Inho F
Diese blöde Lampe. Was hängt die auch so tief? Da haben sich heut schon drei Leute vor mir den Kopf gestoßen. Bilde ich mir das ein, oder baumelt sie noch, während ich vom Sofa aus nachdenklich darauf starre? Die hängt doch viel zu hoch, um sich daran zu bonken.
Vorhin sah die auch irgendwie anders aus. Und es waren mehr Leute da. Ich bin allein und das Zimmer ist mir völlig unbekannt. Wenigstens ist das Sofa weich, anders als das komische dunkle Ledersofa, von dem ich eigentlich weg wollte. Ich kann mich noch nicht dazu aufraffen aufzustehen, ich bin zu verwirrt darüber, was hier los ist.
Eben war ich doch noch bei meinem früheren Mitschüler im ehemaligen Gasthaus seiner Eltern bei einer Art mehr oder weniger kurzfristigen Klassentreffen. Ein Wunder, dass so viele dabei waren. Wo sind die alle hin?? Wo bin ich und wo ist meine Frau?
Ich hätte nicht hingehen sollen. Es war eine blöde Idee, eine ganz, ganz blöde. Hyunuk hasst mich ja immer noch. Das sagen seine Blicke quer durch den Raum und die Tatsache, dass er es keine zwei Minuten in meiner Umgebung aushält.
Wie sehr wünschte ich, ich könnte die Zeit zurückdrehen um mindestens fünfzehn Jahre, vielleicht sogar zwanzig. Wenn das alles damals nicht passiert wäre... wenn ich es geschafft hätte, von Zuhause abzuhauen... oder wenn mein Erzeuger nie erfahren hätte, dass Hyunuk mein Ein und Alles war. Immer noch ist. Wenn er wüsste, dass sich daran im Grunde nie etwas geändert hat... er würde sich im Grabe umdrehen.
Die Klingel reißt mich aus meinem Elend, holt mich aber nicht komplett ins Hier und Jetzt. Gedankenverloren starre ich in die Gegend, bis auf dem Couchtisch ein Handy leuchtet und es noch zweimal klingelt. Sollte ich aufmachen?
Ein Blick auf das Display bringt mich zum zittern. Ein Kontakt namens Hyunuk schreibt mir, und er nennt mich Hyung und bittet mich sehr lieb ihn in Empfang zu nehmen. Kann nicht der Hyunuk sein, den ich kenne. Der würde mich nie so nennen oder überhaupt ansprechen.
Desorientiert laufe ich durch die fremde Wohnung und öffne im Hausflür die Tür, die ich für die Wohnungstür halte. Sofort fliegt mir ein Mann in die Arme. Einer, der aussieht wie Hyunuk. "Hyung!", sagt er und klingt auch wie Hyunuk, nur in traurig und verzweifelt. Unter Schock stehend kann ich mich gar nicht rühren. Daher rückt er weg und nimmt mich alarmiert in Augenschein. "Bei dir alles okay?"
Gott, wie lieb er mich ansieht! Sowas habe ich mir immer gewünscht. Ich könnt heulen, echt. "Bei dir scheint nicht alles okay zu sein?", flüstere ich.
Sein Gesichtsausdruck kippt. Dann lässt er mich los und schlurft niedergeschlagen an mir vorbei, um sich die Schuhe auszuziehen und wie selbstverständlich Gästehausschuhe aus dem Schuhregal zu nehmen, als würde er sich hier auskennen. Er seufzt. "Ja, ich... ich wollt unbedingt zu dir, weil... mir geht's nicht so gut." Er klingt wirklich deprimiert. Daher ist die Empfindung, die mich durchströmt, der Situation eher unangemessen, aber ich freue mich so und kann es gleichzeitig kaum begreifen. Ausgerechnet zu mir möchte er, wenn er Trost sucht? Das ist nicht zu fassen!
Kaum, dass er sich aufrichtet, schlinge ich meine Arme um ihn und drücke ihn fest. Er lässt es zu. Das macht mich ganz wahnsinnig. Vorsichtig streiche ich ihm über den Rücken. Es fühlt sich so echt an!
"Danke, Hyung", raunt er und erwidert die Umarmung. "Du bist echt der beste Freund, den man haben kann." Okaaaay, bester Freund sein ist eigentlich nicht das, was mein Herz begehrt, aber gut. Besser als das, was in der Realität stattfindet, ist es allemal. Keine Ahnung, was los ist, hier stimmt so einiges nicht. Das kann von mir aus aber gern so bleiben. Ich kann gar nicht genug davon kriegen, Hyunuks Körpergeruch einzuatmen.
"Wollen wir uns vielleicht setzen?", schlägt Hyunuk leise murmelnd vor, was gar keine schlechte Idee ist.
"Mhm, gleich", stimme ich zu und nehme noch einen tiefen Atemzug, eh ich mich von ihm löse und ihn glücklich anstrahle. Er schaut ein wenig verwundert drein. "Ich freu mich nur so, dass du da bist", erkläre ich und ernte damit ein kleines Lächeln von ihm. Wie süß und idyllisch! So Friede-Freude-Eierkuchen-Träume habe ich sonst nie, auch wenn ich mir oft ausmale, wie das wohl wäre, mit Hyunuk zusammen sein zu dürfen, auch wenn eher die Welt untergeht, als dass das passiert.
Nebeneinander auf dem Sofa angekommen, lehnt Hyunuk seinen Kopf auf meine Schulter. Eh ich mir den Bruchteil einer Sekunde lang ausmale mit ihm kuscheln zu können und mein Herz davon anfängt zu flattern, lässt er ein tiefes, verzweifeltes Seufzen ertönen.
"Was ist los, mein Schöner?", hake ich nach, was ihn zum Schmunzeln bringt, aber nur leicht. Der Rest seiner Miene bleibt traurig. Mein unterschwelliges Flirten scheint ihn aber nicht zu stören.
"Ich lasse mich scheiden."
Und da bröckelt er in Stücke, mein schöner, süßer Wunschtraum von einem idyllisch-romantischen Abend mit Hyunuk.
Da ich mich neben ihm versteife, blickt er auf. So sehr ich es genieße, ihn so nah zu haben, sieht er doch viel zu traurig aus, um sich wirklich daran zu erfreuen. Beiläufig lege ich meine Hand auf seine. Um ihm beizustehen, aber auch aus purem Egoismus, weil ich ihn anfassen will und er es einfach so zulässt. Das ist was ganz Neues für mich und ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehen soll.
YOU ARE READING
Weltenwechsel - Hyunho FF
FanfictionWas wäre, wenn du eines Tages aufwachst und deine ganze Welt sich falsch anfühlt? Wenn alles irgendwie anders aussieht, deine Freunde sich wie ausgetauschte Doppelgänger benehmen und ein Fremder dich in- und auswendig kennt? Inho will eigentlich nur...