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Autoren Notiz:

Der Umzug ist soweit gut überstanden und ich habe auch schon einen neuen Job gefunden. Ich telefoniere für eine recht große Buchhandlung in Deutschland im Kundenservice. Deshalb bitte ich um euer Verständnis, dass es aktuell etwas schwerfällt mich aufs Schreiben zu konzentrieren, besonders jetzt in der vor Weihnachtszeit. Aber keine Angst, ich habe euch nicht vergessen. Wann immer ich freie Zeit und die Konzentration dazu habe, werde ich auch schreiben und weiter vorarbeiten.

Liebe Grüße eure Eileen.

In dem Moment als ich das Licht einschalte, trifft mich kalte Enttäuschung. Es war nur eine Silhouette, was sogar noch mehr wehtut als, wenn er wirklich hier wäre. Dass ich jetzt auch noch anfange zu halluzinieren, deute ich mal als ein schlechtes Omen, was mein Versuch betrifft, mich endgültig von Hardin zu lösen. Ich kann also nur hoffen, dass der Schmerz bald nachlässt. Als sich mein Puls allmählich wieder beruhigt, realisiere ich zum ersten Mal, dass er sich zum ersten Mal daran hält, sich von mir fernzuhalten. Warum? Es hat ihn doch sonst nicht interessiert, was andere wollen oder nicht wollen. Ich wünschte, ich hätte ein Handbuch für Hardin, vielleicht könnte ich ihn und sein Handeln dann besser verstehen. Da ich merke, wie mich die Traurigkeit wieder überkommt, schiebe ich alle Gedanken um Hardin beiseite. Was ich aber wieder auch nicht verstehen, wie kann ich traurig um etwas oder besser gesagt jemand sein, der mir nie gehört hat? Während ich überlege, ob ich weiter schlafen soll oder nicht, schreibt Steph mir eine Nachricht, dass sie heute nicht ins Wohnheim zurückkommt. Sie könnte genauso gut bei Tristan und Nate einziehen, da sie eh fünfmal in der Woche dort übernachtet, und Tristan vergöttert sie. Er hat ihr vermutlich beim zweiten Treffen von seinem Job erzählt.
„Du glückliche, Steph", murmle ich vor mich hin und nehme die Fernbedienung von ihrem Fernseher. Geistesabwesend zappe ich mich durch die Programme und bleibe schließlich bei einer Wiederholung von Friends hängen, die ich mindestens schon hundert Mal gesehen habe. Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich das letzte Mal einfach ferngesehen habe, aber es ist schön, so im Bett zu liegen und sich eine banale Comedy anzuschauen, um den ganzen Stress um Hardin zu vergessen. Nach ein paar folgen diverser Sendungen werden meine Lider schwer. In meinem schläfrigen Zustand verpufft mein Schmerz für einen kurzen Moment. Und ich wünsche mir, dass er hier wäre.

„Scheiße." Ein lautes Scheppern reißt mich aus dem Schlaf. Ich fahre aus dem Bett und schalte die Lampe ein. Hardin stolpert orientierungslos durch mein dunkles Zimmer.

„Was machst du denn hier?", frage ich ihn. Als er mich ansieht, sind seine Augen gerötet und glasig. Er ist betrunken. Na ganz toll.

„Ich bin hier, weil ich dich sehen wollte", sagt er und lässt sich lallend auf meinen Stuhl fallen.

„Warum?", beschwere ich mich. Ich weiß, ich habe mir gewünscht, dass er hier ist, aber doch nicht so. Und schon gar nicht betrunken um 2 Uhr nachts. 

„Weil du mir fehlst." Dieser Satz trifft mich mitten ins Herz und es ist mir in diesem Moment egal, dass er das nur sagt, weil er betrunken ist und es überhaupt nicht so meint. Ich wünsche mir in diesem Augenblick einfach nur, dass er bei mir ist. Doch mein logisches Denken hat heute noch keinen Feierabend gemacht und erinnert mich voller Gehässigkeit, an all die gemeinen Sachen, die Hardin gesagt und getan und daran, dass ich ihn eigentlich aus meinem Leben streichen wollte. 

„Du solltest wirklich gehen, es ist mitten in der Nacht und ich muss um 5 Uhr wieder aufstehen, außerdem will ich nicht mit dir reden, wenn du so betrunken bist."

„Ich bin nicht betrunken ... okay ... ich bin betrunken, aber das ist gerade egal, deswegen bin ich nicht hier. Warum willst du mich nicht? Etwa, weil ich dir nicht gut genug bin?" Dass er jetzt damit anfängt, habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet, sondern eher, dass er nur hier ist, um wieder einen Streit vom Zaun zu brechen. 

"Mir ist es nicht egal, ob du betrunken bist, morgen ist ein Wochentag, und ich brauche meinen Schlaf." Hätte er mich nicht so sehr verletzt und zweimal vor Noah bloßgestellt und gedemütigt, würde ich die ganze Nacht mit ihm durchmachen, nur um noch etwas mehr Zeit mit ihm verbringen zu können.

"Morgen ist Wochentag", äfft er mich nach.

"Wie kann man nur so spießig sein?" Er lacht, als sei es der beste Witz der Welt.

„Und das ist gerade wirklich der aller falscheste Zeitpunkt für solch ein Gespräch, Hardin. Ich bin müde und du bist betrunken. Ich bitte dich jetzt noch ein letztes Mal zu gehen, sonst ..."

„Sonst was?", da ist er wieder, dieser selbstgefällige Hardin den ich so sehr hasse.

„Ansonsten rufe ich die Campus Security."

„Das interessiert mich einen Scheiß und das weißt du ganz genau. Ich will doch einfach nur mit dir reden. Ich weiß, ich bin schwierig, aber ich bin mir trotzdem sicher, dass wir das hinkriegen." Die Hoffnung in seiner Stimme tut weh, denn auch ich dachte eine Zeitlang, dass wir es gemeinsam schaffen unsere Unterschiede zu überwinden und einfach zusammen sein können.

„Tut mir leid Hardin, aber ich sehe einfach nicht wie. Du ertrinkst deine Sorgen in Alkohol und löst deine Probleme mit Schlägen und so jemanden will ich nicht in meinem Leben. Und wer garantiert mir, dass das alles nicht mehr Teil deines kranken Spiels ist?"

Als er aufsteht und einen Schritt auf mich zu macht, bin ich im ersten Moment so perplex, dass ich aus Reflex vor ihm zurückweiche. Doch der Moment als meine Hand in seine nimmt und mit dem Daumen über meinen Handrücken streichelt, ist mir überhaupt nicht unangenehm. Ganz im Gegenteil sogar, es fühlt sich immer noch angenehm warm und vertraut an. 

"Dann hör ich halt einfach auf damit, ich brauche all den Scheiß nicht, ich brauche nur dich. Und keine Spiele mehr. Nur noch du und ich" Ich wünschte, ich könnte ihm glauben, das tue ich wirklich. Doch ich kann es nicht und ich hasse es, dass ich immer wieder die vernünftige Erwachsene sein muss.

"Nein. Das kannst du nicht und das wissen wir beide. Du hast ein Alkoholproblem und du willst dir nicht helfen lassen.

Und in Sekundenbruchteilen wandelt sich seine Stimmung: vom hoffnungsvollen und bittenden Hardin in den lauten und aggressiven Brüllaffen. 

"Ich habe kein Alkoholproblem, ist das klar? Ich bin nicht wie mein scheiß Vater", wenn er so drauf ist, ist ein normales Gespräch mit ihm nicht mehr möglich.

"Alles klar, ich geb's auf. Ich habe keine Zeit und vor allem keine Lust, mit dir hier zu klären, welche Probleme du hast oder nicht hast. Ich will einfach nur, dass du mich endlich in Ruhe lässt und aus meinem Leben verschwindest", solche Gespräche ziehen am meisten an meinen Nerven. 

"Ist das wirklich dein letztes Wort?"

"Ja", sage ich seufzend. Ich bin es einfach leid, mich wegen und mit Hardin ständig nur im Kreis zu drehen. Da ist es egal, ob ich ihn liebe oder nicht. Es ist einfach aussichtslos. 

„Also gibst du mich einfach auf, gibst uns auf?" Das ist einfach alles so lächerlich, dass ich laut loslachen muss und es ist mir scheiß egal, ob ich damit jemanden wecke. Er denkt mal wieder nur an sich, was er will und sein Schmerz. Wie es mir dabei geht, was ich will, und was ich fühle, ist ihm scheiß egal. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er allen Ernstes, nach allem, was er mir angetan und an den Kopf geknallt hat, wirklich denkt, wir hätten eine gemeinsame Zukunft. Geschweige denn, dass ich ihm auch nur ansatzweise jemals verzeihen könnte, was er Noah angetan hat. Ein Gedanke an all die Demütigungen von Hardin reicht aus, um meine Wut neu zu befeuern.  Der Schmerz und die Traurigkeit in seiner Stimme rühren an meinem Herzen, aber ich bleibe hart. Ich habe bereits zu oft nachgegeben, wenn es um Hardin ging. 

„Uns? Es gibt kein uns, was auch immer das war, was wir hatten, war doch nichts Halbes und nichts Ganzes. Also warum weiter darüber nachdenken und außerdem bin ich vergeben, ich liebe Noah."

Als er vor mir angewidert zurückweicht, weiß ich, ich habe mein Ziel erreicht.

„Würde es etwas ändern, wenn ich dir sage, dass ich dich wirklich liebe?"


After dem Stolz & den VorurteilenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt