Kapitel 3

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Camilla

Mir gefriert sämtliches Blut in meinen Adern, als ich einen Blick auf die Tafel werfe, die unseren Flug anzeigt. Im nächsten Moment überlege ich, ob ich umkippen und eine Ohnmacht vortäuschen soll, um nicht in das Land zurückzukehren, aus welchem ich geflohen bin.

Tausende von Fragen schwirren in meinen Gedanken und haben mich sieben Nächte lang nicht schlafen gelassen. Nicht zu vergessen, dass ich, bevor ich losgezogen bin, mich vor Aufregung und Angst mich übergeben habe. Die Zahnpasta hinterlässt einen bitteren Geschmack, als ich meine Zunge in meinem Mund tänzeln lasse, während wir uns eines Rezeptionisten näheren.

Meine Hände zittern vor Nervosität, als ich kläglich versuche ihr unsere Flugtickets vorzuzeigen. Ihr weites Lächeln soll freundlich gegenüber uns wirken, doch für mich ist es wie ein: »Viel Spaß in der Hölle«.

„Ich will gut für Sie hoffen, dass es Businessclass ist.", mahnt er leise und sorgt dafür, dass sich Gänsehaut über meinen Körper zieht. Schweigend nicke ich und versuche mich daran zurückzuerinnern, ob ich mir die Tickets zweimal angeschaut, bevor ich sie gebucht habe.

Schließlich vernehme ich die warme Stimme, der Rezeptionisten, dessen Worte wie ein Messerstich in der Magengrube ist. „Ah ... zweimal Economy." Und mein Herz sinkt. Ich wage es nicht, meinen Blick zu heben und in die braunen Augen, die mich voller Abscheu durchbohren, anzusehen.

Vor meinem inneren Auge stelle ich mir vor, wie seine Gesichtszüge sanfter wurden und er mir dieses Pflaster zärtlich um meinen kleinen Finger wickelt. „Es ist nur ein Trostpflaster.", hallt seine Stimme wider.

Aber der, der neben mir steht, ist ein anderer. Einer, der dir die Augen ausstechen und deine Leiche in Einzelteile zerlegen wird, wenn er könnte.

„Sind Sie sich sicher?" Ich klammere mich an der Theke fest, als würde mir dies etwas bringen und schiele unauffällig zur Schlange hinter uns. Die genervten Gesichtsausdrücke setzen mich unter Druck, weswegen ich immer zappeliger wurde. „Ich hatte Businessclass gebucht."

„Tut mir leid, Ma'am." Wehmütig gleitet ihr Blick über mein Gesicht. „Hier steht Economy.", wiederholt sie und schiebt mir die Tickets entgegen, während sie auf das Wort deutet, welches bestätigt, dass wir Economy gebucht haben.

„Können Sie dies nicht upgraden oder sowas?", harke ich nach und streiche mir eine verlorene Haarsträhne zurück.

„Ja, aber dies würde nochmal extra kosten, pro Ticket.", erklärt sie und lässt ihre Finger über ihre Tastatur gleiten. Neben mir seufzt Damien und schaut genervt auf seine Uhr.

„Nicht nötig.", grummelt er und zieht mich, nachdem er die Tickets nimmt, von der Rezeptionisten fort. Sie winkt uns rasch hinterher und wünscht uns einen angenehmen Flug.

„Tut mir leid.", nuschele ich kleinlaut und lege meinen Koffer auf eine Ablage, bevor ich durch die Kontrolle gehe. Hinter mir steht Damien, der als nächstes durch die Kontrolle muss.

„Sparen Sie sich Ihre Entschuldigungen. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass mir Ihre Entschuldigungen nichts nutzen.", meint er und legt sich seine Uhr wieder um sein Handgelenk.

Ich fahre herum und erhasche mir einen Überblick. Damiens Augenbrauen sind genervt zusammengezogen und seine Lippen bilden eine schmale Linie. Sein strenger Blick ruht auf mir, während er sichtlich darüber nachdenkt, wie er mich am besten loswerden kann.

Ein unangenehmes Gefühl keimt in mir auf, weswegen ich meinen Blick abwende. Ich weiß, dass er mich nicht leiden kann. Schon am ersten Tag, an dem er mir die Fahrstuhltüren aufhalten musste und dennoch habe ich das Gefühl gehabt, dass ich die Einzige bin, die er bloßstellt. Aber dann fällt mir der Moment in seinem Büro ein.

Sweet lie - Liebe auf den ersten Blick?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt