Kapitel 4

43 4 6
                                    

Kurz nach Arbeitsschluss trete ich aus der Boutique und sehe der warmen Nachmittagssonne entgegen, es ist wieder ein schöner Tag und ich konnte durch die Arbeit gut die Ereignisse der letzten Nacht vergessen. Den ganzen Tag über kamen einige Kunden, manche kauften etwas, andere sahen sich nur um. Eine ganz normale Arbeitsschicht. Ich gehe über die Straße in Richtung der Undergroundstation und warte dort auf meine Bahn. Fünf Minuten später sitze ich und fahre nach Hause.

Nachdem ich die Tür von unserem Haus aufgeschlossen habe und gerade dabei bin, meine Jacke an die Garderobe zu hängen, rieche ich bereits das Aroma frisch aufgebrühten Kaffees. Meine Mum hat ein perfektes Timing. Ich ziehe noch rasch meine Schuhe aus, stelle meine Tasche an die Seite und gehe in die Küche. Meine Mum sitzt an der Kücheninsel mit einer vollen Tasse Kaffee vor der Nase, eine weitere steht auf meinem Platz. Ich setze mich ihr gegenüber und nehme mir einen von den noch warmen, duftenden Schokokeksen, die vor uns auf einem Teller liegen.

»Wie war dein Tag, Schätzchen?«, fragt meine Mum während ich gerade genüsslich in den Keks beiße. Während ich aufkaue, nimmt sie einen Schluck von ihrem Kaffee und sieht mir dabei zu, wie ich versuche das zu groß abgebissene Stück vom Keks schnell runterzuschlucken. Sie schmunzelt mich liebevoll an, da sie weiß, dass ich von ihren Keksen nicht genug bekommen kann und wartet geduldig ab.

Die letzten Krümel spüle ich mit Kaffee herunter und setze zu einer Antwort an: »Mein Tag war toll, auf jeden Fall besser als meine Nacht...« Mum sieht mich fragend an, also erzähle ich ihr von meinem seltsamen Traum. Ich erzähle von der Wüste und der unwirklichen Landschaft, dem Dorf und der Burg und auch von Königin Colajia und der großen Schlacht und wie es dazu kam. Auch berichtete ich ihr von meinen seltsamen Gefühlen während des Traums, besonders während meines Aufenthalts in der Burg. Mein Mum hört sich alles geduldig an und versucht mich, nachdem ich geendet habe, zu beruhigen. »Mach dir keine Gedanken wegen dieses Traumes, du weißt doch das Unterbewusstsein spinnt sich oft die seltsamsten Sachen zusammen. Lass dich deswegen nicht aus der Ruhe bringen. Ich denke nicht, dass da mehr hinter stecken könnte. Schließlich war es nur ein Traum, meine Süße.« Sie hat Recht und es beruhigt mich sehr, dass ich mit meiner Mum darüber gesprochen habe. Sie ist einfach immer für mich da, ich kann mit all meinen Problemen zu ihr kommen und sie hat immer eine ehrliche und aufrichtige Antwort für mich parat. Ich wüsste nicht was ich ohne sie machen sollte.

Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile über alles Mögliche. Über die Arbeit, die Uni, nicht vorhandene Männer in meinem Leben, Ava, Zach... über alles. Ich erfahre von meiner Mum, dass Dad kurz nach mir das Haus verlassen hat und auch erst heute Abend wiederkommt. Er ist mit einem Freund aufs Land gefahren, um mal wieder zu angeln. Er hatte die Woche über versucht, meine Mum zu überreden, dass sie doch mitkommen möge, doch diese hatte dankend verzichtet. Das ist einfach nichts für sie. Sie macht sich stattdessen einen gemütlichen Abend vor dem Kamin mit einem ihrer Krimis und wartet dann auf Dads Rückkehr.


Ungefähr um sechzehn Uhr gehe ich in mein Zimmer, verstaue meine Tasche bei meinem Schreibtisch und hüpfe nochmal schnell unter die Dusche. Ava will um 17:00 Uhr hier sein und sie ist, trotz ihrer leicht überdrehten Art, immer überpünktlich.

Meine Haare habe ich heute ausnahmsweise ein zweites Mal gewaschen, da sie sich nach der Arbeit irgendwie dreckig anfühlten - ich würde mich heute Abend sonst nicht wohlfühlen. Ich föhne mir in dem mit Dampf gefüllten, nach Shampoo duftenden Bad die Haare und will nach meiner Bürste greifen. Diese jedoch liegt auf dem Fensterbrett. Das ist aufgrund meiner jetzigen Position und des zu kurzen Föhnkabels in unerreichbare Ferne gerückt. Wie ich aber so bin, versuche ich es trotzdem und verrenke mir dabei fast den Rücken – kopfüber, Föhn in der einen Hand und die andere Hand Richtung Fensterbrett ausgestreckt – ich gebe bestimmt ein lustiges Bild ab. Ich könnte kurz aufhören zu Föhnen und so mehr Bewegungsfreiheit haben, denke ich mir, aber das wäre zu einfach. Ich probiere es weiter und komme mit gespreizten und ausgestreckten Fingern der Bürste immer näher.

Florescence of the Light (#Wattys2015)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt