Angespannt sitzt Hyunuk mir in dem kleinen Café gegenüber. Er macht sich große Sorgen um seinen Inho. Aber wenn er einen Inho hier hat, hab ich vielleicht auch einen Hyunuk in meiner Welt. Mit diesem Gedanken versuchen wir uns zu beruhigen und er scheint sich daran zu klammern wie an einen Rettungsring.
"Dann müssen die zwei sich erstmal finden", gibt er zu Bedenken. Er wirkt so niedergeschlagen. Mit tut es sehr leid und ich würde ihn gerne aufheitern. Dass wir beide uns auch gefunden haben, scheint kein gutes Argument zu sein. "In deiner Welt kennen wir uns doch gar nicht. Was, wenn er mich nicht mehr will? Dann-"
"Er liebt dich. Da bin ich mir ziemlich sicher. Selbst, wenn ihr euch gestritten habt." Bedächtig nickt er. Der andere Inho müsste ja bescheuert sein, so einen Süßen nie wieder sehen zu wollen. "Es ging um meine Freunde, oder?" Mit dieser Vermutung liege ich goldrichtig, so ertappt wie er mich anguckt. "Tut mir leid, wie die sich aufführen. Damit hätte ich nicht gerechnet."
"Einen Mann zu lieben scheint in dieser Welt etwas schwerer zu sein als in deiner", meint er bedrückt.
"Allgemein oder nur für Inho? Für dich scheint es okay zu sein", hake ich nach und er druckst herum, eh er ganz von vorn anfängt mir von ihrem Streit zu erzählen. Seine und Inhos Eltern wissen von nichts, aber unter Hyunuks Freunden war das nie ein großes Thema, da sie alle Homosexualität relativ locker sehen. Inhos Freunde nicht.
"Ich hab ihn da zu sehr gedrängt. Für mich war es nie... ich meine, ich habe nicht einsehen wollen, wenn andere Pärchen öffentlich ihre Liebe zeigen, warum ich das nicht dürfen sollte und fand es immer sehr anstrengend es überall geheimhalten zu müssen. Wir müssen ja nicht mitten in der Mensa oder im Bus knutschen oder es online ausbreiten, aber nicht einmal vor den engsten Vertrauten Händchen halten... wir konnten uns immer nur entweder bei ihm oder bei mir, ähm, frei ausleben. Und das ist so verdammt anstrengend."
"Ich versteh schon", pflichte ich ihm bei. "Sowas schlaucht einen und irgendwann hat man keine Energie oder Lebensfreude mehr."
Von Hyunuk kommt ein zögerliches Nicken, so als wenn er es eigentlich nicht zugeben will. "Inho hat es auch gehasst, aber aus seiner Sicht ging es nicht anders. Für ihn habe ich es ausgehalten und nach dem Streit fühlt es sich irgendwie an, als hätte ich mir nur mal Luft machen müssen, um wieder durchatmen zu können. Und nach Yeontae Hyungs Reaktion weiß ich auch genau wieder, warum wir es niemandem sagen sollten." Seine Stimme wird immer leiser und sein Blick verliert sich in der Ferne, während er in seine leere Tasse starrt.
"Es tut mir furchtbar leid, dass ich es gesagt habe", entschuldige ich mich. Ich fühle mich so schlecht deswegen, aber Hyunuk winkt ab, da ich es ja nicht habe wissen können. Trotzdem habe ich großen Mist verzapft und weiß noch nicht, wie ich das wiedergutmachen soll. Ich werde auf jeden Fall mit Yeontae reden, wenn er sich beruhigt hat.
Fürs erste tauchen wir unter. Nachdem Hyunuk unseren Kakao und Kaffee bezahlt, wobei ich Hyunuk versprechen lasse, dass ich das nächste Mal dran bin, machen wir uns auf den Weg zu ihm, damit ich ihn wiederfinden kann. Da ich an derselben Adresse wohne wie sein Inho, gehen wir davon aus, dass mein Hyunuk auch im selben Haus wohnt.
Gespannt sehe ich mich um und treffe gleich im Eingangsbereich auf vertraute Dinge. "Hey, das ist mein Anorak"; schmunzele ich. Hyunuk lächelt ebenfalls, auch wenn es nur ein kleines Lächeln ist. In seiner Wohnung ist vieles, das mir bekannt vorkommt. So ist das eben in einer Beziehung, man teilt seine Zeit und seinen Besitz und die Leben vermischen sich ineinander. Man hinterlässt tiefe Spuren im Partner, und das ist gleichzeitig ein wenig beängstigend, aber auch wunderschön. Ich hatte nie das Glück, jemandem so viel zu bedeuten.
Mit einem Gefühl seltsam fremder Nostalgie betrachte ich das Pärchenbild von Hyunuk und Inho, das neben dem Sofa auf der Anrichte steht. Sie sehen glücklich zusammen aus. Mich überkommt ein Anflug von Neid, begleitet von ein bisschen Sensucht. Aber wenn alles gut läuft, bin ich vielleicht auch bald glücklich vergeben an einen Hyunuk. Schön wäre es jedenfalls. Auch irgendwie cool, wenn das Schicksal oder wer auch immer mir sozusagen meinen Seelenverwandten direkt vor die Nase liefert. Den nehme ich mit Kusshand!
Der Arbeit wegen muss ich leider bald gehen, doch mein Gefühl sagt mir, dass ich den einen oder anderen Hyunuk bald wiedersehen werde. Begleitet von Vorfreude auf das, was kommen mag, mache ich mich auf den Weg. Es wundert mich nicht einmal, dass ich hier einen ganz anderen Job habe, aber Einzelhandel ist letztlich nicht viel anders als der Coffeeshop. Nur das Kassensystem verwirrt mich anfangs ein wenig, doch mit der Ausrede der neuen Kollegin über die Schulter zu schauen, habe ich schon bald den Dreh raus. Hoffentlich kommt mein Alter Ego auch gut zurecht. Wenn der andere Hyunuk sich nicht um ihn kümmert, kriegt der was von mir zu hören! Aber das werde ich schon noch herausfinden.
KAMU SEDANG MEMBACA
Weltenwechsel - Hyunho FF
Fiksi PenggemarWas wäre, wenn du eines Tages aufwachst und deine ganze Welt sich falsch anfühlt? Wenn alles irgendwie anders aussieht, deine Freunde sich wie ausgetauschte Doppelgänger benehmen und ein Fremder dich in- und auswendig kennt? Inho will eigentlich nur...