44. Alles vorbei?

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Meine Tränen flossen nur so über meine Wangen. Veranstalteten ein regelrechtes Wettrennen und hinterließen heiße, salzige Spuren auf diesen.

Mittlerweile war ich bereits an dem Punkt angelangt, an dem es mich verwunderte,  dass ich überhaupt noch im Stande war zu weinen. Hatte ich mich die letzte Nacht doch eigentlich vollkommen ausgeweint.

Nachdem ich gestern Nacht mindestens eine Stunde ziellos durch die erschlagende Dunkelheit gestolpert war, vollkommen aufgelöst und schluchzend, hatte es mich schlussendlich wieder in mein Zimmer verschlagen. Noch mitten in der Nacht schlürfte ich weinend durch die Flure des Studentenwohnheims, immer auf der Hut bloß nicht zufälligerweise auf Nate zu treffen. Schließlich hatte ich mich in meinem Zimmer verbarrikadiert, um abermals haltlos in mich hinein zu schluchzten. Dort, auf meinem Bett, hatte ich letztendlich auch die ganze Nacht zusammengekauert gehockt und mich einfach nicht bewegen können. Keine Sekunde hatte ich geschlafen. Stattdessen war ich immer tiefer in diesem Loch verschwunden, in das mich Nate unverhofft hinein geschubst hatte. War tiefer in die Dunkelheit abgerutscht und gab abwechselnd Nate und mir die Schuld für mein schmerzendes Herz.

Ich dachte ernsthaft, ich hätte den ganzen Schmerz, die ganze Enttäuschung und Traurigkeit raus gelassen, die mein Körper hergeben konnte. Doch anscheinend war noch so einiges übrig. Meine Tränendrüsen dachten überhaupt nicht daran sich zu beruhigen.

Mittlerweile tat mir mein aufgequollenes, rotes Gesucht, insbesondere die nassen Augen einfach nur noch weh.

Heute Nachmittag hatte ich es schließlich nicht mehr ausgehalten in meinen Zimmer zu sein. Dem Zimmer, was nur eine Flurbreite von Nates Zimmer entfernt war, in dem er sonst was trieb. Vermutlich ohne sich die Augen auszuweinen und nicht allein. Höchstwahrscheinlich hatte er nichtmal ein schlechtes Gewissen.

Allein bei dem Gedanken daran, dass sich Nate, nur wenige Meter von mir entfernt, mit irgendeinem anderen Mädchen vergnügte, riss kontinuierlich mehr Wunden in mein Herz. Tiefe klaffende Wunden, die mir unheimlich weh taten.

Das war auch der Grund, weshalb ich kurzerhand eine kleine Tasche gepackt hatte und mich auf den Weg zu Chiara gemacht hatte, die mich ohnehin schon die gesamte Zeit versuchte zu erreichen. Nachdem ich ihr gestern felsenfest versprochen hatte, die Fronten zu klären, wollte sie mit Sicherheit wissen, wie es mit Nate gelaufen war.

Tja, das Versprechen hatte ich mich gehalten. Und somit hatte sich mehr als deutlich herauskristallisiert, was ich ihm bedeutete: Rein gar nichts. Er hatte mich einfach nur benutzt.

Ich dachte, dass sich sich wenigstens das Gefühl von Klarheit weniger beschissen anfühlen würde.

Nun stand ich vor der Haustür von Chiaras Wohngebäude. Die Kaputze meiner Sweatshirtjacke hatte ich tief in mein Gesicht gezogen, um die tiefen Augenringe, Tränen und roten Flecken vor der Außenwelt zu verbergen.

Ich klingelte, worauf mir die Tür über die Freisprechanlage geöffnet wurde.

Chiara hatte noch keine Ahnung von all dem. Dazu war ich gestern nicht mehr in der Lage gewesen. Doch mit Sicherheit ahnte sie etwas. Schließlich hatte ich keine ihrer Nachrichten oder Anrufe entgegen genommen. Stattdessen hatte ich sie gebeten mich heute Abend aufzunehmen. So schnell wie möglich.

Ich drückte die Tür auf, um mich die Treppenstufen zu Chiaras Etage hinaufzuschleppen. Vollkommen außer Atem kam ich im dritten Stockwerk an und versuchte rasch einige verbliebene Tränen aus meinem Gesicht zu wischen, als würde das jede Spur der letzten Nacht aus meinem Gesicht verschwinden lassen, was natürlich nicht der Fall war.

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