Epilog

9.6K 264 45
                                    

„Lou...", leise drang mein Name zu mir durch. Immer und immer wieder wurde er zu mir geflüstert, wobei er mit jedem Mal deutlicher, lauter und klarer wurde: „Lou,... Lou..."

Ich spürte eine Berührung an meiner Schläfe, die sich daraufhin sanft durch meine Haare zog. Warm und behutsam glitten Fingerkuppen über meine Haut. Sie zogen ein angenehmes Kribbeln mit sich, welches mich erschaudernd wach rüttelte.

Langsam öffnete ich meine schweren Augenlider und blinzelte gegen das helle, kalte Licht, welches mir sofort auf der Netzhaut brannte. Ich kniff meine Augen schmerzlich zusammen, ehe ich sie abermals öffnete. Noch etwas benebelt, bemerkte ich wie sich die verschwommene Umgebung langsam zu einem klaren Bild zusammensetzte und die lauten Geräusche nun ebenfalls in meinen Gehörgang drangen.
Die vorherige Ruhe war wie verflogen, stattdessen breitete sich Hektik und Rastlosigkeit aus. Die Gummischuhe der zahlreichen Menschen, die von einem Zimmer zum nächsten hetzten, quietschten auf dem grauen Fußboden. Aus jeder Ecke drangen Stimmen zu mir hindurch, die zu einem Lautstärkepegel verschmolzen, der sich beim besten Willen kaum entwirren ließ. Ich sah Menschen, die auf den zahlreichen Sitzgelegenheiten verweilten und angespannt mit dem Fuß wippten, gelangweilt auf ihr Handy starrten oder erschöpft im Stuhl versunken waren, ähnlich wie ich.
Über die breiten Flure eilten Menschen in weißen und blauen Kitteln, meist mit einem Klemmbrett unter dem Arm und einer Atemmaske auf dem Gesicht.

Langsam dämmerte es mir wieder: Ich war in einem Krankenhaus.

Halleluja, wie lang hatte ich bitte geschlafen, dass ich mich derart verstrahlt fühlte?

„Hey, Lou...", holte mich abermals dieselbe Stimme sanft zurück in die Realität.

Ich musste wohl auf seinem Schoß eingeschlafen sein.
Vorsichtig hob ich meinen Kopf von den Oberschenkel, die in einer dunkelblauen Jeans steckten und richtete meine zerknirschte Gestalt auf.

Nur um, wenig später, Nates sanftmütiges Lächeln auszumachen.

„Na, gut geschlafen, Sonnenschein?"

Noch immer müde, verließ ein herzliches Gähnen meinen Mund, indessen ich versuchte meine offenen, langen, dunklen Haare irgendwie mit den Fingern zu richten.

„Es war ein bisschen hart, aber akzeptabel.", grinste ich ihm müde entgegen, was ihn ebenfalls zum Lächeln brachte. „Konntest du denn auch wenigstens ein bisschen schlafen?", erkundigte ich mich.
Im Anbetracht seiner müde aussehenden, grünen Augen, den tiefen Augenringen und den verwuschelten Haaren nahm ich an, er war die ganze Zeit wach gewesen, indessen ich es mir auf seinen Beinen bequem gemütlich gemacht hatte.

Und ich sollte recht behalten. Nate schüttelte nur seicht mit dem Kopf: „Nicht wirklich, aber das ist schon okay. Hauptsache du hast ein paar Stunden Schlaf abbekommen.", sorgsam nahm er meine kalte Hand in seine und umschloss diese fest.

„Du Samariter.", drehte ich die Augen, da ich manchmal tatsächlich das Gefühl hatte, ihm war mein Wohlbefinden etwas wichtiger als sein eigenes, was natürlich nicht stimmte.
Doch seitdem wir ein Paar waren, also seit der waghalsigen Aktion von Drew vor etwa drei Monaten, fühlte ich mich in jeder Sekunde, die wir miteinander verbrachten unfassbar glücklich, wohl und wertgeschätzt. Es war beinahe gruselig, wie viel wir uns gegenseitig bedeuteten und wie gut wir zueinander passten. Hatte unsere Geschichte doch mit einem verpflichtungslosen Abenteuer begonnen. Einer harmlosen ersten Begegnung, die zu einer leidenschaftlichen und einzigartigen Nacht geführt hatte, bei der es eigentlich bleiben sollte.
Tja, ich konnte zu dem Zeitpunkt ja nicht ahnen, dass Nate Brown sich zu der Liebe meines Lebens entwickeln würde und er diese Gefühle auch noch, ebenso stark, erwidern würde.

„Du kennst mich doch. Der Ritter in goldener Rüstung."

Daraufhin rollte ich abermals mit den Augen, drückte ihm dennoch einen weichen Kuss auf die Lippen, der mein Blut in Wallung brachte und noch immer Schmetterlinge durch meine Magengrube tanzen ließ. 

AttractionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt