An meiner Seite

74 6 1
                                    

[2] An meiner Seite

Das Wesen, dass dort sitzt, leuchtet in einem warmen Schimmer und das obwohl seine Farbe kaum kälter sein könnte. Das Licht, dass es ausstrahlt zieht sich wie weiße Fäden aus Eis durch den Raum. Ich möchte mich fast weigern, dass zu glauben. Ein verhasstes und abscheuliches Wesen sitzt hier direkt vor mir und zieht mich magisch an. Ich kann fast das Blut riechen, dass an diesem Wesen kleben muss. Widerwärtig. Ich hasse Engel.

Nach seinen Worten balle ich meine Hand zur Faust. Mein ganzes Inneres, meine Seele gibt einem solchem Ding die Schuld an dem Tod meiner Schwester. Meiner geliebten  Schwester! Ich möchte ihm die Federn einzelnd aus dem Gewebe reißen. Und noch mehr. Ich möchte sie in schwarze Farbe tunken, damit sie ihre hässliche Reinheit verlieren. Ich möchte es töten. So ein Gefühl hatte ich in meinem Leben noch nie. Der Engel sieht mich ruhig an, doch seine Augen scheinen meine Gedanken wie mit Speeren aufzuspießen. Ich kann meine Mordlust nicht geheimhalten, also stürze ich mich auf es. Bevor ich auch nur einer seiner Federn berühren kann, spüre ich ein unendliches Brennen an meiner Schulter und schreie auf. Das Federvieh hat mich an meiner Schulter gepackt und nun lodern dort blaue Flammen. Sie strahlen ein kaltes Licht aus. Ich kann die Verbrennungen auf meiner Haut spüren. Es fühlt sich an, als ob die Flammen meinen Körper zum schmelzen bringen. Ein Loch ist auch noch in den Pulli gebrannt. Ich sinke zu Boden. Ich gebe mich einem Wesen geschlagen.

"Hi Addison, mein Name ist Evan und ich bin nun dein Engel an deiner Seite.", sagt er doch ich knirsche nur mit den Zähnen.

"Ich will dich nicht an meiner Seite, Engel. Ich hasse dich.", flüstere ich mit gebrochener Stimme.

"Das weiß ich doch längst, aber du hast keine Wahl, Mensch. Ich bin hier um dich zu beschützen. " Mit erhabener Stimme fährt er fort :"Du wirst mich brauchen und ich werde hier sein um dein Leben zu retten."

"Wieso?", frage ich nach doch er sieht mich nur verwundert an.

"Ist es nicht genug, dass ich hier bin um dich zu schützen? Ich bin dein Schutzengel."

"Nein! Es wird niemals genug sein! Du hast auch nicht meine Schwester beschützt! Du bist nicht hier um mich zu beschützen, also nochmal: Wieso bist du hier?", schreie ich nun so laut ich kann. Selbst wenn meine Mutter den Lärm hören würde, hätte sie bestimmt bis morgen alles vergessen, also ist es mir egal, wie laut ich werde. Der Engel sieht mich irritiert an und dann wirkt er fast neugierig. Er kommt mir ganz nahe und flüstert :"Was bist du?"

Als ob er das nicht wüsste. Ich bin Addison Summers. Das Mädchen ohne Schwester, Vater und einer Mutter, die ihre Trauer in Alkohol ertränkt.

"Hmph. Man muss bloß die richtigen Fragen stellen, was Mistvieh?", zische ich und dann lege ich mich erschöpft auf mein Bett. Selbst wenn der Engel nur hier ist um mich zu ermorden, würde ich das nur zu gern begrüßen. Den Schmerz in meiner Schulter ignorierend, schlafe ich endlich ein. Lass diesen Tag endlich vorrüber sein.

Am Morgen erwache ich ziemlich früh für einen Samstag, doch der betörende Duft von Ei breitet sich in meinem Zimmer aus. Ich stehe schnell aus dem Bett auf und kämme mir mit den Fingern durch die Haare. Hat Mum etwa Frühstück gemacht? Benimmt sie sich wieder normal? Oh ich muss ihr von dem verrücktesten Traum seit langem erzählen, so wie früher, wo Mum nie gefragt hat wie ich und Jen geschlafen haben, sondern wie unsere Träume waren. Ich renne ich die Küche und rufe gerade nach Mum doch dann stockt mein Atem, als ich einen Engel vor unserem Herd stehen sehe. Seine Flügel liegen nah am Körper. Sein dunkles Haar sitzt perfekt und als er sich umdreht mustern mich smaragdgrüne Augen aufmerksam. Ich kann verstehen, warum man Engel oft männlich dargestellt hat. Er ist der Inbegriff von Männlichkeit. Zu schön um wahr zu sein. Ich starre ihn geschockt für einige Momente an und betrachte diese Vollkommenheit, dann fasse ich mich wieder und zische den Engel an. Er und sein geflügeltes Monsterpack haben mein Leben in die Tiefe gepresst, als ob sie mich unter Wasser in einer Badewanne umbringen wollten und ich verzweifelt strampeln musste. Genau so stelle ich mir das ganze vor. Ich verzweifelt am ertrinken, als diese Dinger mich unter Wasser drücken. Selbst wenn es einen Gott gibt, dem sie gehorchen, sind sie in meinen Augen schuld. Es kann nicht sein, dass sie nichts tun. Sie könnten uns allen einen schmerzensfreien und glücklichen Tod schenken. Ja, ich habe nie nach ewigem Leben verlangt. Nur, dass sie den Schmerz mindern, der zu mehr Schmerz führen kann, bis in die unendliche Verzweiflung, die drängt unseren Liebsten zu folgen. Sich selbst in den Tod zu stürzen kann auf einmal logisch klingen. Ich sehe das Wesen weiterhin an, als es sich wieder dem Essen zuwendet.

Ich Hasse EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt