Kapitel 5

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„Du weißt doch, dass ich bis vor kurzem den Job in der Kneipe hatte..."
„Den du gekündigt hast, weil dich die Chefin angemacht hat?" Karo konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
Mir schoss die Röte ins Gesicht.
„Woher weißt du denn davon?!"
„Emily hatte das mal erwähnt. Aber das muss dir doch nicht peinlich sein. So ne alte einsame Frau hat nicht immer das Glück einen jungen Mann auszubilden, oder?"
Mein Herz schlug schneller.
„Naja, ich wollte dir eine Partie Billard anbieten und ich mixe uns Cocktails an der Bar..."
„Das würdest du extra für mich tun? Das wäre super lieb von dir!" antwortete sie und strahlte.
„Dann komm, das Billardzimmer müsste da hinten sein!" sagte ich und ging weiter geradeaus.
Mann, ist das dunkel hier unten.
Ich sah kaum wo ich hin ging, geschweige denn wo Karo war, denn sie antwortete auch nicht.
„Karo? Bist du da?"
Ich hörte eine leise Stimme, konnte jedoch nicht verstehen was sie sagte. Ich tastete mich weiter um vielleicht irgendwo einen Lichtschalter zu finden, auf einmal fühlte ich etwas glattes, kaltes.
„Robbi? Wo bist du?" konnte ich verstehen.
ich war beruhigt, dass Karo doch in der Nähe war.
„Hier!!" rief ich.
„Ich sehe dich nicht... Oh warte!" das Licht ging an. Karo stand triumphierend an einem Lichtschalter.
„Ich hatte schon Angst, ich hätte dich verloren" sagte sie und lachte. Währenddessen sah ich mir diesen riesigen Spiegel an, den ich durch meinen Tastsinn nicht identifizieren konnte.
„Äh Karo, komm mal her. Da bewegt sich was..." sagte ich, da ich etwas in dem Spiegel sehen konnte.
„Tatsache, was ist das?" fragte Karo, die genau hinter mir stand.
In diesem Moment spielte sich in dem Spiegelbild eine Art Vision ab. Sie zeigte eine kleine Hütte, und eine Person, die dort durch eine Art Falltür herunterfiel.
Ich schaute Karo leicht verängstigt an.
„Was war das denn?!"
„War das nicht diese kleine Hütte hinter der Villa? Aber du glaubst doch nicht, dass da jemand runtergestürzt ist?" ihre Stimme klang sehr ängstlich.
„Fuck!" realisierte ich. „Paul!! Er ist doch nach draußen gelaufen. Nicht, dass er da runter gestürzt ist und keiner was mitbekommen hat"
„Scheiße, aber glaubst du echt, dass dieser Spiegel wirklich etwas prophezeit? Ich kann mir das nicht vorstellen, sowas gibt's doch nicht oder?" langsam wurde ich immer angespannter.
Noch bevor Karo weiter sprechen konnte ging das Licht wieder aus.
„Robbi?" rief sie erschrocken.
„Ich war das nicht! Irgendwas stimmt hier nicht"
Eine Tür knallte.
So langsam packte mich die Angst und das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Dies wurde mir nach einem kurzen Moment der Stille bestätigt...

„Hallo, meine Gäste" eine extrem gruselige Stimme ertönte.
„Was geht hier ab?!" Karo klang panisch.
„Ich kann euch versichern, die Vision, die ihr beiden gesehen habt stammt nicht aus der Vergangenheit. Niemand ist nach unten gestürzt. Aber es kann passieren. Und das liegt ganz alleine bei euch, Karoline und Robbi" erzählte die verzerrte Stimme.
Genau in dem Moment fasste mich jemand von vorne an, aber die Person versuchte direkt nach mir zu schlagen.
„Karo! Karo! Beruhige dich. Ich bin da" ich hielt sie fest und versicherte ihr, ich würde sie nicht loslassen.
Das Licht ging an. Der Raum hatte sich wie durch Zauberei verändert. Es war nur noch ein Tisch und zwei Stühle in der Mitte des Raums.
Karo rannte zur Tür und versuchte sie zu öffnen, doch sie war abgeschlossen.
„Fuck, Robbi!! Ich will hier weg!" rief sie verzweifelt.
„Ich öffne die Tür sehr gerne für dich, liebe Karoline. Doch dann wird euer Freund womöglich in den Tod stürzen. Und ich nehme an, das wollt ihr nicht..." erzählte die Stimme. Karo kam zu mir und klammerte sich an mich.
„Ich hole uns hier irgendwie raus, Karo"
„Robbi, das einzige was ihr tun müsst ist die Aufgabe, die ich für euch vorbereitet habe zu bewältigen. Schau doch mal was unter dem Tuch auf dem Tisch auf euch wartet..."
Ich ging zum Tisch und zog das Tuch weg. „Heilige Scheiße!" murmelte ich. Bei dem Anblick des Tisches bekam ich meine Bedenken, dass wir es heil hier raus schaffen würden...
Auf dem Tisch lagen sechs Spritzen. Karo schaute mich ernst an.
„Sechs Spritzen. Eine für jeden Freund von euch. Flößt sie euch alle ein und niemanden eurer Freunde wird etwas passieren" erklärte uns diese Stimme.
„Entscheidet nun, wer wie oft gespritzt wird!"
„Ich nehme alle!" rief ich und setzte mich auf einen der zwei Stühle.
„Spinnst du?! Ich bin auch noch da. Du musst nicht alle nehmen"
„Karo..." ich stand auf und ging zu ihr. „Ich muss Verantwortung übernehmen. Es geht hier um Paul und die anderen! Ich habe mich entschieden, ich werde mir alle Spritzen einflößen"
„Oh Robbi, das ist sehr heldenhaft, doch einen Haken gibt es..." während die Stimme sprach kamen Schnallen aus dem Stuhl und fesselten mich an den Füßen und am rechten Arm am Stuhl.
„Nicht du selbst wirst die Spritzen in deinen Körper rammen... Karoline wird dies für dich erledigen"
„Ich kann das nicht Robbi! Ich will dich nicht verletzen" schrie Karo.
„Ich habe keine Ahnung was für ein beschissenes Spiel hier läuft, aber ich will nicht, dass dir oder den anderen irgendwas passiert" erklärte ich ihr und reichte Karo dir erste Spritze. Sie zitterte am ganzen Körper.
Karo tastete mit dem Zeigefinger an der Nadel.
„Aber die Nadel ist stumpf... Wie soll ich denn dann zustechen?"
Die Stimme antwortete nicht, deshalb ging Karo auf mich zu.
Sie nahm meinen Arm und stach mit der Spritze in den Oberarm. Karo musste viel Kraft aufwenden, da die stumpfe Spitze nicht so einfach in die Haut eindringen wollte. Ich verzog mein Gesicht.
„Alles klar bei dir?" fragte Karo erschrocken.
„Ich lebe noch. Alles gut" antwortete ich etwas verkrampft.
„Was für ein Zeug ist in den Spritzen drin?" fragte ich. Doch erneut gab es keine Antwort, sondern das Spiegelbild veränderte sich. Jana's Gesicht wurde dort gezeigt.
„Jana?" ich verstand gar nichts.
„Sie haben wir schon gerettet. Mit jeder Spritze retten wir einen Freund" erklärte Karo während sie die nächste Spritze holte. Diesmal war die Spitze dünner als eine Nähnadel.
Beim Einflößen stieß ich einen Schmerzensschrei aus. „Fuck ey. Die war spitz!"
Neben Jana's Gesicht war nun Emily erschienen.
„Schaffst du noch die restlichen vier?" fragte Karo verunsichert.
„J-Ja... Mach einfach weiter..." ich war mir sicher, dass ich nicht aufgeben würde.
Nach zwei weiteren Spritzen erschienen auch Ian und Mike auf dem Spiegel. „Karo..." Meine Stimme wurde etwas leiser.
„Ja?"
Ich wendete meinen Blick von dem Spiegel zu ihr.
„Du machst das super. So gut hat mir noch nie jemand Spritzen in den Körper gerammt" mein Mundwinkel ging nach oben. Karo jedoch, konnte über die ganze Sache nicht lachen. Das konnte ich verstehen. Die Situation hatte sich auf einmal ins Negative gedreht.
Eingesperrt in einer riesigen, unheimlichen Villa zu sein. Beobachtet und kontrolliert von einem Irren zu werden. Doch das schlimmste war dieses Gefühl von Ungewissheit. Ich wusste nicht, wie es den anderen ging und ob sie auch von diesem Verrückten gequält wurden.
Dann verschwanden Emily und Mike auf einmal.
„Was ist denn jetzt?!" rief ich.
„Unser Pärchen hat es leider nicht geschafft. Zu viel Wasser im Badezimmer tat Mikey nicht gut und Emily hatte eine zu harte Landung aus dem viel zu hohen Fenster..."
„Was?! Bitte sag nicht, dass die beiden tot sind" schrie Karo die Stimme an, doch dann wurde ein Bild gezeigt, was meinen Körper lähmte. Es war Emily, die in einer Pfütze Blut lag, da sie im Rücken eine Axt stecken hatte. Überall um sie herum waren Glasscherben. Sie regte sich nicht und Mike war auch nicht zu sehen.
„Oh, mein Gott..."
Sie muss aus dem Fenster gefallen und auf der Axt gelandet sein...
„Entschuldigt bitte für die Störung, doch ich möchte euch das hier nicht vorenthalten..." sprach die Stimme zu uns und zeigte uns, wie zwei Personen zu der Hütte aus der ersten Vision liefen.
„Scheiße, Theresa und Paul!" realisierte ich.
Die beiden hatten wir noch nicht gerettet.
„Karoline und Robbi. Das sind Live Bilder. Beeilt euch lieber, ihr wisst was sonst passieren wird" erklärte dieser Psychopath.
„Karo, schnell hau mir beide gleichzeitig rein!!"
Ohne zu überlegen tat sie genau dies. Ich versuchte die Schmerzen zurückzuhalten.
„Es ist vorbei! Alle sechs Spritzen sind weg. Jetzt lass uns hier raus!" rief Karo die Stimme an.
„Ihr wart wahrhaftig sehr mutig und habt euren Ängsten getrotzt, doch es gibt noch zwei letzte Spritzen in der kleinen Schublade an der Seite des Tisches..." während er das sagte, holte Karo die Spritzen aus der besagten Schublade heraus. Sie waren deutlich größer als die anderen.
„Zwei Spritzen, die identisch aussehen... Doch nur eine wird euch beide retten können. Die andere wird das Schicksal von einem von euch besiegeln. Sie ist mit Pentobarbital gefüllt..."
„Scheiße..." murmelte Karo vor sich hin, denn sie kannte wohl diese Substanz.
„Was ist das, Karo?" fragte ich, während ich immer noch auf dem Stuhl saß, jedoch wieder ungefesselt.
Sie drehte sich zu mir um.
„Pentobarbital wird zum Einschläfern von Tieren benutzt..."
Ein paar Sekunden der Stille folgten auf diesen Satz, bis ich mit Angst besessener Stimme fragte: „Aber es wirkt doch nicht auch bei Menschen, oder?"
„Bei so einer großen Menge schon..." ich fühlte vollkommene Leere in mir, als Karo dies sagte.
„Karoline und Robbi, einer von euch wird sich die letzte Spritze selbst einflößen, während der andere gehen darf. Entscheidet euch nun bitte"
Karo konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich stand auf und nahm sie in den Arm.
„Karo, geh wieder nach oben, hol die anderen und verschwindet von hier" sagte ich. Sie schaute mit Tränen in den Augen zu mir auf.
„Kommt gar nicht in Frage. Du hast schon genug gelitten. Wir hauen hier irgendwie zusammen ab" versuchte sie mich zu überzeugen.
Es gibt keinen Ausweg, Karo. Du hast gesehen was hier läuft und was mit Emily und Mike passiert ist. Und jetzt tu bitte, was ich sage" ich nahm eine der großen Spritzen in die Hand während ich dies sagte.
„Du hast doch vorhin gesagt: ...dann ist es so..." sagte ich und spritzte mir die Spritze in den linken Oberarm.
"NEIN!!" Karo schrie und weinte gleichzeitig. Die Spritze fiel zu Boden und meine Augen fielen langsam zu. Ich fühlte mich so schwach, sodass ich auf dem Stuhl hinter mir zusammensank.
Das einzige, was ich noch in Trance mitbekam war, wie Karo weinte. Außerdem hörte ich, wie die Stimme zu ihr sprach.
„Wirklich eine Heldentat von ihm. Karoline, du darfst gehen" sagte die Stimme.
Ich fühlte mich schwach, aber nicht, als würde ich bald sterben müssen...

Wake Up... Der introvertierte HeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt