„Mach dir bitte nicht zu große Hoffnungen, ja?", ihre Stimme bebte, drohte fast abzubrechen. Und doch gelang es ihr, die Enttäuschung, welche sie selbst seit Monaten plagte, vor ihm zu verbergen – so glaubte sie jedenfalls. „Robert, ich meine es ernst. Es tut so nur viel mehr weh."
Still legte er eine Hand behutsam an ihre Wange, die Tränen, welche sich dort ihren Weg bahnten, auffangend. „Ohne Hoffnung bleiben wir stehen, ohne sie werden wir nie die Freude erfahren, welche wir uns doch so sehnlich wünschen, mein Schatz", entgegnete dieser schlicht, mit einem Lächeln auf den Lippen und den tiefblauen Augen fest auf ihre gerichtet. Stumm vergrub Annalena das Gesicht in seiner Halsbeuge. Jede verstreichende Minute erschien ihr wie die reinste Folter und obwohl er an ihrer Seite saß, schien es schier unmöglich diese Qualen zu ertragen. Gewiss hatte Robert mit seinen Worten das Gegenteilige erzielen wollen, hatte ihr und vielleicht auch sich selbst den Mut, der sie in der Vergangenheit verlassen hatte, zusprechen wollen, doch es zerbrach schlicht ihr Herz.
Auch ihn hatten die letzten Monate ausgelaugt, gelang es ihnen doch nicht ihr Ziel zu erreichen. Müde lächelnd, die ermutigenden Worte, welche noch eben aus seinem Mund gekommen waren, nun selbst anzweifelnd, blickte er auf den kleinen Test in seiner Hand. Er hörte das stetige Ticken der Wanduhr über dem gemeinsamen Bett, das Geräusch, das das gnadenlose Verstreichen der Zeit ankündigte. Eine Macht, derer sie sich unmöglich entziehen konnten, unabhängig davon, wie sehr sie es sich doch gewünscht hätten. Er hatte Angst. Angst vor der Zukunft, Angst vor Annalenas Reaktion, wären sie ein erneutes Mal nicht schwanger, aber vor allem hatte er Angst vor dem Ergebnis – vor dem Hier und Jetzt.
Es schien verdammt, doch es lag außerhalb seines Handlungsspielraums es zu ändern, oft genug hatte er es versucht und war gescheitert. Das Schicksal war ihnen nicht geneigt und im gleichen Zuge starb die Hoffnung mit jeder verstreichenden Sekunde ein wenig schneller.
Ein schriller Signalton riss ihn aus den Gedanken, das Zeichen, welches Ernüchterung oder aber das so lang ersehnte Familienglück bedeutete. Seine Augen brannten, sein Körper, nun ebenfalls von Annalenas Schluchzern bebend, versteifte sich und die Ungewissheit zerriss ihn. Geräuschlos senkte er seinen Blick auf den kleinen Teststreifen, die Hoffnung, entgegen Annalenas Bitten nicht aufgebend.
Nicht schwanger.
Scharf zog er den Atem ein, ihm wurde übel, doch er konnte jetzt, wollte jetzt keine Schwäche zeigen. Gerade wollte er Annalena in den Arm nehmen, ihr versichern, alles würde sich bald zum Guten wenden, doch sie erhob sich tonlos, schlug die Hände vor den verweinten Augen zusammen und verließ das üppige Zimmer schnellen Schrittes. Noch einige Minuten später konnte er ihr leises Wimmern am anderen Ende des Flurs hören.
Ihm war schmerzlich bewusst, wo sie sich befand, ahnte er schon, dass er sie erneut an der kahlen Wand des leerstehenden Zimmers kauernd, auffinden würde. So war es bis jetzt noch jedes Mal nach einem negativen Testergebnis geschehen. Sie suchte Zuflucht. Zuflucht an dem Ort, an dem ihr gemeinsames Baby hätte leben sollen. Zuflucht im verlassenen Kinderzimmer.
Sie behielt Recht. Wie immer dachte er, denn die Hoffnungen, welche soeben niedergeschmettert wurden, ließen sein Herz umso stärker bluten. Wann würde er endlich lernen, auf sie zu hören?
Kurz haderte er mit sich selbst, wollte er doch bedingungslos an ihrer Seite stehen, sie trösten und ihr versichern, dass es beim nächsten Mal ganz bestimmt klappen würde, aber auch diese Worte hatten mit der Zeit ihren Wert verloren. Annalena, diese starke, unabhängige Frau, diese eine Person, der es immer wieder gelang ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern, hatte sich verloren. Er hatte sie verloren. Und Robert selbst?
Langsam und herzzerreißend brennend spürte er die ersten Tränen über seine Wange gleiten, erste vereinzelt, doch schnell folgte ein unkontrollierbarer Strom. Er hatte die Beherrschung verloren, brach zusammen. Seine Atmung ging schnappend und schon bald verschwamm seine Sicht gänzlich. Alles um ihn herum verschwand, sodass die Panik, welche unablässig in ihm aufstieg, die Kontrolle gänzlich übernommen hatte.
Robert Habeck war ein gebrochener Mann. Er hatte seine Familie aufgegeben, sich selbst verloren, und erkannte Annalena kaum wieder. Diese unberechenbare Trauer, all der Schmerz und die gebrochenen Herzen waren dies nicht wert gewesen, aber jetzt schien es zu spät. Sie brauchte ihn, er brauchte sie, aber beide kamen sie nicht über den eigenen Schmerz hinweg, welcher sie zu blenden schien. Und erneut, wie in den letzten Wochen so oft, wurde ihm schmerzhaft bewusst: Herzen können brechen. Ja, Herzen können brechen. Manchmal glaubte er, es wäre besser, sie würden sterben, wenn sie brechen, doch das taten sie nicht.
Ihre Tränen waren unterdessen abgebrochen.
Alles war taub und ihre Gefühle abgeflacht. Ihre trüben, schmerzenden Augen wanderten die kahlen, puderroten Wände entlang. Für einen kurzen Augenblick nur erlaubte sie sich an dem geschmierten Schriftzug hängenzubleiben. „Baby Baerbock-Habeck", hatte Robert dort mit weißer Wandfarbe hingeschrieben, mit einem viel zu großen Pinsel, die benachbarten, frischgestrichenen Wände ebenfalls bekleckernd. Sie hatte damals mit den Augen gerollt, sie hatten gemeinsam gelacht, sich vor Vorfreude in den Armen gelegen und sich ausgemalt, wie ihr Leben durch ein Baby aufgemischt werden würde, doch diese Träume waren ihnen schnell vergangen.
Traurig lächelnd fuhr sie sich über den flachen Bauch. Wieso konnte sie kein Baby bekommen? Wieso war es ihrem Körper nicht möglich, die einzige Aufgabe zu erfüllen, die er hatte? Warum wollte es ihr nicht gelingen, Robert seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen? Ihr schwerer Kopf traf die kalte Backsteinwand hinter ihr. Der Schmerz, von dieser Stelle ausgehend, pulsierte unangenehm durch ihren gesamten Körper. Sie schloss die Augen, ließ alles noch einmal Revue passieren: Roberts hoffnungsvolle Worte, seine Umarmungen, sein Gesicht, die Art, wie sich sein Körper verkrampft hatte, als der Test wieder negativ gewesen war und plötzlich traf sie eine Welle der Schuld.
Sie wollte das alles nicht mehr, wollte nur, dass sie endlich ihr so lang erhofftes Happy End bekamen. Nicht einmal jetzt konnte sie ihm beistehen, ihn trösten oder ihm gar in die grauen Augen sehen. Beinahe schämte sie sich, das sie keine Verantwortung für ihr Versagen übernehmen konnte, doch ihre Kraft war aufgebraucht. Alle Tränen waren geweint, die Hoffnung aufgegeben und ihre Liebe bröckelte, das konnte sie spüren und es zerriss sie förmlich. Annalena wusste, sie würde Robert verlieren. Es war lediglich eine Frage der Zeit.
Laute, schleifende Schritte, die bedrohlich vom Gang her schallten, rissen sie aus der Trance. Ihr Körper begann zu zittern, die Tränen liefen wieder frei und unzähmbar. Wann hatte das alles begonnen? Warum fürchtete sie sich so vor Robert, vor seiner bloßen Anwesenheit, hatte er ihr doch noch nie einen Grund dafür gegeben. Es musste die Konfrontation sein, sagte sie sich selbst, die Furcht, sein Herz brechen zu sehen, ihn sagen zu hören, dass ihre Beziehung enden müsste, weil er es nicht mehr aushielt mit ihr und ihrer Unfähigkeit.
Sie würden sich privat verlieren, das war ihr bitter bewusst, würden jede Möglichkeit am Schopfe packen, nicht mehr miteinander arbeiten zu müssen. Das würde das Ende von Annalena und Robert sein. Ein haarsträubender Schrei entfuhr ihr bei diesem Gedanken. Sie konnte ihn nicht verlieren, wollte, dass er für immer an ihrer Seite stand, aber sie konnte ihm eine gegenteilige Entscheidung schließlich nicht verübeln.
Seine Schritte wurden lauter, ihr Atem schneller und ihr Körper hatte sich in einen Zustand äußerster Panik verkrampft. Die Hände fest gegen ihre Schienbeine gepresst, die Augen stur auf die Tür ihr direkt gegenüber gerichtet, erblickte sie, wie sich die Türklinke hastig nach unten drückte. Es gab kein Entkommen. Sie mussten ihrem Schicksal in die Augen blicken, auch wenn es sie gar umbringen würde.
———————————
Wie gesagt nur ein kurzes erstes Kapitel, um die Richtung so ein bisschen zu geben, ohne große Handlung oder Dialog. Ich habe große Pläne mit diesen paar Kapiteln und ich hoffe so komme ich ins Schreiben wieder rein (Ich hab nämlich ehrlich gesagt ein bisschen das Gefühl, es verlernt zu haben).Anyways, schreibt mir gerne, wie es euch gefallen hat und wir sehen uns dann schon ganz bald wieder:)
Passt auf euch auf <3
DU LIEST GERADE
Unbreak my heart - Baerbeck
FanficDas hier ist eine Baerbeck Story (wie wahrscheinlich unschwer erkenntlich) und es wird vor allem um das ein oder andere gebrochene Herz der beiden gehen (auf die eine oder andere Art und Weise) Disclaimer: Die handelnden Personen, sowie die Handlun...