Mein ganzer Körper sehnte mich nach ihm. Ich kam mir selbst affig vor so für einen fremden Mensch zu empfinden, aber ich konnte nichts dagegen tun.
Irgendwann gab ich auf. Ich wartete nicht mehr, ich lebte einfach vor mich hin. Ich stand auf, ging in die Schule, machte Hausaufgaben, aß, wenn Luzie mich dazu zwang, wusch mich und weinte mich in den schlaf. Tag für Tag. Ich fühlte mich leer, aber ich wollte nichts dagegen unternehmen. Niemand anderes war wie Lukas. Niemand verstand mich und zu niemandem fühlte ich mich hingezogen. Niemanden liebte ich.
Doch jeden Abend kuschelte ich mich mit seinem T-Shirt in mein Bett, roch daran und dachte an ihn. Dachte an uns. Etwas, was es nie gab und nie geben würde.
Für immer.

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#Leonie

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