-Kapitel 12-

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Der Tag des Abschieds, meine Mutter fuhr uns mit gepackten Taschen zum Bahnhof. Das Kätzchen war auf dem Weg der Besserung und schlief in einer provisorischen Transportbox. 

Wir freuten uns auf Jena und auf die damit einhergehende Zweisamkeit, die schon im Zugabteil beginnen sollte. 

Herzlich umarmte meine Mutter uns am Bahnhof zum Abschied, daraufhin sprinteten Sahra und ich zum Zug. Wir wollten so schnell wie möglich in unserem Abteil sitzen. Die Zugfahrt war relativ entspannt. Ich lag in ihren Armen, da blieb der Zug plötzlich in irgendeinem Kaff stecken. 

„Die Fahrt verzögert sich bis auf Weiteres" kam es als Durchsage, ängstlich schaute ich zu Sahra rauf. 

„Ist alles in Ordnung?" 

Ich schüttelte mit meinem Kopf. Zugfahren war für mich nie ein Problem, Komplikationen dagegen schon. Ich hoffte einfach nur nach Jena zu kommen, ohne jetzt in Panik zu verfallen. 

Ohne große Kommunikation begann Sahra mich zu massieren und mir gut zuzureden. 

Ich schloss die Augen, in der Hoffnung ruhig bleiben zu können und auch um mich auf ihre Hände konzentrieren zu können. Mit ihren Daumen kreiste sie auf meinen Schulterblättern, während ihre restlichen Finger auf meinen Schultern ruhten. Wäre ich eine Katze, hätte ich wahrscheinlich zu schnurren begonnen. 

Nach einiger Zeit kam ein Kontrolleur, der uns nach den Fahrkarten fragte, aber auch Schokolade und Wasser als Entschädigung überreichte. Über die Weiterfahrt nach Jena konnte er uns aber keine Informationen geben. 

„Komm Rosalia, mach dir keinen Stress, wir werden schon noch in Jena ankommen." 

„Sahra, wir sind in einem Thüringer Kaff ohne Aussicht auf Weiterfahrt..." Mein Atem wurde unkontrollierbar schnell. 

„Und selbst wenn, dann haben wir noch uns und das Kätzchen..." Sie atmete mir kurz in den Nacken, was aber schnell zu kurzen warmen Küssen wurde. 

Kurz gingen die Lichter aus, ich bekam Panik, Sahra legte ihre Hände von meinen Schultern auf meine Brüste um. Ich konnte es nicht genießen, mein Puls raste immer weiter, ohne sich auch nur im Ansatz zu beruhigen. 

Was ein Alptraum, in den Armen der Frau meiner Träume mit einer Panikattacke... 

Das letzte, an was ich mich erinnern konnte, war Sahra, die das Abteil blickdicht machte. Als ich wieder zu mir kam, lag ich oberkörperfrei auf ihrem Schoß, während sie mir besorgt ins Gesicht schaute. Der Zug fuhr wieder. 

„Du hast mir echt einen Schrecken eingejagt!" Sie lächelte wieder und strich mir durchs Haar. 

Ich analysierte jede Sorgenfalte in ihrem Gesicht und sah sie entschuldigend an. Eine Träne lief über meine Wange, so schuldig fühlte ich mich. 

„Mach dir keinen Kopf Süße", ihre Hand landete auf meiner Stirn, „Immerhin geht es dir jetzt besser." 

„Wie lange war ich weggetreten?" Mein Zeitgefühl war nicht gut, es war vollkommen verloren gegangen. 

Sahra schaute auf ihre Uhr, „Gute anderthalb Stunden." 

„Und wann war der Zug wieder losgefahren?" 

„Vor 15 Minuten." 

 „Also haben wir noch eine halbe Stunde, bis wir in Jena ankommen?" 

„Ja Rosalia." Sie klang etwas genervt. 

„Tut mir leid, dass ich dir so zur Last falle. Ich zwinge dich nie wieder zu meinen Eltern..." 

„Bist du bescheuert? Irgendjemand muss deinem Vater doch Einhalt gebieten! Diese Woche war einfach wunderbar, das müssen wir mal wiederholen!" Sie nahm mich in den Arm. Da hatte ich doch Glück sie nicht vollends vergrault zu haben. 

Liebe und Schmerz // Wagenknecht x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt