Inho F
Ich dreh völlig durch.
Meine Frau hat zwar angeboten, hierzubleiben, falls ich emotionalen Support brauche, aber ich will sie nicht aller fünf Sekunden bei ihrem Telefonat mit ihrer Freundin stören.
Während ich also heute schon den fünften Nervenzusammenbruch habe, zur Abwechslung mal im Flur, höre ich ihr sanftes Lachen aus ihrem Zimmer.
"Reiß dich zusammen", ermahne ich mich und klopfe meine Knie ab, nachdem ich damit fertig bin, theatralisch auf dem Fußboden herumzukriechen. Heute passiert schon nichts. Es kommt ja nur meine allererste, und wohlgemerkt bisher einzige, Liebe vorbei, die Person, bei der ich es für immer und endgültig verkackt hatte. Eigentlich.
Wir haben schon miteinander geredet. Ganz normal. Und er kommt freiwillig vorbei. Also was soll schon passieren? Die Welt untergehen? Wohl kaum.
Ich weiß nicht, was ich machen soll, falls er mich wieder küsst. Oder falls ich auf die Idee komme zu fragen. Beim letzten Mal muss ich geistig umnachtet gewesen sein, ich stand ja völlig neben mir, und habe immer noch keine richtig klare Erinnerung daran.
Die ganze Bude ist geputzt und auf Hochglanz poliert. Suyoung hat ihren weltberühmten Glasnudelsalat gemacht und Würstchen haben wir auch genügend vorrätig. Ich bin ordentlich eingekleidet. Es ist alles bereit.
Alles außer mir, als es schließlich klingelt.
Meine Hände sind schwitzig und zittern, meine Sicht verschwimmt, mir fällt fast der Hörer der Gegensprechanlage aus der Hand, Hyunuk sagt nichts, sag doch was! Ich betätige den Summer und warte an der geöffneten Wohnungstür, dass er die Treppe raufkommt. Er trägt einen dunklen Mantel und ganz allgemein ist seine Gesamterscheinung eher düster. Düster und sexy.
Was sieht er so verboten gut aus??
Seine Haare sind schick zur Seite gekämmt und sein Blick ist so streng wie ich ihn kenne. Im warmen Garderobenlicht sieht er aber schon bedeutend sanfter aus als auf der Treppe. Er reicht mir seinen Mantel, damit ich ihn aufhänge, im Gegenzug stelle ich ihm Hausschuhe hin. Das sind geklaute Einmalhausschuhe aus dem Hotel, wo Suyoung arbeitet.
Abwartend sehen wir uns an. Bei genauerer Betrachtung scheint Hyunuk auch ein wenig nervös zu sein.
"Ja, ähm-" und "Also..." fangen wir gleichzeitig an, gefolgt von weiterer Stille und schmunzeln. Sein Lächeln ist süß. In das könnte ich mich glatt nochmal verlieben.
Ich hab das mit meinem Therapeuten besprochen, ob ich vielleicht unnormal auf Hyunuk fixiert bin und dass ich ihn nach all den Jahren, die zwischen uns liegen, als Person gar nicht mehr kenne. Aber mein Herz will ihn nicht loslassen und ich bin mehr als willig, ihn neu kennenzulernen als der, der er jetzt ist und meine Fantasie über ihn zu den Akten zu legen und die reale Person dahinter zu entdecken, was auch immer da auf mich zukommen mag. Das ist ein großer Schritt.
Schräg hinter mir höre eine Zimmertür. Suyoung fragt vorsichtig an: "Kommt ihr zurecht?" und erhält beiderseitiges Nicken zur Antwort. "Na dann. Ich zieh mich zurück. Wenn was ist, bin ich hier, weißt du ja."
Hyunuk sieht mich erwartungsvoll an. "Ja, also...", sage ich und gestikuliere in Richtung der nun wieder geschlossenen Tür, "falls ich völlig plemplem bin oder mit der Situation überfordert oder so, dafür ist Suyoung hier, haha."
Er nickt wissend. Ich überlege. "Wo fangen wir an... Wohnungstour vielleicht?" Wieder nickt er. Hyunuk ist ja derjenige, der herkommen wollte. Hat er denn keinen Plan? Ich bin schon wieder zu nervös.
"Ähm, also, da ist das Zimmer meiner Frau."
"Ah ja, ihr schlaft getrennt", stellt er fest.
"Ja, außer bei Gewitter. Davor hab ich nicht direkt Angst, aber es ist sehr unangenehm, und dann schläft sie mit bei mir, aber sie zieht bald aus, zu ihrer Freundin", plappere ich drauf los. Ich glaub ich rede zu viel.
"Mhm, und dann soll ich das wohl übernehmen?" Darauf weiß ich jetzt vor Schreck nichts zu antworten. Hyunuk lächelt wissend, aber es ist nur ein ganz kleines Lächeln. "Du denkst doch nicht, ich lass locker, jetzt da ich die Chance hab, dass du alles wiedergutmachst?"
Ich schlucke. Das war ja eigentlich das, was ich immer wollte. Naja, Wunschdenken war das. Nicht, dass ich davon ausgegangen wäre, jemals die Chance dazu zu erhalten.
"Ich hatte nicht vor, je wieder Kontakt mit dir aufzunehmen. Ich hatte keine Lust darauf, dass du dich pro Forma entschuldigst, um dein Gewissen reinzuwaschen. Das wär fast noch schlimmer, als die, die es abtun mit 'das war doch nichts damals' oder 'hab dich nicht so'..." Er zuckt resigniert die Schultern. "In der Klasse nach dir war es noch schlimmer. Die will ich alle nie wieder sehen. Ich weiß, das hab ich über dich auch mal gesagt. Aber bei dir hab ich jetzt immerhin das Gefühl, dass es dir ehrlich leidtut... und ich will auch endlich emotional mit dem ganzen Mist abschließen."
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Weltenwechsel - Hyunho FF
FanfictionWas wäre, wenn du eines Tages aufwachst und deine ganze Welt sich falsch anfühlt? Wenn alles irgendwie anders aussieht, deine Freunde sich wie ausgetauschte Doppelgänger benehmen und ein Fremder dich in- und auswendig kennt? Inho will eigentlich nur...