Damien
Schlotternd hockt sie auf den Boden und hält sich selbst fest; wie ein zusammengekauerter Affe. Ihr Haar fließt über ihre schlanken Schultern und ihre Tränen überfluten ihre Wangen. „Sie sind richtig tollpatschig.", lasse ich sie seufzend wissen und laufe um den Tisch herum. Ihr trüber Blick und die nässe ihrer Tränen verunreinigen ihr blasses Gesicht. Vorsichtig hocke ich mich hin und hebe meine Hände zu ihrem Gesicht. „Ich werde Sie berühren, verstanden?"
Erst dann berühre ich sie.
Camillas tränenüberströmtes Gesicht liegt nun in meinen Händen, die sich sanft und behutsam um ihre Wangen schmiegen. „Sehen Sie mich an.", raune ich und versuche sie dazu zu animieren, mir in die Augen zu sehen. Mich nervt die Tatsache, dass meine Sekretärin einen Zusammenbruch in meinem Büro hat und ich mich um sie kümmern muss, damit sie der schwärze nicht endgültig verfällt. Trotz dessen, dass sie mir gleichgültig ist, habe ich ein Fünkchen Mitleid für sie, welches im selben Moment wie es gekommen ist, wieder erlischt.
Zärtlich streiche ich über ihre Wangen und spüre Unbehagen. Schwach blinzelt sie und hebt ihren melancholischen Blick. „Gut so, nun atmen Sie vier Sekunden durch die Nase ein, sieben Sekunden halten und acht Sekunden durch den Mund ausatmen. Haben Sie mich gehört?"
Eilig greife ich in meine Hosentasche und setze mich auf meinen Hintern. Danach lasse ich ihr Gesicht los und greife nach ihrer rechten Hand. Anschließend binde ich ein Pflaster um ihren kleinen Finger und beobachte im Augenwinkel, wie sie die Atemübungen durchführt. „Was machen Sie da?", fragt sie brüchig und schielt hinunter auf ihren Finger. Als mein Blick auf die schrumpelige Narbe fällt, zieht sie ihre Hand zurück.
„Beruhigen Sie sich. Es ist nur ein Trostpflaster.", sage ich und lehne mich zurück. Ich weiß selbst nicht, wieso ich das getan habe. Es ist die dumme Angewohnheit, die mir meine Mutter beigebracht hat.
Immer, wenn ich geweint habe, hat sie mich in ihren Armen gehalten. Dabei hat mich ihre Wärme ummantelt, während sie mir das Pflaster um mein Finger geklebt hat. »Dies nennt man Trostpflaster, Damien. Er nimmt deinen Schmerz auf und hindert ihn daran, nach außen zu gelangen. Gib gut auf ihn acht.« hat sie mir mit weicher Stimme erklärt und schenkte mir ihr schönstes Lächeln. Dabei hat sie meine dicken Tränen weg gestrichen.
Mittlerweile sehe ich sie nur noch verschwommen vor mir; nur das Lächeln um ihre rosigen Lippen und die langen, braunen Haare. Ich habe sie beinahe vergessen.
„Ein Trostpflaster.", wiederholt Camilla leise und schmunzelt. Ihre Mundwinkel heben sich und ein Grübchen erscheint. „Sie sind komisch."
Ich schnaufe belustigt. „Wenn ich komisch bin, was sind dann Sie?"
Camillas Pupillen weiten sich und kurz scheint sie überwältigt von etwas zu sein, bis sie ihren Kopf zur Seite beugt und schief grinst. „Jemand, die Sie zum Lachen gebracht hat?"
Mein Blick verdunkelt sich. „Sie werden übermütig. Gehen Sie wieder zurück an die Arbeit und kümmern sich sowohl um die Flüge als auch um das Hotel. Drei Nächte." Ich bringe mich selbst wieder auf meine Beine und tritt zurück, um Abstand zwischen uns zu bringen. Überrumpelt von meinem Sinneswandel, erhebt sie sich und presst ihre Lippen aufeinander. „Und bereiten Sie eine Präsentation vor, ich schicke Ihnen die Informationen zu.", fügt ich rasch hinzu.
„Okay.", murmelt sie abwesend und tritt zur Tür hinaus. Ihr schlotternder Körper verschwindet hinter der Tür, die leise ins Schloss fällt. Ich seufze und fahre herum, ehe ich mich zurück zu meinem Stuhl begebe. Müde blicke ich aus dem großen Fenster und führe mein Blick über die Gebäude Gegenüber von unserem.
Noch einmal denke ich über die Geschehnisse, der letzten 20 Minuten nach. Dabei frage ich mich, was der Grund für den Zusammenbruch und ob meine Handlung richtig gewesen ist. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Zeit schwindet, in der ich nach Heiratskandidatinnen suchen könnte.
Grund dafür ist mein Vater, der mir die Firma nur überschreibt, wenn ich heirate. Deswegen muss ich mir eine Frau suchen, die sich leicht mit Geld beeinflussen und manipulieren lässt. Vor allem aber, brauche ich eine Frau, die sich nicht hals über Kopf in mich verliebt und wie ein Schlosshund heult, wenn es zu einer Scheidung kommt. Denn, sobald ich die Firma gänzlich in meinen Händen habe, würde ich die Scheidung einreichen und unsere Wege trennen sich.
Genervt fahre ich mir über meinen Nasenrücken und öffne mein Laptop, um die nächste Frau von meiner Liste zu streichen. Ich habe zwar gesagt, dass ich eine Frau brauche. Aber keine hat meinen Ansprüchen entstanden. Entweder sie erwarten eine Liebesbeziehung, Sex oder stellen dumme Fragen, die rein gar nichts mit der Gesamtsituation zu tun hat. Fünf Frauen stehen bereits auf der Liste, denen ich nie wieder über den Weg laufen will.
Fünf verschwendete Abende, Dates und Gespräche, die ich hätte mit Arbeit verbringen können. Nichts von den fünf Tagen hat mich weiter zu meinem Ziel gebracht, die Hotelkette meines Vaters überschrieben zu bekommen. Heute ist der sechste, vermutlich verschwendete Abend, den ich mit einer Blondine verbringen muss.
***
Von weiten erkenne ich Aschblonde Haare im Schein einer Straßenlampe. Umgeben von einem Mantel, der ihr knappes Kleid verstecken soll, steht sie verloren am Wegesrand und schmiert sich knallroten Lippenstift auf ihre aufgespritzten Lippen. Dunkle Schatten bedecken ihre Augenlieder und die Striche darüber sind länger als ihre pinken Fingernägel.
Ohne ihre roten High Heels, wäre sie nur halb so groß wie ich. Sobald sie mich erkennt, klappt sie ihr Lippenstift zu und steckt es zurück in ihrer übertrieben glitzernden Tasche. Ihre Lippen kräuseln sich zu einem breiten Lächeln und sie winkt mir aufdringlich zu. „Hier!"
Ihre fast schon kreischende Stimme lässt mich das Bedürfnis verspüren, wieder heimzukehren, da ich kein Sinn in dieser Frau sehe. Mit ihr würde mein Vater sofort erkennen, dass es eine Lüge ist. Sie kleidet sich, für ein nobles Essen, wie eine junge Dame, die auf der Suche nach Sex in einem Club ist.
Sie spielt mit ihren Reizen, auf der suche nach Anerkennung der Männer oder Frauen, die ihr mit Neid hinterhersehen. Selbst ein pubertierender Scheißjunge würde ihr hinterhersehen und sich die erste Liebe mit ihr vorstellen.
„Schön dich endlich kennenzulernen!" Sie lehnt sich vor und reicht mir ihre blasse Hand mit einem übertriebenen Lächeln.
Ich schweige und lehne ihre Hand ab, weswegen sie überrascht die Augenbrauen zusammenzieht und mit ihren geschwungenen Wimpern blinzelt. „Nicht? Wie Schade, dabei sind meine Hände superweich!", behauptet sie und grinst verschmitzt. „Ich verstehe, du bist von der Schüchternen Sorte."
Dann klemmt sie ihre Arme um meinen rechten Oberarm und drückt mir ihr Oberkörper auf. Ich spanne meinen Unterkiefer an, hebe meinen Blick von ihren prallen Brüsten und schüttle sie von mir. Ihr Lachen erhellt die gesamte Straße und weckt neugierige Blicke, der Menschen, die noch herumschwirren. Sie hat dieses übertrieben leicht sprudelnde Lachen, welches mir unangenehm ist.
Ich bin nicht schüchtern, aber introvertiert und hasse die Aufmerksamkeit anderer Leute auf öffentlichen Straßen. Dennoch habe ich keine Schwierigkeiten mich durchzusetzen und für mein Scheißego gerade zu stehen.
„Tut mir leid, Anna.", murmle ich und ziehe beiläufig etwas Geld aus meiner Tasche. Mir ist die Lust auf diesen abscheulichen Abend vergangen, weswegen ich ihr fünfhundert Dollar in die Hand drücke und mich zu ihr herunterbeugte. „Du bist langweilig. Melde dich nicht mehr bei mir."
Empört japst sie. „Fick dich, Scheißkerl!", kreischt sie mir verzweifelt und wütend hinterher, als ich mich von ihr abwende und zurück zu meinem Auto kehre. Bevor ich den Abend mit ihr verbringe und damit riskiere aus dem Restaurant geworfen zu werden, erteile ich ihr lieber eine Abfuhr.
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Sweet lie - Liebe auf den ersten Blick?
RomanceWichtig: 𝐄𝐫𝐬𝐜𝐡𝐞𝐢𝐧𝐭 𝟐𝟎𝟐𝟓 𝐚𝐥𝐬 𝐏𝐫𝐢𝐧𝐭 »Er ist kein Prinz, aber mein Ehemann.« Vor einigen Jahren ist Nyra Durand unter falschen Namen, von ihrem tyrannischen Verlobten geflohen. Doch 6 Jahre später soll sich plötzlich alles ändern...