2. Kapitel

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Eher beiläufig verfolgte Adrian die folgende Sicherheitsbelehrung der Kabinencrew. Die Show wurde nicht unterhaltsamer, je häufiger man sie sich zur Gemüte führte, aber natürlich gehörte die irgendwie zum Ablauf dazu. Das Kabinenpersonal konnte sicherlich ein Lied davon singen, mit welcher Aufmerksamkeit sie regelmäßig belohnt wurden. Für gewöhnlich klang die Stimme desjenigen, der die Ansprache hielt, entsprechend auch ziemlich abgehackt, doch als Adrian sich tatsächlich auf diese konzentrierte, war dem offensichtlich nicht der Fall. Während die jungen Frauen, die Begebenheiten des Fliegers zur Show stellten, lugte der dunkelblonde Steward nur kaum zu bemerken, hinter dem Vorhang hervor. Er sprach überraschend deutlich, zwar schnell, aber verständlich. Allzu lange hielt er Adrians Aufmerksamkeit, dann jedoch nicht. ,,Kannst du mir den Schnaps noch runter geben?", wand sich Nils an Adrian. Mit leicht erhobenen Augenbrauen drehte sich der Braunhaarige zu ihm: ,,Kannst du haben, wenn wir in der Luft sind!" Ganz bestimmt stand er jetzt nicht auf und machte sich an ihrem Fach zu schaffen, während sie längst dazu aufgefordert waren, angeschnallt sitzen zu bleiben und die Fächer geschlossen zu lassen. Das Flugzeug bewegte sich zudem mittlerweile in Richtung Rollfeld, Verständnis schienen seine Freunde dafür allerdings wenig übrig zu haben. ,,Dann hol ich es halt selbst!", Nils schnallte sich ab und zog in Erwägung sich an ihm vorbei bis zum Gang durchzuschieben, doch Adrian drückte ihn wieder auf seinen Platz. ,,Du kriegst deinen Schnaps noch früh genug, jetzt warte halt die paar Minuten!", er rollte die Augen, nur murrend schnallte sich Nils wieder neben ihm an. Die Stewardess, die das Szenario verfolgt hatte, bedachte sie mit einem wenig begeisterten Blick, vermutlich war sie allerdings mehr als froh, nicht selbst noch tätig werden zu müssen. ,,Cabin Crew, prepare for departure!", drang dieses Mal die Stimme des Piloten zu ihnen durch, Adrian erkannte sie nur weil sich dieser bereits kurz bei ihnen vorgestellt hatte, damit man am Ende des Fluges auch anständig klatschte. Die Flugbegleiter fanden sich entsprechend auf ihren eigenen Plätzen ein. Das Flugzeug hatte die Startbahn nun erreicht, das Geräusch der Turbinen war unverkennbar. Das Flugzeug beschleunigte, ehe es schließlich abhob und genau jenes Gefühl einsetzte, dass Adrian am Fliegen am meisten genoss.
Nach einigen Minuten hatten Sie wohl schließlich die angestrebte Flughöhe von etwa 10.000 Metern erreicht, Adrian hatte nicht gezögert sich seine Airpods in die Ohren zu stecken, als sich seine Freunde eifrig weiter über ihren vermeintlichen Entzug beschwert hatten. Die Durchsage des Flugbegleiters verstand er dieses Mal allerdings nicht, daran dass die Anschnallzeichen nicht verschwanden und das Flugzeug kaum merklich erschüttert wurde, ging er aber von leichten Turbulenzen aus. Kein wirklicher Grund zur Sorge, fanden zumindest auch seine Freunde, die munter ihre Getränke aus dem Handgepäck befreiten. Zumindest einen Pod nahm Adrian aus dem Ohr, als man die Flasche an ihn weiter reichte, er nahm einen großen Schluck. ,,Kannst du behalten, damit du auch mal lockerer wirst!", meinte Matthias. Adrian sparte sich des Friedenswillen einen Kommentar, trank aber weiter und verstaute die Flasche dann vorrübergehend in dem Netz am Sitz vor ihm. Der Aufforderung sich doch gern die im Fach enthaltene Karte, mit Snacks und Getränken, sowie Schmuck, Parfüm und was auch immer sonst zu Gemüte zu führen, kam er allerdings tatsächlich nach. Verlockend war das Angebot nicht unbedingt, mit Alkohol waren sie ja so oder so bereits bestens eingedeckt und lediglich der Cookie lachte ihm geradezu ins Gesicht. Die Uhren auf den folgenden Seiten waren auch recht ansehnlich, aber wenn er eines nicht braucht, dann waren das mit Sicherheit Uhren. Zu jedem seiner Geburtstage hatte er bisher eine von seinen Eltern bekommen und es gab längst genug mit denen sich Outfits kombinieren ließen und an der Funktionsweise änderte sich auch herzlich wenig. ,,Willst du die nicht Luisa mitbringen?", wollte Kai wissen und tippte von hinten auf das Prospekt in Adrians Hand. Er deutete auf eine weiße Uhr, deren innerstes golden die Kontinente zeigte. Passend dazu gab es natürlich ein goldenes Armband, das ein Flugzeug zierte. Die Augen rollend, schlug Adrian das Prospekt zu und verstaute es wieder in dem Fach: ,,Wir sind jetzt seit zwei Monaten getrennt und du kannst mir nicht sagen, dass du das noch nicht mitbekommen hast!", so ganz über die Trennung hinweg war er dann wohl doch noch nicht. Nils neben ihm schüttelte leicht den Kopf, nun griff Adrian auch wieder freiwillig zur Flasche. ,,Ich dachte echt, dass mit euch wird mal was richtiges!", mischte sich zu allem Überfluss auch noch Matthias ein und drehte sich zu ihm um: ,,War doch nen nettes Mädchen und hat voll gut gepasst mit euch!" Ein wahres Wunder, dass er nicht gleich auch noch auf Ihre körperlichen Vorzüge zu sprechen kam... ,,Offensichtlich nicht!", meinte Adrian knapp und war fast schon froh, dass der Steward sie mit dem Wagen erreicht hatte, den er vor sich durch den Gang schob. Nein, er hatte noch immer nicht vor etwas zu bestellen, aber er unterbrach doch immerhin mit seiner Anwesenheit die für ihn äußerst unangenehme Situation. ,,Möchten Sie etwas trinken oder essen?", wollte er wissen, Adrian verneinte, bevor er seinen Wagen wieder zurück in die andere Richtung bewegte.
Die Box hatten sie längst wieder angestellt, nicht gerade zur Freude der Kabinenbesatzung und andere Passagiere hatten sich allem Anschein nach wohl auch bereits zur Genüge beschwert. Alle Versuche der trotz allem freundlichen Stewardess, sie zum Ausschalten der Box zu bewegen, blieben allerdings vergeblich. Auch Adrian merkte den Alkohol mittlerweile, unangenehm war ihm das Ganze dennoch zu Genüge. ,,Komm jetzt macht die doch aus, das gibt doch nur Stress!", seufzte Adrian, fand aber wenig Zustimmung in den eigenen Reihen. Vermutlich bedauerte die Kabinencrew längst die schon beim Boarding offensichtlich mehr als angetrunkene Gruppe, überhaupt an Board gelassen zu haben. ,,Es wird Konsequenzen nach sich ziehen, wenn Sie die Box jetzt nicht abschalten!", auch der Steward hatte sich nun zu der Stewardess gesellt, die nahezu ununterbrochen auf sie eingeredet hatte. Tobias schnaufte verärgert: ,,Schon mal was von Menschenrechten gehört?", er stellte die Musik aus Protest gleich noch eine Stufe lauter. ,,Okay, es reicht!", sah sich nun Adrian gezwungen einzugreifen: ,,Gib mir jetzt die Box und du kriegst sie wieder, wenn wir gelandet sind." ,,Was wollen die denn machen, uns rausschmeißen?", wollte er wissen und schnaufte amüsiert. Adrian sah kurz zum Steward neben sich auf, der allerdings nicht ganz schlüssig wirkte. ,,Die Airline kann dir weitere Reisen untersagen und dann sieh mal zu, wie du 15 Leute nach Hause kriegst, und das zahlst du definitiv aus eigener Tasche!" Dieser Punkt schien offenbar zu fruchten: ,,Is ja gut, Böhm! Auf wessen Seite bist du eigentlich?", er reichte Adrian die Box, dieser verstaute sie gleich in seinem Rucksack. Eine Antwort bekam er nicht, aber der Applaus der restlichen Passagiere, sprach auch schon genügend für sich. Adrian hätte sich am liebsten auf der Stelle in Luft aufgelöst...

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