Teil 1

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Schon früh am Morgen hörte ich schon Mama laut rufen: Aufstehen ihr Schlafmützen! Wie jeden Morgen, wartete mein kleiner Bruder Joel auf mich, bis ich meine Prothesen angezogen hatte.                Dann machten wir immer ein Wettrennen, wer schneller in der Küche ist und den besten Platz kriegt. Meistens ist es Joel, aber heute war es wieder ich. 

Früher, vor dem Unfall, war ich immer die, die gewinnt. Ich gewöhne mich aber noch dran. „Wir müssen euch etwas sagen" , sagte Mama, als wäre etwas sehr schlimmes passiert. Ihr müsst wissen, unser Vater verlies uns, kurz nachdem ich geboren war. Er war einfach weg. Ich würde ihn gerne mal treffen, aber es ist schwer ihn zu finden. Mama sagt immer, er sei Alkoholiker und raucht. Sie sagt auch, ich sollte es lieber aufgeben, sonst würde ich es bereuen, aber ich will ihn einfach nur mal sehen. Mama hat einen neuen Freund seit ungefähr zwei Wochen oder so und er heißt Tim und ist Handwerker. Ich und Joel mögen ihn beide sehr. 

„Wir haben uns entschieden, dass wir zu Tim ziehen werden. Er hat auch ein viel größeres Haus und auch richtig schön ist es dort" , sagte Mama eher hastig. „Ihr wollt was?" Ich spuckte mein Müsli wieder in die Schüssel. „Was ist mit meinen Freunden? Ich will nicht weg! Bitte!" , sagte ich eher laut. Mama probierte mich zu beruhigen. Tim stand nur still wie angewurzelt da. Joel war auch dagegen. „Schau mal mein Schatz." Sie legte den Arm um mich und wir setzen uns auf das Sofa. „Ja, ich weiß es ist weit weg von hier, wo deine Freunde sind, aber du kannst auch dort neue Freunde finden. Weißt du, Entscheidungen zu treffen sind immer schwer. Du kannst dir Zeit lassen." Ich nickte.

Im Bad waren wir beide ganz still und geschockt. Ich hörte nur die Nachbarskinder reden, die draußen vorbei liefen und Joels Zahnbürste. Ich dachte darüber nach, wie es sein würde, wenn ich nicht mehr hier wohnen würde. Aurelia würde ich so vermissen und Aaron am meisten, denn sie haben mir beide als der Unfall passiert ist sehr geholfen. Aaron und ich kennen uns schon seit unserer Geburt. Wir sind beste Freunde. Meine und Aarons Mütter möchten uns verkuppeln. Wir lieben uns aber nicht. Ehrlich gesagt mag ich ihn ein bisschen. Er mich auch glaub ich, aber ich bin mir nicht sicher. Wir sind einfach zu scheu, dass einer von uns dem anderem es sagt. Aurelia und ich sind aller, aller, aller beste Freunde. Wir sind wie Pech und Schwefel. Seit dem Kindergarten kennen wir uns. Ein Leben ohne sie ist unvorstellbar. 

Ich lief mit Aaron zur Schule. „Was ist los? Warum machst du so ein trauriges Gesicht?" , fragte mich Aaron unsicher. „Ich muss vielleicht wegziehen. In eine andere Stadt, ganz weit weg von hier, aber ich will und kann nicht wegziehen von hier, denn hier ist mein Leben. Du und Aurelia sind meine besten Freunde und ich will euch einfach nicht verlieren." , sagte ich verzweifelt. „Oh. Ich will auch nicht das du wegziehst. Ich wäre so allein ohne dich. Was sollte ich denn ohne dich alles tun?" „Ich weiß auch nicht." Ich spürte, wie eine Träne über meine Wange hinunter glitt. In der Schule angekommen, saß ich nur leise auf meinem Stuhl und passte gar nicht auf. Zum Glück war Jan heute krank. Jan ist sehr gemein zu mir und noch gemeiner, seit dem ich den Unfall hatte. Er nennt mich immer "Humpelmann". Er und seine "Gang" finden es lustig. Sie nennen sich "Bad Boyzzz". Die meisten mögen sie nicht. Aurelia hatte heute ein Zahnarzttermin und kam darum erst in der zweiten Stunde. In der ersten Stunde hatten wir Mathe. Langweilig. Für was braucht man bitte der pythagoräische Lehrsatz? Ich versuchte mich abzulenken. In der zweiten hatte ich Geografie. Es war cool, denn wir starteten ein neues Projekt über Umweltschutz. Dies lenkte mich ein bisschen ab. Aurelia bemerkte es gleich auch und sprach mich in der Pause darauf an. Ich erklärte ihr alles verzweifelt und sie umarmte mich. Wir weinten beide. „Ich will nicht!" ,sagte ich sehr traurig. 

Zu Mittag gab es Spaghetti. Niemand sagte etwas am Tisch, nur Tim schaute mehrmals auf sein Handy, als ob es etwas sehr wichtiges wäre. Joel sagte dann: „Und wann ziehen wir denn weg?" „Wir wissen es noch nicht genau, aber so schnell wie möglich, weil wir haben dieses Haus schon auf den Markt gestellt. Ein paar haben sich schon gemeldet, aber der Preis ist ihnen noch zu hoch." „Ja, aber kann ich dann wenigstens jedes zweite Wochenende hierher kommen und bei Aurelia übernachten?" , sagte ich. „Ja, das wäre eine gute Lösung mein Schatz." Ich mag es nicht so „Schatz" von Mama genannt zu werden, aber manchmal geht es. 

Das Leben hat nie ein EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt