Schmerzen

63 1 3
                                    


~Sicht Katharina ~

Schon eine ganze Weile liefen wir die verlassene Schotterstraße entlang, bald würden wir den Rand des Suchgebietes erreichen und noch immer hatten wir nicht den kleinsten Anhaltspunkt wo das Mädchen war. So langsam kam bei mir die Frage auf, ob wir sie vor Anbruch der Dunkelheit noch finden würden. Außerdem machte ich mir Gedanken über Ihren Zustand, immerhin war das Telefonat plötzlich beendet gewesen. Wir hatten bereits Hunde angefragt, aber die könnten frühestens am nächsten Morgen bei der Suche helfen und wenn sie wirklich einen Hang hinunter gestürzt war, konnte Morgen definitiv zu spät sein Den je nach Höhe war so ein Sturz tödlich und das wussten wir alle. Immer weiter liefen wir nebeneinander her, riefen dabei immer wieder und wieder nach ihr. Bekamen aber nie eine Antwort. Ich schaute immer wieder den Hang hinunter, der direkt neben der Straße steil bergab ging, doch auch dort konnte ich sie nicht entdecken. Als ich ein weiteres mal den Hang hinunter schaute, rutschten die Kieselsteine unter meinem Füßen weck, erschrocken schrie ich auf. Ich kam immer weiter ins rutschen. Panik, mein kompletter Körper verkrampft sich. Ich sah mich schon fallen, da griff plötzlich jemand beherzt nach mir und zog mich zurück auf die Straße. MARKUS. Als ich mit beiden Füßen wieder auf der Straße stand atmete ich angespannt aus, mein Körper zitterte. Markus legte eine Hand auf meine Schulter und sofort lief mir ein warmer, angenehmer Schauer über den Rücken. "Alles ok?" Ich nickte ihm zu. "Pass auf ok, ich möchte nicht dich retten müssen, ich ...." Weiter kam er nicht den ich viel ihm ins Wort, ich war mir ziemlich sicher das ich jemanden rufen gehört hatte. Er hielt inne und wir lauschten gemeinsam in die Natur. Und wirklich da war leise ein "Hi...Hilfe" zu hören. Markus schaute mich an und wir nickten uns zu, das kam von unter uns. Vorsichtig gingen wir erneut an den Rand und schauten den Hang hinunter. Wir konnten im ersten Moment aber niemanden entdecken. "Hallo ist da jemand?" Brüllte Markus lautstark den Hang hinunter, wieder kam nur ein leises und schwaches "Hilfe" und jetzt konnte ich sie entdecken, da lag sie. Zwischen den Felsen ganz nah an der Wand, umgeben von Gestrüpp. Das war definitiv das Mädchen von heute morgen und gut sah sie, wie bereits befürchtet, tatsächlich nicht aus, aber das hatte ich mir ja am Telefon schon gedacht.
Völlig verdreht lag sie auf dem Rücken zwischen den Felsen. Generell sah sie ziemlich mitgenommen aus, so wie ich es von hier oben eben beurteilen konnte. Wenn sie wirklich den kompletten Hang, von hier oben hinunter gestürzt war, war das auch absolut kein Wunder. Es war eher ein Wunder das sie noch bei Bewußtsein war. "Lina. Wir kommen zu dir, bleib einfach ruhig liegen" rief ich hinunter, währenddessen war Markus schon damit beschäftigt die Sicherung vorzubereiten, damit wir absteigen konnten. Nur kurz darauf stand die Sicherung auch schon, zuerst klingte ich mich ein, Markus würde hinterher kommen. Jetzt brauchte Avelina erstmal ärztliche Hilfe, das war Priorität. Als ich den Hang vorsichtig hinunter stieg, vielen mir immer wieder blutige Stellen an der Felswand auf. Vermutlich war sie an diesen Stellen aufgekommen oder sie hatte versucht sich im Felsen fest zu krallen, woran sie offensichtlich gescheitert war. Vieleicht hatte sie sich auch kurz halten können und ihr war dann irgendwann die Kraft ausgegangen. Als ich bei ihr unten ankam, bestätigte sich das was ich schon oben vermutet hatte, Lina war schwer verletzt und es grenzte an ein Wunder das sie bei Bewußtsein war. "Hey, wir helfen dir jetzt, ganz ruhig liegen bleiben, wir bekommen das schon wieder hin." Versuchte ich sie zu beruhigen, obwohl ich selbst von meinen Worten nicht besonderes überzeugt war. Ihr Zustand war einfach mehr als Schlecht. Ich ließ meinen Rettungsrucksack neben ihr auf den Boden gleiten und gab Markus Bescheid das ich unten war. Dann kniete mich neben Avelina. Ihr Zustand gefiel mir überhaupt nicht, sie war überseht mit blutigen Schrammen, ihr rechter Arm war völlig verdreht und an der Stirn hatte sie eine große Platzwunde. Ihre Hände waren völlig zerschrammt und blutig und deuteten definitiv darauf hin das sie versucht hatte sich festzuhalten. Diese Verletzungen machten mir allerdings weniger Sorgen. So wie sie da lag, hatte ihre Wirbelsäule mit großer Wahrscheinlichkeit auch etwas abbekommen und auch inneren Verletzungen waren zu vermuten. Sie musste höllische Schmerzen haben.  "Lina hörst du mich?" Von ihr kam ein leises brummen. "Ich werde dir jetzt einen Stifneck, also eine Halskrause anlegen, um deine Nackenwirbel zu Stützen, dann lege ich dir einen Zugang und wir kümmern uns um alles weitere." Behutsam schob ich ihr die Halskrause unter den Kopf und schloss sie. Avelina hatte wärenddessen ihre Augen geschlossen. "Versuch wach zu bleiben." Ich schlug ihr leicht auf die Wange. "Komm schon, mach die Augen auf" Sie gab ein grummeldes leises Geräusch von sich und öffnete dann wieder ihre Augen. Diese waren glasig und man konnte in ihnen die Angst und Schmerzen sehen. Ihre Gesichtszüge waren angespannt und von dem hübschen, sportlichen Mädchen von heute Morgen war rein garnichts mehr zu sehen. Sie war nur ein Häufchen Elend und ich wusste bereits jetzt das es ein langer Weg für sie werden würde, wenn wir sie überhaupt lebend ins Krankenhaus bekommen würden. Im Moment war ich mir nämlich nicht so sicher wie lange sie das ganze noch aushalten würde. Ihr Zustand war mehr als nur kritisch.
Routiniert begann ich damit sie weiter zu versorgen. Ich legte ihr den Zugang und wollte wissen wie stark ihre Schmerzen waren, auch wenn ich mit die Antwort schon denken konnte. Die Konversation diente in diesem Fall mehr dem Zweck sie wach zu halten. Schwach und kaum hörbar hatte sie mir auf die Frage mit einer zehn geantwortet, so das ich ihr nur kurz darauf eine hohe Dosis Schmerzmittel verabreichte. Anschließend machte ich mich daran sie weiter zu untersuchen. Schnell stellte ich fest, dass ihre Schulter ausgekugelt war. Mittlerweile war auch Markus bei uns angekommen. "Ist sie transportfähig?" fragte er mich. Ich antwortete nicht direkt sondern warf ihm nur einen vielsagenden Blick zu. Da ich sie noch nicht weiter untersuchen konnte, gab ich ihm nur die Info weiter, das wir die Trage und die Vakuummatratze  brauchen würden. Damit wusste er das es um die Patientin sehr kritisch stand. Markus nahm sich sein Funkgerät und entfernte sich ein parr Meter von uns, um mit unseren Kollegen alles zu organisieren. Währenddessen want ich mich wieder Avelina zu.
"Es ist wirklich wichtig das du ganz ruhig liegen bleibst OK?" Schwach brachte diese ein „Ja" als Antwort hervor. Während ich mich weiter damit beschäftigte Lina zu stabilisieren kam Markus zurück zu uns. "Simon bringt die Trage gleich hier runter und macht alles für die Bergung fertig, kommst du hier klar, dann helf ich ihm, damit wir noch vor der Dunkelheit fertig werden." Ich nickte ihm zu. "Ok dann geh ich wieder hoch und helfe, Michi kann seine gelbe Hummel oben auf einer Wiese landen." Kaum hatte er das gesagt verschwand er und ich war alleine mit Avelina. Ich hing ihr eine Infusion an den Zugang, und diese befestigte ich an einem hängenden Ast. Anschließend wickelte ich ihr mit geübten Handgriffen einen Verband um den Kopf. Die Platzwunde würde mit großer Wahrscheinlichkeit im Krankenhaus genäht werden. Anschließend begann ich damit ihre Kleidung zu zerschneiden, um ihren Körper gründlich abzutasten zu können und eine bessere Sicht auf die Verletzungen zu bekomme. Ich tastete sie gründlich von oben nach unten ab, aber bei jeder Berührung hatte sie trotz Schmerzmittelgabe schreckliche Schmerzen, doch ich machte weiter, es ging nicht anders und sie schien es irgendwie auszuhalten. Als ich jedoch an ihrem unteren Rücken ankam, wimmerte sie plötzlich heftig auf. Sofort schossen ihr die Tränen in die Augen. Dabei hatte ich nicht einmal kräftig gedrückt und auch das Schmerzmittel müsste bereits angefangen haben, seine Wirkung zu entfalten. Doch es schien nicht zu reichen, so gab ich ihr bereits nach wenigen Minuten einen Nachschlag an Schmerzmedikation in den Zugang. Gleichzeitig hatte ich ihr aber mitgeteilt das ich mit dieser Dosis vorerst das Maximum an Schmerzmedikation erreicht hatte und ich ihr erstmal nichts mehr verabreichen konnte. Wenige Minuten nach dieser Dosis tastete ich sie noch vorsichtiger als zuvor ab, nur um festzustellen das alles was unter dieser Stelle lag, keinerlei Gefühl mehr besaß. Bevor ich mir darüber aber weitere Gedanken machen konnte kamen auch schon meine Kollege mit der Trage dazu. Es dauerte noch einige Minuten bis wir soweit waren, dann hoben wir sie vorsichtig an und schoben die Trage mit der Vakuummatraze unter ihren zierlichen Körper. Anschließend schnallten wir sie vorsichtig fest und ich passte die Vakuummatraze an. Bei jeder Berührung verzog sie das Gesicht, stöhnte auf und begann zu wimmern doch ich musste sie leider Fixieren um weitere Verletzungenzu verhindern. Tränen traten ihr in die Augen und sie versuchte verzweifelt ruhig zu bleiben und nicht durch zu drehen. Ich kniete mich erneut zu ihr und versuchte sie zu beruhigen. Ich strich ihr immer wieder sanft die Harre aus dem Gesicht und sprach beruhigend auf sie ein. Sie schauten mir mitten ist Gesicht, schloss ihre Augen und war plötzlich weck.

Never give upWo Geschichten leben. Entdecke jetzt