Das ist sie nicht

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Moritz warf einen Blick auf das Chaos vor ihm und versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren. So ein Unfall war ganz und gar nicht ohne und obwohl seine Kollegen ihm immer sagen, dass er so ruhig und gefasst wirkte, fühlte er sich innerlich überhaupt nicht so. Es fiel ihm schwer sich zu konzentrieren. Während er mit Stephan  die Unfallstelle absperrte, sah er die ersten Rettungsfahrzeuge ankommen. Ob Jacky wohl auch in einem von ihnen saß? Wie würde sie mit der Situation umgehen können? Sofort setzten seine Sorgen und sein Beschützerinstinkt wieder ein, wobei ihm die Opfer des Unfalls allerdings ziemlich egal waren. Ein bisschen erschrak er über seine emotionale Kälte Gleichgültigkeit ihnen gegenüber. Er rechtfertigte sie damit, dass man in solchen Situationen einfach nicht objektiv denken konnte.
"Komm, wir schauen mal, ob uns jemand Informationen geben kann", riss sein Kollege ihn aus seinen Gedanken.
Moritz folgte ihm immer noch etwas geistesabwesend. Marion und Tom verbanden einem Mann mittleren Alters gerade eine kleine Wunde am Finger.
"Ist er vernehmungsfähig?", wollte Stephan wissen.
"Ja, er ist ganz gut dabei weg gekommen. Hat nur eine kleine Schnittwunde am Finger. Eine Gehirnerschütterung können wir ausschließen", sagte Tom.
"Dann erzählen Sie uns doch mal was passiert ist", forderte Moritz den Mann auf.
"Ja, also, das rote Auto da vorne...", begann er, doch Moritz hatte schon abgeschaltet.
Sein Blick schweifte umher, immer auf der Suche nach Jacky. War sie das da hinten? Auf jeden Fall kniete dort eine junge Sanitäterin mit einem langen Zopf vor einem scheinbar schwer verletzten Mann. Aber sie waren zu weit weg, um genaueres erkennen zu können.
"Mein Kollege nimmt jetzt Ihre Personalien auf und dann melden wir uns wieder bei Ihnen", riss Stephan ihn aus seinen Gedanken.
Schnell zog Moritz einen Block und einen Stift raus und nahm die Daten des Mannes auf.
"Warum bist du denn so abwesend?", wollte Stephan wissen, während sie zum nächsten Beteiligten gingen.
Moritz wollte ihm darüber nicht wirklich eine Auskunft geben, also zuckte er mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Doch Stephan ließ nicht locker.
"Suchst du nach Frau Wendt?"
Bingo, damit hatte er natürlich voll ins Schwarze getroffen.
"Ja, seufzte er, "Ich mache mir halt Sorgen."
"Sie ist doch gut in ihrem Job und hat sich inzwischen schon wieder daran gewöhnt, also was soll schon passieren?"
"Ist sie, aber ich habe einfach ein ganz komisches Gefühl."
"Vertrau mir einfach. Sie wird das schon schaffen."
"Ja, wahrscheinlich hast du recht. Sie ist mir inzwischen nur einfach echt wichtig geworden und naja, du weißt...du kennst mich halt."
"Hast du damit gerade zugegeben, dass du sie etwas mehr als nur freundschaftlich magst?"
"Lass uns da später drüber reden", winkte Moritz ab.
"Dann konzentrier dich jetzt aber bitte besser, alleine schaff ich das alles nicht", erwiderte Stephan.
Er nickte seinem Kollegen zu. Nun etwas fokussierter half er Stephan mit den Befragungen.
Das Ganze schien einfach kein Ende nehmen zu wollen. Manchmal ließ er seinen Blick über die Unfallstelle schweifen. Gerade als sie einen Mann befragten, der unter starkem Drogeneinfluss zu stehen schien, glaubte er plötzlich Jackys Stimme zu hören.
"Wir brauchen einen Krankenwagen!", schrie sie.
Moritz musste sich zusammen reißen, um sich nicht sofort umzudrehen, doch schließlich warf er doch einen kurzen Blick über die Schulter zurück. Dort stand eine junge Frau, die total fertig aussah. Natürlich, kein Wunder bei so einem Einsatz. Waren das Tränen in ihrem Gesicht und bildete er sich die Panik in ihren Augen nur ein.
"Oder was meinst du Moritz?", fragte Stephan ihn da.
"Ja, ja, doch. Das sehe ich ganz genauso", antwortete er schnell.
Stephan warf ebenfalls einen Blick in die Richtung.
"Das ist sie nicht", erwiderte er kopfschüttelnd, "Hattest du mir nicht außerdem erzählt, dass sie Frühschicht hat? Dann hätte sie jetzt auf jeden Fall schon Feierabend."
"Stimmt", murmelte Moritz und atmete erleichtert auf.
Wenn man etwas unbedingt sehen wollte, dann stellte man sich die Sachen manchmal einfach vor, also hatte er Jackys Stimme und Gesicht einfach auf eine andere Frau projiziert...oder? Ein kleiner Restzweifel blieb ihm noch, doch er hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn der Mann, den sie gerade befragt hatten, begann plötzlich zu flüchten.
"Komm Moritz, den schnappen wir uns", rief Stephan und rannte los.
Moritz folgte ihm. Gemeinsam schafften sie es den Übeltäter zu fangen und in den Streifenwagen zu bringen. Inzwischen waren fast alle Einsatzfahrzeuge wieder aufgebrochen, nur ein vereinzelter Rettungswagen stand noch dort. Moritz sah sich noch einmal um, doch die junge Frau war verschwunden. Er schüttelte energisch den Kopf. Das war nicht Jacky gewesen. Sie war unversehrt und sicher in ihrer Wohnung und aß vielleicht sogar gerade Schokopudding. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen, während er zu Stephan in den Streifenwagen stieg.

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Hey ihr Lieben,

Hups, da ist wohl was dazwischen gekommen und ihr erfahrt leider noch nicht was mit Jacky passiert. Das Kapitel ist leider etwas kürzer geworden, das nächste ist dann wieder länger.

Liebe Grüße und noch eine schöne Woche <3

ASDS/AS - Nur noch diese eine NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt