Kapitel 1

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Faraldeon betrachtet den Himmel. Es ist kein Stern zu sehen, da die Lichter der Stadt den Himmel orange färben. Das müsste das teuerste Hotel der Stadt sein, vielleicht nicht das größte Zimmer, aber dennoch eine beeindruckende Aussicht. Er lässt seinen Blick gen Boden wandern und schaut zu, wie Autos immer wieder in jegliche Richtungen über die Kreuzung fahren. Aus dieser Höhe sehen sie aus wie Spielzeugautos oder eine dieser elektrische Rennbahnen, wie Faraldeon sie als Kind hatte. Nachdem ihm kurz der Gedanke an seine Kindertage gepackt hat, wendet er sich der Straße ab und lässt die vielen leuchtenden Wolkenkratzer, Ampeln, Leuchtreklamen und Straßenlaternen auf sich einwirken. Alles verwischt durch den Regen, der die Scheiben mit hunderten kleinen Flüssen flutet. Er schaut auf seine Uhr und bemerkt das er sich langsam für das anstehende Treffen fertig machen sollte, worauf er seinen Anzug aus der Tasche nimmt und sich umzieht.
Faraldeon geht zum Spiegel. Okay, alles sieht gut aus, dann los, denkt er.

Sein Chef meinte es sei ein extrem wichtiges Treffen, vorallem in Zeiten des Krieges. Jetzt, da ein momentaner Waffenstillstand herrscht, ist es Zeit das die Firma den Ruhm kriegt, den sie verdient. So ungefähr drückte er sich jedenfalls aus. Es ist kein Krieg wie in früheren Zeitaltern, mit großen Schlachten und Schneißen der Zerstörung, aber ein paar kleinere Schlachten finden dennoch statt. Außerdem geschehen viele Anschläge auf einzelne Personen, besonders seitens der Elfen auf wichtige Köpfe in den Reihen der Zwerge. Ein paar Menschen sind bei beiden Fraktionen vertreten. Seitdem sie ihren letzten Krieg verloren haben, haben sie immer ihre Neutralität bewahrt. Faraldeon ist noch jung und hat keinen der alten Kriege miterlebt, worüber er aber auch froh ist, ihm reicht der aktuelle vollkommen aus. Manchmal ist es seltsam für ihn als Mensch einen elfisch angehauchten Namen zu haben, aber ein Elf namens Faraldir hat seiner Mutter einmal das Leben gerettet und zum Dank floss sein Name mit in die Entscheidung für Faraldeons Namen. Wie ist er jetzt auf seinen Namen gekommen? So richtig weiß er selbst nicht, aber es ist auch egal. Er greift zur Schlüsselkarte und öffnet die Tür, welche so leise wie ein Elf auf der Jagd ist, aber so riesig wie ein Anführer des Flussvolkes und so prachtvoll wie die Hallen der Zwerge. Es fühlt sich immernoch seltsam an in einem so edlen Etablissement zu sein, aber so lange er dafür bezahlt wird, anstatt bezahlen zu müssen, ist es ihm recht. Faraldeon geht langsam zum Fahrstuhl und versucht so viel Zeit wie möglich zu schinden um das Treffen zu verzögern. Irgendwie hat er ein seltsames Gefühl deswegen, aber das ist es nicht, es ist eher die Tatsache das er nicht gerade ein Freund aller Menschen, Elfen oder sonstigen Wesen ist, wenn möglich versucht er soziale Interaktionen zu vermeiden, aber auf Arbeit spielt er seine Rolle und bringt so jegliche Gespräche erfolgreich über die Bühne. Faraldeon schließt die Tür und macht sich in Richtung Fahrstuhl auf.

Eine hohe , aber kräftige Stimme ertönt: „Hallo. Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, Herr?", fragt sie. Hier gibt es Zwerge? Aber... Ich breche den Gedanken ab. „Ja, alles gut, danke.", antworte ich höflich. Ich lächle sie an und versuche unbeeindruckt zu wirken, während ich die Hand zum Fahrstuhlknopf ausstrecke. Diese Begegnung hat mich nicht gerade beruhigt. Aber egal, es ist nur eine Geschäftsreise und dieses Hotel ist sicher völlig in Ordnung, kein Grund zur Sorge. Der Fahrstuhl will einfach nicht kommen und ich höre wieder die Schritte der Zwergin langsam den Flur entlang näher kommen. Okay Faraldeon, kein Grund zur Panik, sind ja schließlich nicht alle Zwerge kriegerisch, das wird gaaaanz sicher kein terroristischer Anschlag werden. Die Fahrstuhltüren öffnen sich endlich, einem schrillen „bing" folgend. Endlich. Ich mache einen hastigen Schritt durch die Tür und suche den Knopf für meine Zieletage. Als ich die Taste drücke, sehe ich auf der Konsole ein Wappen der Zwerge. Ist das etwa ein Zwergenhotel? Das würde natürlich die Zwergin erklären, naja das ist auf jeden Fall erstmal beruhigend. Irgendwie. Ich atme tief durch und bemerke das noch andere Personen im Fahrstuhl sind, ihre Körper spiegeln sind in den Gold glänzenden Wänden. Ich drehe mich nicht um, aber versuche einen Blick zu erhaschen. Eine junge Dame, vermutlich eine Elfin oder Menschin, zwei Zwerge und ein anderer Elf. Eine wahrlich seltsame Gemeinschaft, aber geht mich ja nichts an. Naja anderseits, die junge Frau hat irgendwie eine außergewöhnliche Präsens. Allerdings sollte ich jetzt aufhören mich auf sie zu konzentrieren und mich auf mein Treffen vorbereiten. Ich schaue auf die Fahrstuhltasten, sie scheinen in die selbe Etage zu wollen wie ich, vielleicht auch ein Geschäftsessen? Vielleicht sitzen sie ja in meiner Nähe. Wollte ich nicht aufhören darüber nachzudenken? Ja. Also wo war ich? Genau, das Treffen, also... . Verdammt. Der Fahrstuhl ist schon oben. Aber egal, ich weiß ohnehin nicht worum es geht. Es ist zwar ein wenig seltsam von meinen Chef gewesen, mir keine Informationen über irgendwas zu geben, aber eigentlich ist es mir auch egal, solange ich bezahlt werde. Während ich das denke muss ich leicht lächeln, woraufhin die Person am Empfang mir zurücklächelt. Minimal unangenehm, aber immerhin ist so schon mal die Begrüßung der Empfangsdame gemeistert. „Ähm, ich hab hier heute ein Geschäftsessen und die Leute müssten schon da sein.", sage ich unbeholfen, während ich noch auf sie zu laufe. Sie fährt mit dem Finger über die Seite eines Buches. „Hiko Cooperation?"
„Ja, genau.", erwiedere ich, mittlerweile stehend. „Folgt bitte der Dame.", meint sie und zeigt auf eine junge Menschin, welche die gleiche Kleidung wie die Empfangsdame trägt, jedoch in einer anderen Farbe. „Sie wird euch hin bringen." Ich nicke kurz und folge der Frau, währenddessen ich neugierig alle Gäste inspiziere. Ich muss wie ein Psychopath aussehen, aber naja, mich bemerkt eh niemand. Es ist ganz schön voll, trotz der hohen Preise, aber vielleicht entdecke ich ja eine Berühmtheit. Oder die Elfin aus dem Fahrstuhl. Bei meinem letzten Gedanken muss ich wieder leicht lachen und lächle dabei einen älteren Mann an, während er gerade Spaghetti durch seine zu einem O geformten Lippen zieht. Maximal unangenehme Situation, ich sollte wirklich weniger Monologe führen und mich dabei zum Lachen bringen. Die Frau führt mich durch den halben Saal und nach einem speziellen Klopfzeichen wird eine kleine Tür geöffnet. Die Atmosphäre hier weicht stark von der im großen Raum ab. Draußen hörte man Menschen reden und kichern oder Besteck klirren, jedoch in gemäßigten Ton, sodass man selbst den kleinen Flügel in einer Ecke des Raumes überall gehört hat. Die Gold verzierte Decke und Lampen fügen sich dank des warmen Lichts und der rotorangenen Samttapete zu einem edlen Bild zusammen. Dieser Raum hier hingegen sieht mit seinen schwarzbemalten Betonwänden und der Neonlampe aus, als wäre er aus einem Krimi. An dem großen rechteckigen Tisch sitzt eine seltsame Runde. Ein Zwerg in feinem Anzug , verhältnismäßig kurzem, geflochtenen Bart und einem Sidecut mit nach hinten gegelten Haaren. An seinen dicken kurzen Fingern sind ziemlich teuer aussehende Siegelringe und um seinen Hals trägt er eine Kette, welche aussieht wie aus diesen Kristallen die laut den Elfen aus Sternenlicht sind. Der könnte gut als König Daron durchgehen, also nicht das ich viele Bilder oder Videos von ihm kenne, nur die üblichen Szenen aus den Nachrichten, aber Ähnlichkeit ist definitiv da. Ich schätze der Zwerg ist unser Kunde. Neben ihm sitzen zwei andere, weniger teuer gekleidete Zwerge mit Hemd und Krawatte, über denen Waffenholster hängen. Okay, unser Kunde weiß sich definitiv zu verteidigen, macht mich gaaaaar nicht nervös. An der rechten Seite des Tisches sitzen sowohl vier ältere Zwerge, als auch ein Mensch, wobei letzterer hier genauso wenig rein passt wie ich, aber offensichtlich zu den anderen gehört. Meine Begleiterin verlässt den Raum und sofort stellen sich zwei mit Äxten bewaffnete Zwerginnen, welche hinter mir an der Wand standen an beide Seiten neben der Tür. Der breite Zwerg im Anzug gibt mir mit einer Handbewegung zu verstehen das ich mich setzen soll. Ich schaue zur linken Seite des Tisches. Oh mein Gott, vielleicht hab ich ja doch Glück. Dort sitzt die Vierer Gruppe aus dem Fahrstuhl, aber daneben noch eine andere Person. Ein alter, schmaler Elf mit runzliger Haut welche aussieht als würde sie gleich zerfallen, auch sein dünnes, nicht sehr dichtes gräuliches Haar macht diesen Eindruck. Ich hab noch nie einen alt aussehenden Elfen getroffen, echt verrückt. Aber okay, jetzt auf die Arbeit konzentrieren. Unbewusst wandert mein Blick dennoch zu der Elfin, ihr Körper ist von einem dunkelgrauen Umgang mit Kapuze bedeckt, welcher den Großteil ihres Gesichtes in Schatten hüllt, aber ich kann ihre Augen funkeln sehen, wie 2 Sterne, die in dunkelster Nacht den Weg weisen. Was zum...? Was ist denn nur los mit mir? Jetzt aber wirklich auf die Arbeit konzentrieren. Hat der Oberzwerg schon begonnen zu reden, als ich geistig abwesend war? Das ist eine sehr gute Frage. Für Monologe ist jetzt echt kein guter Zeitpunkt Faraldeon, dann einfach antworten auf gut Glück. „Guten Abend." Alle Zwerge schauen mich ungläubig an. „Wie könnt ihr sprechen ohne aufgefordert zu werden?", fragt einer von den älteren an der rechten Seite des Tisches mit ziemlich hoher Stimme. Ähhhm, das ist jetzt ne Zwickmühle, war das eine Aufforderung zu sprechen oder bloß rhetorisch gefragt? Ich antworte einfach mal. „ Ähm, tut mir leid. Ich wollte das Gespräch einfach voran treiben. Aber wo ich einmal dabei bin, worum genau geht es denn heute?"
„Das ist ein guter Punkt. Fangen wir endlich an.", ertönt eine krächzende blechernde Stimme. Es ist der alte Elf, seinen Kopf auf seine mit silbernen Reifen geschmückten Arme gestützt. Der alte Zwerg neben mir schiebt mir ein Blatt Papier und einen Stift zu. „Wir brauchen hier eine Unterschrift, ihr braucht es nicht zu lesen. Euer Chef hat bereits alles geklärt. Bloß ein Lieferschein, aber zur Sicherheit aller Parteien und aus rechtlichen Gründen, benötigen wir eine Unterschrift. Ich schaue auf das Papier, aber kann die Schrift der Zwerge nicht lesen, das ist jetzt unpraktisch. Ich traue mich aber auch nicht nachzufragen, ich nehme den Zettel und unterschreibe. „Nun denn. Übergebt uns die Ware, Taldros.", sagt der Zwerg und macht eine Handbewegung in Richtung des Elfens. „So sei es." Taldros steht auf und rüttelt an der vermummten Elfin als Zeichen das sie sich bewegen soll und weist sie an an die anderen Seite des Tisches zu gehen. Taldros lässt ein verschmitzt, grausames Lächeln aufblitzen. „Nun zu meinem Teil.", während er das sagt, bemerke ich das es aussieht als wäre die Elfin an ihren Händen gefesselt ist. Ist sie etwa die Ware? Heiliger Gismo, ich sag zwar jedem ich glaub nicht an dich, aber falls du existiert, bitte lass sie nicht die Ware sein. Ich beginne zu schwitzen. Okay, ruhig bleiben, ich gebe bloß ein Paket ab, ein ziemlich lebendiges, aber dennoch ein Paket. Mir das einzureden funktioniert definitiv.. nicht. Ich halte mich am Tisch fest und versuche mich zu konzentrieren. „Ihr könnt gehen, Faraldeon, das ist doch euer Name?", fragt mich einer der Zwerge, als wöllte er betonen meinem Namen zu kennen. Ich nicke, stehe langsam auf und verschwinde solange ich noch kann.

Die Lichter und Stimmen im großen Raum sind so laut und hell. Niemand hier ahnt was dort passiert ist, oder weiß es jeder? Ich war noch nie so überfordert wie heute, mein Hals und Brust sind wie zugeschnürrt und der Druck wird immer größer. Was soll ich tun? Ich gehe zu einer Kellnerin. „Entschuldigung, wo finde ich hier die Toilette?", krächze ich kaum hörbar in ihre Richtung. Sie zeigt in die Nähe des Verhandlungsraums. „Dort drüben." Ich laufe ruhig atmend an den Tischen der vermutlich reichen Gäste vorbei und komme schließlich an. Dieses WC ist nicht groß, nur für eine Person gebaut, das passt mir gerade Recht. Ich schließe die Tür ab und versuche mich zu beruhigen.

Ankarel - Auferstehung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt