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Als Ana bemerkte, dass ich die ganze Zeit das Gesicht der Leiche anstarrte, nahm sie den Befund und flog nochmal drüber. "Kanntest du das Opfer?"

Ich fuhr hoch und schaute Ana an. "Eine damalige Freundin." Ich konnte meine Emotionen ein wenig zur Seite schieben, die würden mir grade nicht sehr helfen.

"Oh das tut mir leid. Ihr wollt der Sache also auf die Spur gehen, hm? Das haben wir öfters. Überdosen, bei denen unbedingt Fremdeinwirkung bewiesen werden will. Es ist echt erstaunlich wie oft Überdosen generell vorkommen. Und meist ist es auch das, eine Überdosis. Ich will euch ja nicht reinreden, aber dieser Fall sieht auch sehr stark danach aus." Sie holte ein Tablett mit in Plastiktüten verpackte Indizien. "Das haben wir alles an ihrem Körper gefunden. Keinerlei DNA von anderen Personen."

"Was ist mit den Kratzspuren?, fragte Jeb.

"Selbstverschuldet. Unter ihren Fingernägeln fanden wir Hautzellen von ihr selbst. Wahrscheinlich hat sie sich Stress-gekratzt. Oder unter Drogen." Ana zeigte uns die beschrifteten Plastiktüten.

"Warum steht das nicht im Befund?", hakte Jeb weiter nach.

"Die Tests kamen erst vor einer halben Stunde zurück, ich kam noch nicht dazu, den Befund zu aktualisieren. Ich war ja noch mit Fall 8753 beschäftigt."

Ich lief an die Kopfseite des Tisches und versuchte so rational wie möglich zu denken und Abstand zu nehmen. Ich musste trotz allem professionell wirken. "Was ist mit der Kopfwunde?"

Ana nahm Jades Kopf in die Hände, drehte ihn auf die Seite und machte die Haare zur Seite, sodass die Kopfwunde sichtbar wurde. Sie war nicht größer als eine Traube. "Man sieht eine kleine Kruste, es war also nur eine oberflächliche Verletzung. Sie ist am Todestag entstanden. Von der Art her, wie sie aufgeplatzt ist, kann ich schließen, dass sie gegen etwas gestoßen ist, sei es der Boden oder sonst etwas. Hätte jemand ihr auf den Hinterkopf geschlagen, sehe die Wunde anders aus. Fremdeinwirkung ist hier also auch  nicht bewiesen. Tut mir sehr leid, es sieht nicht danach aus." Ana schaute entschuldigend zu mir, doch ich sah angespannt auf die Wunde.

Jeb sah mich nachdenklich an, als würde er sich nochmal beraten wollen. Unsere Blicke trafen sich, wir beide konnten spüren, dass es nach einer Sackgasse aussah.

"Eliza..." fing Jeb an zu reden.

"Die Wohnung, was hat man in der Wohnung gefunden?" wandte ich mich an Ana.

"Das weiß ich leider nicht, das ist nicht mein Bereich. Aber die Durchsuchung dürfte gestern schon abgeschlossen worden sein. Fragt am besten bei dem Kollege nach, der vor Ort war." Ana stülpte das weiße Tuch wieder über den Körper und räumte die Sachen auf.

Ich schaute eindringlich zu Jeb. "Jeb, wir müssen zur Wohnung und da nochmal nachschauen. Außerdem können wir die Nachbarn oder Freunde befragen."

"Um die Genehmigungen dafür zu bekommen, brauchen wir ein Beweis für Fremdeinwirkung. Wenn wir unnötige Staatsgelder dafür verwenden, ohne einen Grund zu haben, können wir gefeuert werden." Jeb versuchte mir zu helfen, rational zu denken. Doch ich war jetzt schon zu sehr involviert in den Fall. War es das richtige gewesen, mir die Akte zu geben? Er überdachte seine Entscheidung, war aber trotzdem der Meinung, dass es anders noch schwieriger für mich geworden wäre. Wenn man einen außergewöhnlichen Todesfall in seinem Bekanntenkreis hat, und bei der Mordkommission arbeitet, kann man nicht anders, als zu ermitteln. Deswegen gibt es die Regelung, dass man keine Fälle von angehörigen oder Freunden übernehmen darf. Damit hatte Jeb sich also sowieso schon strafbar gemacht.

"Wie wäre die Kopfwunde als Grund? Noch ist eine Fremdeinwirkung nicht ausgeschlossen." Erwartungsvoll sah ich Jeb an. 

Er lächelte. "Denke, das ist möglich. Ana, wenn du den Befund noch aktualisieren könntest, wäre das super. Ansonsten, vielen Dank für deine Hilfe."

"Kein Problem, wenn noch was ist, könnt ihr jederzeit wieder kommen. Viel Glück euch beiden."

Nach diesen Worten verabschiedeten wir uns von ihr und liefen aus dem Labor. 

"Ist alles in Ordnung? Du hast dich sehr gefasst da drin gegeben." fragte Jeb, während wir zurück zum Empfang liefen.

"Ich bemüh mich, das Private außen vor zu lassen. Trotzdem bin ich richtig heiß drauf, diesen Fall zu lösen." ungeduldig wurden meine Schritte schneller.

Jeb musste lächeln. "Pass bloß auf, dass du dich nicht darin verhakst, den Verstand verlierst und dann völlig Irre in der Klapse hockst." er lachte auf.

Schmunzelnd drehte ich mich zu ihm um und boxte gegen seinen Arm. Aus Reflex streckte er seinen Fuß aus, vor meinen und gab mir einen Gehfehler. Ich kam ins Stolpern, konnte mich aber noch fangen. Jeb riss die Augen auf und musste sich das Lachen verkneifen. "Oh Gott, sorry!"

Schmunzelnd schaute ich ihn fassungslos mit offenem Mund an. "Mental sind wir definitiv das selbe Alter." Ich schüttelte lachend den Kopf.

Als wir am Empfang ankamen, verabschiedeten wir uns von der freundlichen Dame und liefen durch die Stahltür zurück zum Aufzug.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 26, 2023 ⏰

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