Kapitel 1

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"Wieso plötzlich vier Taler?", wollte ich aufgebracht wissen und zog die zwei Münzen sofort wieder zurück. "Letzte Woche war es noch die Hälfte!"

"Letzte Woche gab es auch noch mehr Äpfel! Die Ernte ist knapp", gab mir der Bärtige hinter dem Stand auf dem Markt zurück und wandte sich anschließend an eine ältere Dame neben mir, die sich aber genauso beschwerte, wie ich es tat.

"Ich hoffe du kommst nie in Not!", presste ich noch zwischen meinen zusammengebissenen Zähnen hindurch und drehte mich zum Marktplatz herum, um mich hoffnungslos umzusehen.

Die Armut zeichnete sich hier unten im Dorf überall ab. Viele Menschen kämpften täglich um etwas zu essen. Manche der umherlaufenden hatten nichtmals Schuhe oder ordentliche Kleidung an...

Dieser Anblick machte mich unfassbar wütend.

Meine Augen schweiften über den gut besuchten Markt und hinüber zu der großen Brücke, an der zwei Wachen standen und den einzigsten Weg zum Schloss bewachten.

Zu gerne wäre ich an ihnen vorbeimarschiert, direkt die lange Brücke entlang, den Hügel hinaufgelaufen und dann zum Palast...

Nur um dem geizigen Prinzen Mal eine ordentliche Backpfeife zu verpassen...

"Hier Kind", riss mich eine ältere Dame aus meinen hasserfüllten Gedanken und fragend drehte ich mich zu ihr herum, um sie fassungslos zu mustern.

"Das kann ich nicht annehmen", gab ich ihr zurück und schaute dabei zwischen ihren gräulichen Augen und den Broten in ihrer Hand hin und her. "Aber danke vielmals."

"Schon gut", meinte sie nur kichernd und drückte mir fast schon gewaltsam das Essen in meine Hände. "Ich habe immer einen Notgroschen."

Sie tätschelte mir nochmals meine Hände, warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu und verschwand mit ihrem Korb in der Hand zu den anderen Ständen vor mir.

"Da hast du doch etwas zu essen", machte sich der Bärtige hinter mir über mich lustig, doch als plötzlich das große Tor der Brücke aufging und die Wachen salutierten, verstummten alle um mich herum und auch ich warf mit großen Augen einen Blick zu der Brücke.

Die Menschen fingen an zu tuscheln... manche fluchten, sie wollen den König umbringen, doch als plötzlich drei wunderschöne Pferde, auf denen drei stattliche Männer saßen gemütlich auf uns zuritten, wurde es immer leiser um mich herum.

"Das ist Kjell, sein jüngster Sohn", flüsterte mir der Bärtige plötzlich von hinten ins Ohr und schien vollkommen aufgeregt darüber, endlich den jüngsten des Königs live zu sehen, doch mir war das alles egal, also drehte ich mich herum und wollte gerade zurück zu meiner Hütte, da rief aber jemand so bedrohlich »Halt!«, dass ich in meiner Bewegung stoppte und mich nicht mehr traute, mich zu rühren.

Erst, als ich die Hufe eines Pferdes hinter mir auf dem bröckeligen Asphalt hörte und auch kurz darauf seinen Schatten neben meinem auf dem Boden sah, drehte ich mich herum und spürte mein Herz dabei wild schlagen.

Meine Augen schweiften flüchtig über das bezaubernde braune Pferd, dass mich auf eine Art faszinierte, bis ich aufsah und direkt in die Augen des Prinzen sah...

"Ja?", fragte ich unbeholfen und inspizierte seine dichten, dunklen Haare, die frisch gewaschen schienen, so schön glänzten sie in der leichten Sonne dieses Tages.

"Wie heißt du?", wollte er wissen und mein erster Instinkt war zu lügen, an den ich mich dann auch hielt.

"Maja", gab ich selbstbewusst von mir und spürte dabei die Blicke der anderen auf mir. Natürlich, sie immer in einem kleinen Dorf, wussten die meisten, dass ich Lyla hieß, doch da ich das arme Mädchen, mit den braunen Locken war, die sich rührend um ihren Bruder kümmerte, deckten mich wohl alle und keiner rief meinen echten Namen laut aus.

"Maja also", lächelte der Prinz und ließ seine grünen Iriden dabei über das Essen in meinen Händen schweifen. "Na gut, Maja. Dann reiche mir bitte das Essen", befahl er plötzlich und in seinen Augen funkelte so etwas wie Provokation, was mich unfassbar wütend machte, doch einem Prinz auch nur zu widersprechen würde mich vermutlich mein Leben kosten...

Was würde dann aus meinem Bruder werden...

Doch ohne Essen, würde er mit seiner Krankheit vermutlich auch nicht mehr lange überleben...

"Ich warte", lächelte er herausfordernd und sofort presste ich die Sachen fest an meine Brust und sah tapfer zu ihm auf.

"Nein!"

『Marita』

Das erste Kapitel.
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