Auf der Hochzeit (4)

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Es war einfach dem Fest beizutreten.

Der Wachmann neben dem offenen Tor hatte sich müde auf sein Schild gestützt und nahm die an ihm vorbeiströmenden Gäste kaum war. Zur Sicherheit hielt sich Katalia trotzdem eng hinter einer Gruppe von Mädchen und hoffte es sah so aus, als würde sie zu ihnen gehören. Nicht, dass sie das jemals könnte.

Sie kamen ihr fast vor wie Wesen aus einer anderen Welt, diese Mädchen. Mit ihren prächtigen Gewändern und klirrenden Armreifen und den sorgfältig übers Haar drapierten Numbiis. Es waren die Art von Mädchen die Katalia manchmal aus der Ferne erspähte, wenn sie in Sänften durch die Stadt getragen wurden.

Katalia fragte sich, ob diese Mädchen sich jeh um irgendetwas sorgen mussten.

Die meisten der Gäste standen in kleinen Gruppen beisammen und unterhielten sich. Hoch aufgerichtet, obwohl ihre Knie zitterten, bahnte sich Katalia ihren Weg durch die Menge und nickte im vorbeigehen Leuten zu, als würde sie sie kennen.

Stimmen und Gelächter erfüllten die Luft und eine Gruppe Musiker, auf einer wohl eigens für den Anlass konstruierten Bühne, stimmten eine Melodie nach der nächsten an. Das Essen, von dem Martinus geschwärmt hatte, konnte Katalia schon an der Pforte riechen. Es roch verführerisch gut. Wo war es bloß? Sie reckte suchend den Kopf.

Die farbenprächtigen Dekorationen, die prächtigen Gewänder der Gäste, sie konnte sich nicht satt sehen. Überall hingen Blumenkränze deren Geruch sich mit dem Geruch des Essens vermischte.

Endlich entdeckte sie den länglichen Tisch der mit Tellern und Töpfen vollgestellt war. Katalia schluckte. Welcher Haushalt hatte denn so viele Töpfe? Und die Teller waren wunderschön, aus Porzellan und mit feinsten Mustern verziert.

Am liebsten wäre sie sofort zum Tisch gerannt und hätte von jedem Topf so viel gegessen bis ihr schwindelig war, aber bisher rührte noch keiner der Gäste das Essen an, deswegen zwang sie sich zu warten.

Unauffällig musterte sie die umstehenden Leute und hoffte auf eine Art Zeichen, dass ihr bedeutete, dass es jetzt in Ordnung wäre zu essen.

Neben ihr stand eine größere Gruppe von Frauen, die sich mit einem Paar unterhielten, das, nach dem was sie überhörte, die Gastgeber und Eltern der Braut waren.

Katalia fiel auf, dass viele dieser Frauen Numbiis trugen, die beinahe durchsichtig waren und jeden die Umrisse der vielen teuren Haarspangen nur allzu deutlich erkennen ließen.

Das war befremdlich, denn soweit sie wusste, war der Zweck eines Numbii die Zöpfe und damit auch das Alter sowie den sozialen Status einer Frau zu verbergen. Nur für die Dauer des Festes sollten diese Dinge nicht zählen. Alter und Reichtum sollten vergessen werden wenn Leute zusammenkamen um zu feiern. Wussten die Frauen über den Zweck der Numbiis nicht Bescheid, oder wollten sie um jeden Preis ihren Haarschmuck zeigen?

Kopfschüttelnd wandte Katalia sich ab. Ihr Magen knurrte fordernd. Wann war es denn jetzt endlich gestattet zu essen?

,,Bist du hungrig?"

Überrascht zuckte Katalia zusammen und sah sich nach der hellen Stimme um.

Direkt vor ihr stand ein Kind, ein Mädchen und sah neugierig zu ihr hoch.

Es hatte sehr auffällige, grüne Augen und glatte schwarze Haare. Die Haare trug es nicht etwa in einem Zopf geflochten und mit einem Numbii verdeckt, sondern in zwei Hälften an die Seiten des Kopfes gebunden. Sie war also noch keine zehn Jahre alt. Allerdings zeigten ihre Züge bereits eine gewisse jugendliche Reife, die Katalia ihr Alter auf mindestens neun Jahre schätzen ließen.

 Allerdings zeigten ihre Züge bereits eine gewisse jugendliche Reife, die Katalia ihr Alter auf mindestens neun Jahre schätzen ließen

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Als Katalia nicht antwortete legte das Mädchen den Kopf schief und wiederholte ihre Frage.

Katalia räusperte sich, plötzlich ein wenig beschämt.

,,Ja, ich bin tatsächlich etwas hungrig. Und du?"

Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Legte den Kopf auf die andere Seite, kaute an ihrer Unterlippe und betrachtete Katalia als wäre sie der faszinierendste Anblick den das Universum zu bieten hatte.

,,Ja, ich auch." Entschied sie schließlich.

Katalia lächelte mild, wie man einem Kind eben zulächelte.

,,Dann was hältst du davon wenn wir beide zusammen zu dem Tisch dort drüben gehen und etwas zu essen holen?"

Die ohnehin schon großen Augen weiteten sich.

,,Wir können noch nicht essen! Erst nach der Zeremonie. Weißt du das nicht?! Sag bloß du warst noch nie vorher auf einer Hochzeit."

,,Oh, Ich war tatsächlich... schon... eine ganze Weile lang nicht mehr auf einer Hochzeit." Druckste Katalia herum.

Das Mädchen sah sie zweifelnd an, schien sich aber zu freuen ihr Wissen mit Katalia teilen zu können. Belehrend hob sie einen Zeigefinger.

,,Dann lass es mich dir erklären. Also, man muss warten bis kurz nachdem das Paar offiziell ihre Fingerabdrücke unter den Eheschwur gesetzt hat. Und dann wird alles für einen Moment still und die Leute tuen so als wären sie gerührt und dann gibt der Vater der Braut den Musikern ein Zeichen, nachdem er so tut als müsste er seine Tränen wegwischen natürlich, und die Musiker fangen an zu spielen und dann darf man, endlich, endlich tanzen und essen. Nicht vergessen: Um höflich zu sein, muss man den frisch Vermählten gratulieren und zwar spätestens bevor man sich seine zweite Portion holt."

Katalia nickte langsam, ein wenig überrascht von dem plötzlichen Schub an Worten.

Das Kind lächelte stolz. ,,Ich bin Malita. Was ist dein Name?"

Katalia murmelte ihren Namen und Malita schien sie von jetzt an als gute Freundin zu betrachten. Mit ihrer hellen Stimme fing sie an über Hochzeiten zu reden, während sie beiläufig ihre Finger mit Katalias verhakte und sie mit sich zog. In die entgegengesetzte Richtung vom Tisch.

Katalia seufzte und verdrehte sich den Hals, um den Duft des Essens noch ein wenig genießen zu können.

Eigentlich war alles was sie hier wollte essen, villeicht ein bisschen Fleisch oder einen Wertgegenstand in ihre Rocktasche schmuggeln und dann schnellstmöglich verschwinden. Es schien so, als würde das nicht ganz so einfach werden.

Während sie sich von Malita durch den Garten ziehen ließ verfluchte sie im Stillen Martinus und seine dummen Ideen.

KataliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt