Chapter 4

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Keiner von uns beiden, traute sich zu atmen. Erst als sich die Schritte wieder entfernten, atmeten wir beide einmal tief durch. In dem Moment überspielten wir die Situation, dass wir beide die Angst hatten den anderen verlieren zu können, indem wir beide so taten, als wäre es gar nicht passiert. "Was glaubst du? Ob das Wochenende schon vorbei ist?" fragte ich immer noch zur Tür starrend. "Kann schon sein, ich weiß nicht, wie lange wir vorhin geschlafen haben." Antwortete er emotionslos. Mein Herz schlug so stark, dass ich das Gefühl hatte, es würde die ganze Stille im Raum übertönen. Ein leichtes Streichen von dem kleinen Finger von Kiran, fühlte ich an meinem kleinen Finger. Nicht allein zu sein beruhigte mich gerade ungemein. Zögernde kopierte ich die Berührung und im nächsten Moment, legte er seine flache Hand auf meine. Sanft rutschten seine Finger über meinen Handrücken, bevor ich meine Hand umdrehte und nun seine Fingernägel leicht über meine Handfläche strichen. Zaghaft legte er seine Finger zwischen meine und festigte den Griff. Auch ich umschloss nun seine Hand und strich mit meinem Daumen über seinen weichen Handrücken. Knapp atmete Kiran einmal aus und flüsterte unglaublich leise in sich hinein. "Ich bin so erbärmlich." Er senkte seinen Kopf, weshalb ich fragte: "Wieso?" Stille fuhr zwischen uns ein, bis er sich dennoch dazu entschloss etwas zu sagen. "Naja, die ganze Situation. Als würde ich wollen, dass du mich hasst oder verletzt werden würdest." Perplex drehte ich meinen Kopf in die Richtung von Kiran. "Wieso sollte ich dich hassen?" "Wie lange mögen wir uns kennen? Zwei Tage? Wenn überhaupt und ich..." er stoppte und ich spürte, wie sich sein Griff lockerte. Aber ich wollte ihn genau jetzt nicht loslassen, weil ich genau wusste, was er mir sagen wollte. "Du musst nichts sagen, was dir unangenehm ist." Erklärte ich, als ich meinen Blick von ihm abwand. "Okay." Flüsterte er und übte doch wieder mehr Gegendruck auf meine Hand aus. "Es ist mir nicht unangenehm. Aber ich habe Angst dich, durch das was ich sagen könnte, zu verlieren." "Sag einfach, was du sagen möchtest. Ich werde schon nicht weglaufen." Scherzte ich. "Ich glaube auch nicht, dass du gehen würdest, nachdem ich das gesagt habe." Erklärte er, als er seinen Kopf zu mir drehte. "Gut. Was hält dich dann ab?" auch ich drehte mich zu ihm. Tief atmete er durch, bevor er erneut zu sprechen begann. "Dass du nicht so empfindest, wie ich." Schlagartig zog sich mein Herz zusammen und in mir kehrte eine Unruhe ein. "Du wirst es nie herausfinden, wenn du es nicht sagst." Grinste ich und näherte mich zitternd seinem Gesicht. "Ich li..." aber weiter kam er nicht, denn augenblicklich wurde die Tür aufgerissen. Erschrocken drehte sich mein Gegenüber zur Tür und auch ich schaute in das blendende Licht hinein. Ein Wärter trat in den Raum und lief auf uns zu. Gewaltsam packte er mich am Arm und zog mich auf die Füße, in die Mitte des Raumes. Meine Hand löste sich von Kirans, als er versuchte mich dennoch festzuhalten, wurde er etwas mitgerissen. Panisch blickte ich zu meiner Hand, in der ich noch vor wenigen Sekunden die Wärme von Kiran gespürt hatte und schaute dann zu ihm auf, da auch er sich gerade aus dem Bett erhob. Schockiert beobachtete er die Situation. Der Griff von dem Wärter festigte sich so sehr, dass sich der Schmerz der Berührung, in meinen vollständigen Arm ausstrahlte. Heftig versuchte ich dem Griff zu entkommen, aber bei jeder Bewegung von mir, wurde der Griff des Wärters enger. "Zayn?!" angstgelähmt stand er in der Mitte des Raumes und musterte jeden meiner Bewegungen. "Kiran. Lauf davon!" schrie ich und blickte in sein verzweifeltes und geschocktes Gesicht. "Nein! Zayn. Ich lasse dich nicht zurück!" seine Miene verzog sich und mit zutiefst traurigen Augen, schaute er verloren in die meinen und ich erinnerte mich an die Worte, die er zu mir gesagt hatte: 'Überzeug mich, wenn es so weit ist.' Schnell fasste ich einen Entschluss. "Wir haben keine Zeit mehr. Deshalb...Kiran..." schrie ich mit Tränen im Gesicht und schaute zu dem, einen halben Kopf größer und immer noch mitten im Raum stehenden, Mann auf. "...Küss mich! Jetzt!" Der Griff von dem Wärter verfestigte sich immer weiter und zog mich immer näher zur Tür. Das geschockte Gesicht von Kiran, wandelte sich zu einem komplett schmerzverzogenen Weinen. Er tat zwei Schritte und erreichte mich. "Es tut mir so unendlich leid." Flüsterte er noch, bevor er sich zu mir hinunter beugte und seine Lippen auf meine legte. Verlangend drückte seine Zunge gegen meine und wir beide wussten, dass das das letzte Mal sein wird, dass wir uns sehen würden. Eine seiner Tränen lief über meine Nasenspitze und erreichte meine Lippe. Der salzige Geschmack unserer Tränen vermischte sich in unseren Mündern, bevor mich der Wärter von ihm wegriss und ich ihm wieder in seine großen, glasigen Augen blickte. Der Blick von ihm tat einfach nur weh zu sehen. "Kiran." Setzte ich an. "Lauf!" ergänzte ich schreiend, als mein Herz immer mehr schmerzte. Doch er bewegte sich keinen Millimeter, was nur mehr wehtat. Bitterlich weinend flüsterte ich: "Bitte." Er schloss die Augen und im nächsten Moment, sprintete er an mir vorbei. Der Wärter, versuchte ihn zu ergreifen, aber ich zog mich aus seiner Gewalt und lief in den Raum hinein, damit Kiran wenigstens eine kleine Chance hatte hier rauszukommen. Er ließ Kiran weiterlaufen und kam auf mich zu. Etwas zu hart schlug er mir ins Gesicht. Den Schmerz allerdings spürte ich nicht. Meine Sicht verschwamm und alles was ich sah, war das Licht, dass durch die Tür kam, durch welche Kiran gerade verschwunden war. "Ich liebe dich auch Kiran." Nuschelte ich vor mich hin. Eine weitere Träne lief mir übers Gesicht, bevor ich mein Bewusstsein verlor und sich eine erneute Dunkelheit um mich herum ausbreitete und mich die Leere in meinem Herzen wieder erreichte.

Einen kühlen Luftzug spürte ich in meinem Gesicht und der Geruch der Meeresluft, stieg mir in der Nase hoch. Als ich meine Augen öffnete, sah ich nichts. Es war alles dunkel. Vorsichtig hob ich meine Hand und hielt sie mir ins Gesicht, aber nichts veränderte sich. "Was ist Zayn? Warum liegst du da?" hörte ich Kirans Stimme hinter mir erklingen. Schreckhaft setzte ich mich auf und spürte den Sand und kleinere Steine in meinen Handflächen. "Kiran? Wieso bist du hier?" fragte ich und schaute in die Richtung, aus der ich seine Stimme gehört hatte. "Wieso bist du hier?" erklang seine Gegenfragte, aber diesmal aus der Richtung, aus der ich auch das Meeresrauschen hörte. Erneut drehte ich meinen Kopf in seine Richtung und zog mich auf meine Beine. "Ich weiß nicht. Wo sind wir überhaupt? Ich kann nichts sehen." Erklärte ich und tat einen Schritt in die Richtung, in der ich Kiran vermutete. Laut hallte das Geräusch der Möwen, wobei ich noch einen Schritt tat, allerdings Kiran immer noch nicht erreichte. "Wir sind an einem Strand." Sagte er, wobei es wieder so klang, als wäre er hinter mir. "Hör bitte auf dich so viel zu bewegen und komm zu mir." Sagte ich mit einem strengen Unterton, als ich wieder hinter mich schaute. "Ich bewege mich nicht." Setzte er an. "Du bewegst dich." Ergänzte er nach einer kurzen Pause. "Kiran. Ich habe Angst. Bitte berühr mich." Bat ich flehend, als ich mich wieder auf meine Knie niederließ und den etwas wärmeren Sand unter mir spürte. "Ich kann nicht." Antwortete er stumpf, wobei es so klang, als wäre seine Stimme nur noch in meinem Kopf. "Wieso?" Ein Gefühl der Traurigkeit breitete sich in mir aus. "Weil ich nicht wirklich hier bin. Du musst jetzt aufwachen Zayn." Hörte ich seine Stimme immer leiser werdend. "Warte! Noch nicht. Geht es dir gut?" fragte ich ängstlich, aber er antwortete nicht darauf und sagte nur. "Schon merkwürdig, dass wir uns immer an einem leeren Strand treffen. Wieso ein Strand?" "Kiran bitte sag mir, dass es dir gut geht?" eine heiße Träne lief mir übers Gesicht und erneut stellte er mir eine Gegenfrage. "Die Frage ist eher: Geht es dir gut Zayn?" "Nein, mir geht es nicht gut. Sag mir ob es dir gut geht!" schrie ich und packte dabei immer mehr in den Sand hinein. "Tut mir leid Zayn, aber du solltest jetzt wirklich aufwachen." Verstummte seine Stimme hinter dem Meeresrauschen. "Kiran! Bitte verlass mich nicht!" angsterfüllt legte ich meinen Kopf wieder auf den Sand und spürte den kalten Wind durch meine Haare wehen. Kleine Sandkörner wehten mir ins tränenüberströmte Gesicht und blieben an einigen Stellen kleben. "Du sagst ich soll aufwachen?! Aber es fühlt sich alles so real an! Wie soll ich aufwachen, wenn es sich für mich echt anfühlt?" schluchzte ich, bekam allerdings keine Antwort. Ich vernahm nur das Rauschen des Meeres und das schreien der Möwen um mich herum. "Kiran?" fragte ich nochmal hoffnungsvoll in die Richtung des Meeres. Doch wieder kam nichts. "Bitte lass mich nicht allein." Bat ich niedergeschlagen. Vorsichtig drückte ich mich vom Boden auf und fasste einen Entschluss. "Na gut, wenn du nicht mit mir reden willst. Dann kann ich ja auch gehen." Zielstrebig tat ich meine Schritte in die Richtung des Meeres. Das erste eiskalte Wasser spürte ich an meinen Knöcheln, bevor ich immer weiter hineinlief. Die Kälte stach an meinem ganzen Körper, als wären es tausende von Messerstichen. Die Bewegung des Meeres, ließ mich meine vollständige Orientierung verlieren und kurzer Hand stand ich bis zum Hals im Wasser. Komplett durchnässt tat ich einen weiteren Schritt und schon machte ich meinen letzten Atemzug, bevor ich mit meinem Kopf untertauchte. Schnell atmete ich aus, wodurch ich näher zum Meeresgrund sank. Der Druck auf meinen Ohren wurde höher und mein Körper immer leichter. Tief schnappte ich nach Luft. Doch sofort hustete ich los, als ich das schmerzhaft, stechende Gefühl in meinen Lungen wahrnahm, während sie sich langsam mit dem eiskalten, salzigen Wasser füllten. "TAUCH AUF!" schrie mir die Stimme von Kiran ins Ohr, doch ich hörte nicht auf ihn. Ein weiteres Mal versuchte mein Körper nach Luft zu schnappen, aber es drang nur weiter Wasser in mich ein. Grob packte mich eine Hand am Handgelenk und zog mich nach oben.

Bis zum Ende mit dir   [boyslove]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt