Kapitel 2

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Ich irre durch eine Wüste, der Boden ist verdorrt. Spitze Felsen ragen aus der Erde und drohen jeden aufzuspießen, der auf sie fallen sollte. Stolpernd bewege ich mich durch diese unwirkliche Landschaft. Die Sonne strahlt unerbittlich auf mich hinab. Ich habe unsagbaren Durst und werde immer schwächer. Der Boden unter mir ist grau und durch die Dürre aufgerissen. Ich trage keine Schuhe. Wieso habe ich hier draußen keine Schuhe an? Ich sehe an mir hinunter und bemerke, dass ich in ein cremefarbenes Gewand aus Chiffon gehüllt bin, das an verschiedenen Stellen mit schimmernden Pailletten verziert ist. Das Kleid ist wunderschön, doch ich kann mich nicht darüber wundern, wieso ich so gekleidet bin. Mich interessiert gerade viel mehr, was hier vor sich geht. Ich war an einem solchen Ort noch nie und kann mir nicht erklären, wo ich bin oder wie ich hier her gekommen bin. Ich laufe weiter, in der Hoffnung etwas zu finden, Wasser, andere Menschen, vielleicht ein Dorf... Doch nichts begegnet mir. Außer vereinzelte Bäume, vertrocknete Bäume, seltsam aussehende Bäume. Solche Pflanzen habe ich noch nie gesehen. Ihre Stämme sind nicht gerade und mit Rinde bedeckt. Die Äste richten sind in alle Richtungen gen Himmel und erinnern mich an einen Korkenzieher, winden sich bis in die äußersten Zweigspitzen. Ich trete an einen heran und befühle seine äußere Schicht. Wie ich es mir dachte, keine Rinde, dafür ein dünner, klebriger Film, der den Baum vielleicht schützen soll. Ich kann mir nicht erklären, was das alles bedeutet und gehe weiter. Irgendwann muss doch etwas anderes, vielleicht Hilfe, kommen.

Ich klettere über Felsen, laufe die endlos wirkende Wüste entlang. Meine Füße tuen weh, ich verletze mich immer öfter an den scharfen Kanten der herumliegenden Steine und Felsen und beginne an vielen kleinen Stellen unter meinen Füßen zu bluten. Ich verstehe das nicht, ich bin doch nur in mein Bett gegangen. Ist dies nur ein bizarrer Traum? Doch es fühlt sich so echt an – der Durst, die Schnittwunden, meine immer mehr schmerzenden Muskeln. Aber wieso kann ich dann nicht einfach aufwachen? Hier ist es so schrecklich - bisher bin ich immer aus schlimmen Träumen einfach aufgewacht... Ich versuche wieder zu mir zu kommen, zwinge mich dazu – atme bereits hektisch - doch es will mir nicht gelingen. Ich kann einfach nicht von allein aufwachen!

Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, gehe ich weiter, als vor mir ein großer Hügel aus spitzen Felsen und scharfkantigen Steinen auftaucht. Ich blicke mich um, ob ich ihn vielleicht umrunden kann, doch er erstreckt sich nach beiden Seiten soweit, dass ich sein Ende nicht sehen kann. Es kommt mir vor, als ob ich schon Tage durch diese Einöde laufe. Ich erwecke in mir die Hoffnung, dass hinter diesem Hügel vielleicht Menschen leben, die Wasser haben und mir sagen können, wo ich bin. Ich gehe auf die riesigen spitzen Steine zu, mobilisiere meine letzten Kraftreserven und fange an zu klettern. Es ist nicht leicht, einen begehbaren Weg zu finden. Die Felsen ragen nahbeieinander aus dem Boden und ich muss mich streckenweise auf allen Vieren fortbewegen, wobei ich mir auch noch meine Hände an den scharfen Kanten aufschneide. Ich komme nur langsam voran, immer wieder muss ich kleine Verschnaufpausen einlegen. Dass ich lange nichts getrunken habe, bemerke ich daran, dass mir zwischendurch immer wieder schwarz vor Augen wird und ich erneut rasten muss. Irgendwann habe ich es geschafft und stehe völlig außer Atmen, mit Schweißperlen auf der Stirn auf dem Hügel und blicke die andere Seite hinunter.

Erleichterung und ein Trost durchströmen mich, als ich sehe, was vor mir liegt: In einem riesigen Krater, komplett mit diesen grauenhaften Felsen umgeben, stehen mehrere altertümlich aussehende Häuser, die eine seltsam anmutende Burg eingrenzen. Meine Hoffnung bekommt einen jähen Dämpfer, als ich keine Menschen auf den Straßen sehen kann. Diese Siedlung, oder das Dorf, wirkt verlassen. Die kleinen einstöckigen Häuser aus einfachem Lehm oder unterschiedlichen Steinen, sind nur mit Stroh oder Holz gedeckt. Fensterglas haben sie nicht, nur an manchen Fenstern schon fehlende Fensterläden aus Holz. Zwischen den Häusern schlängeln sich unbefestigte Wege, die alle letztendlich zur Burg führen. Um sicher zu gehen, dass sich nicht doch irgendwo jemand befindet, entschließe ich mich, nachzusehen und die Gegend zu erkunden. Vielleicht habe ich Glück und die Bewohner befinden sich bei der Wärme in ihren Hütten.

Florescence of the Light (#Wattys2015)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt